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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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aufreibend genug gewesen. Wenn er sich jetzt entspannen könnte ... zumindest die Hitze war in den alten Villen erträglich, und das stechende Licht des Nachmittags war längst vorüber. Heute Abend würde er Antonia Vanzetti...
    «Posso presentarle la signora Tuccanese?» Frank rappelte sich erschrocken auf, denn er war tatsächlich eingenickt, und Avvocato Strozzi stand vor ihm, neben ihm die Signora, was Frank zum Aufstehen zwang. Das hochfahrende Lächeln der Dame blieb, nur mussten nun sowohl sie als auch der Avvocato zu ihm aufblicken.
    «Dieser Sessel ist zu einladend, Avvocato», sagte Frank. «Vielleicht möchten Sie hier Platz nehmen, Signora?»
    «Ich kenne die Gefahren dieses Möbelstücks bereits. Da platziert unser lieber Deputato immer seine politischen Gegner, wenn er sie zum Parteiübertritt verleiten will», sagte die Signora maliziös, hakte sich bei Strozzi ein und ließ sich zum Sofa fuhren.
    «Von einem römischen Designer eigens für mich angefertigt», schob Strozzi nach. «Carla, auch einen Drink? Martini auf Eis, wie immer?»
    Strozzi ging an die Bar und machte den Drink. «Carla ist eine gute Freundin unserer Familie. Sie ist eine durch und durch erfolgreiche Frau: Sie besitzt wohl das größte Immobilienbüro in unserer Region, nicht wahr, Carla?»
    Die Angesprochene nickte. «Wenn es Ihnen bei uns gefallen sollte und Sie ein Landhaus oder ein Weingut erwerben möchten, so ab anderthalb Millionen ... um die Finanzierung kümmern wir uns auch. Es wird Ihnen hier gefallen, es gibt viele interessante Menschen, auch Landsleute von Ihnen, Ihr Kanzler, der Außenminister ...»
    Ein guter Grund, die Gegend zu meiden, dachte Frank, aber das brauchte er der Maklerin nicht auf die Nase zu binden. Strozzi brachte den Martini und sah Signora Tuccanese dabei an. Eine Sekunde zu lange, dachte Frank, das war ein Blick mit einer Mitteilung – oder sah er nach alldem, was in dieser Woche passiert war, schon überall Gespenster? Aber ... sie war Maklerin?
    «Sie betreibt ein Wellness-Hotel, unten an der Küste, wenn Sie dort mal Ferien machen, oder Ihre Frau? Carla führt eines der besten Restaurants von Genua, sie hält die Mehrheit an einem Gewerbepark und besitzt ein ehemaliges Kloster bei Lucca, heute ein Meditationszentrum ...»
    Das alles beeindruckte Frank wenig. Er kannte so viele reiche Leute und hatte sie fotografiert, dass es an ihm abperlte wie Wasser an öliger Haut. Mit niemandem hätte er tauschen mögen. Er gehörte nicht in diese Klasse, würde nie dazugehören und wollte auch nicht so sein wie sie, per niente al mondo. Unzufriedenheit und Habgier steckten hinter all dem Besitz, Angst und Größenwahn. Das Haben war das Wichtigste, nicht der Umgang damit oder der Genuss. Untereinander betrogen sie sich nach Strich und Faden, jeder gegen jeden, und sie warteten nur auf einen Moment der Schwäche, um dem anderen das Fell über die Ohren zu ziehen. Die Signora hat das Geld, Strozzi die Verbindungen, vermutete Frank.
    Carla Tuccanese hatte bei Strozzis Aufzählung nur zustimmend gelächelt, aber kaum hatte der Avvocato den Raum verlassen, begann sie Frank mit Fragen zu bombardieren: Wo er wohne, für wen er arbeite, wo er Italienisch gelernt und welche Winzer er fotografiert habe, was die so erzählten, wie und über welche Straßen er dorthin gekommen sei und wie er ihre Methoden beurteilte. Sie verstand es, anderen plaudernd die Würmer aus der Nase zu ziehen, aber die letzte Frage wollte und konnte er nicht beantworten. Um sich ein Urteil über Winzer und Weine erlauben zu können, hätte er sich intensiver damit auseinander setzen müssen, und das sagte er ihr.
    «Dann tun Sie es doch! Wenn es einem gefällt, muss man bleiben. Sie sprechen unsere Sprache, mit ein wenig Übung vermutet in Ihnen keiner mehr einen Ausländer. Ich glaube, Sie würden sich schnell integrieren, Sie haben bereits in Italien gelebt – also, wo ist das Problem?»
    «Ich habe kein Problem, aber eine Tochter, und bei der kann ich mir kaum vorstellen, dass sie Lust dazu hätte, außerdem muss sie erst die Schule beenden ...»
    «Wissen Sie, den Kindern muss man zeigen, was sie wollen. Zu viele Alternativen verwirren nur. Hier verdienen sich die Kinder erst einmal anderswo die Sporen, und später, wenn die Väter nicht mehr können, kommen sie zurück und übernehmen die Weingüter. Aber auch da hat sich vieles verändert, ein totales Durcheinander. Engländer, Deutsche, alle machen Chianti, Industrielle, Verleger,

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