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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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betrat, war Frank längst wieder zurück und stand auf. «Ich muss mich leider verabschieden, Signora. Reizend, Sie kennen gelernt zu haben, incantevole , leider habe ich noch Verpflichtungen, ich muss ...»
    In dem Moment klingelte das Handy, das er von Scudiere erhalten hatte. War das der Consultore? Hier konnte er ihn schlecht auf die manipulierten Proben ansprechen ... Frank drückte die Antworttaste.
    Es war Pandolfini, sein junger Anwalt, er hatte ein Gespräch mit dem Leiter der Mordkommission hinter sich. Eine erkennungsdienstliche Behandlung sei unumgänglich, die Fingerabdrücke würden gebraucht. Frank könne da morgen allein hingehen, es sei nicht nötig, dass er mitkomme, der Commissario sei einstweilen suspendiert.
    Sie verabredeten sich für Montagabend um 22 Uhr in Florenz. Vorher hatte der Anwalt leider noch andere Termine.
    «Es war wieder ein äußerst interessanter Nachmittag», sagte Frank höflich und schüttelt Avvocato Strozzis Hand. «Besonders hat mir die Aufnahme gefallen, die ich von ihm auf der Treppe gemacht habe», sagte er zu Signora Tuccanese.
    «Haben Sie den Weinkeller gesehen? Da hätten sie ihn auch gut fotografieren können, an eines der Regale gelehnt, ein schönes Glas in der Hand ...»
    «Beim nächsten Mal», sagte Strozzi und zog sein Scheckbuch aus der Tasche. «Sie wollten mir die Bilder von der Verkostung geben.»
    Frank hob entschuldigend die Arme. «Die Filme, das hatte ich ja ganz vergessen, Avvocato, die habe ich leider nicht dabei, ich muss sie erst noch sortieren, scusi!» Den Teufel würde er tun und sie Strozzi geben. Der Kellner war auf einem der Fotos und sicher auch der Winzer, dem sie den Wein verdorben hatten.
    Der Avvocato ließ nicht locker. «Ich könnte einen Boten vorbeischicken.»
    «Ich komme lieber selbst vorbei oder hinterlege sie im Consorzio.»
    «Wie Sie wollen», antwortete Strozzi, und auch Carla Tuccanese ließ es sich nicht nehmen, Frank von der Freitreppe aus zu verabschieden.
    Er blickte in den Rückspiegel und sah die beiden winken, als er in Richtung Ausfahrt fuhr – und riss im letzten Moment den Wagen nach rechts. Um Haaresbreite wäre er mit dem entgegenkommenden Auto zusammengestoßen. Der Fahrer gestikulierte wild. Frank stutzte – woher kannte er den Mann? Die Frage beschäftigte ihn auf dem Rückweg nach Rondine, selbst unter der Dusche ließ sie ihn nicht los. Erst als er an der verschlossenen Tür des Blumenladens in Gaiole rüttelte, wo er für Antonia Vanzetti Blumen kaufen wollte, fiel es ihm ein: Es war der sommersprossige Manager, der jetzt bei Josti di Chiarli das Sagen hatte. War der mittlerweile auch für Strozzi tätig?
    Herzklopfen hatte Frank schon, als er den Wagen vor dem Büro der Tenuta Vanzetti parkte. Bis auf die kleine Autofocus hatte er keine Kamera dabei, «hinter der du dich verstecken kannst», wie Christine immer wieder lästerte. Er fühlte sich nackt, als Antonia auf ihn zukam.
    «Gut, dass Sie keinen Fotoapparat in den Händen haben, sonst hätte ich mich nicht sehen lassen», sagte sie, lächelte unsicher und sah an sich herunter. «Wir haben bis eben gearbeitet, die Pflücker sind sogar noch im Weinberg ...»
    Die Winzerin sah abgespannt aus. Sie sei seit dem frühen Morgen zwischen Weinberg, Kellerei und Büro hin und her gerast und entsprechend müde, erklärte sie ihm. Ihre Frisur war in Auflösung begriffen, und ärgerlich versuchte sie, einige Strähnen wieder im Knoten unterzubringen, was ihr ohne Spiegel natürlich nicht gelang.
    «Soll ich besser ein andermal wiederkommen?», sondierte Frank vorsichtig, in der Hoffnung, dass sie nein sagen würde, was sie auch tat.
    «Ich bin ganz froh, dass Sie hier sind. So habe ich einen guten Grund, die Arbeit zu unterbrechen. Später mache ich weiter, wir müssen heute Nacht die Trauben verarbeiten, die jetzt reinkommen. Fare il viticoltore non è una passeggiata.»
    Welcher Beruf war schon ein Zuckerlecken? Irgendwann bekam man bei jedem Job vom Bücken Rückenschmerzen.
    «Würden Sie Ihren Beruf aufgeben wollen?», fragte Antonia Vanzetti und bedeutete Frank, ihr ins Haus zu folgen.
    «Nie im Leben», antwortete er. «Außerdem – was sollte ich sonst machen?»
    «Mussten Sie sehr darum kämpfen, Fotograf zu werden?»
    «Meine Eltern haben das akzeptiert, sie bezahlten das Studium, mein Vater hat sich gefreut, dass er mir etwas ermöglichen konnte, was er nicht gehabt hat.»
    «Da hatten Sie mehr Glück als ich», sagte Antonia Vanzetti mit einer

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