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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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nahm es ihr ab und stellte auch den Espresso auf den Tisch. Als er wieder saß, erzählte er vom ewigen Streit mit seiner Ex-Frau, die ihm ständig den Anwalt auf den Hals hetze.
    «Angeblich geht es meiner Ex-Frau um Geld. Als Angestellte hat sie regelmäßige Einkünfte. Bei mir ist das anders, je nach Auftragslage, aber für meine Tochter war immer gesorgt. Christine hat ein Zimmer in meiner Wohnung, sie hilft mir im Labor und fotografiert sehr gut. Ich glaube, dass es meiner Ex-Frau in Wirklichkeit um was anderes geht.»
    «Und warum? Männer sehen die Dinge meistens anders. Sie verstehen meine Skepsis?»
    «Durchaus. Aber es macht keinen Sinn, darüber zu sprechen, wenn man von vornherein die Antwort nicht akzeptiert.»
    «Da haben Sie mich falsch verstanden», sagte Antonia Vanzetti vorsichtig. Sie wusste, sie hatte Franks empfindliche Stelle getroffen.
    «Wir haben uns an der Kunstakademie kennen gelernt, Liebe auf den ersten Blick.»
    «Kenne ich, und statt dass man sich Zeit nimmt...»
    «Genau. Als meine Ex-Frau schwanger wurde, begannen die Komplikationen. Ich wollte das Kind, sie nicht. Plötzlich war es für die Abtreibung zu spät. Bis heute wirft sie mir vor, ich hätte ihr das Kind angehängt. Ohne Christine, meint sie, wäre sie eine berühmte Designerin geworden, was nicht stimmt. Sie ist gut in der Ausführung, aber nicht kreativ. Und seit dreizehn Jahren bestraft sie mich dafür, dass ich sie verlassen habe. Damals war Christine fünf Jahre alt.»
    «Ist es nicht meist umgekehrt, dass die Männer die Kinder nicht wollen? Achtzehn ist sie? Weshalb ist sie nicht mitgekommen, wenn sie doch auch fotografiert?»
    Die Winzerin stand auf, holte mehrere Leuchter und zündete die vielen Kerzen mit Bedacht an. Sie ist schön, dachte Frank, während er sie betrachtete, das flackernde Licht in ihrem Gesicht, und als könne sie Gedanken lesen, lächelte sie ihn an und setzte sich wieder. Die Flammen standen senkrecht, kein Lüftchen regte sich, nur die Grillen in den Mauerritzen machten Lärm. Der Himmel war fast wolkenlos, die Sterne schienen die Hügelkuppen zu berühren.
    Signora Vanzetti hob den Kopf. «Ein Wagen!»
    Frank lauschte, doch er hörte nichts außer fernem Gebell und dem Ruf eines Käuzchens.
    «Ich kenne hier jedes Geräusch, jede Tür, und auch jeder Fuchs heult anders. Entschuldigen Sie mich.» Sie stand auf und ging ins Haus. Kurz darauf hörte Frank die Stimme einer zweiten Person im Flur. Antonia Vanzetti kam mit der Frau zurück, die Frank neben ihr in Siena gesehen hatte. Sie schien sehr aufgeregt zu sein.
    «Ah, unser Hoffotograf.»
    «Dann werde ich Sie jetzt lieber allein lassen, Signora», sagte Frank, nachdem er Wanda Livonardi begrüßt hatte. «Es war ein wunderbarer Abend ...»
    «Ihr duzt euch noch nicht? Ich heiße Wanda, also, nichts mit Signora und so, ein Fisch namens Wanda; ich bin tatsächlich Fisch, geboren am 19. März. Setzt euch wieder hin, Kinder. Ihr steht rum wie die Säulen im Palazzo Orsini. Los, macht schon. Hast du Wein im Kühlschrank, Antonia, oder muss ich in den Keller?»
    Nach einer Minute war sie zurück, hielt Frank mit der einen Hand eine Flasche Rotwein hin und mit der anderen den Korkenzieher: «Zumindest das lassen wir immer noch die Männer machen, sollen sie sich die Arme verrenken. Also, Antonia, weißt du, wer vorhin bei uns war?»
    «Nein», antwortete Antonia, «wie sollte ich?»
    Wanda winkte ab. «Ein gewisser Mirco Tellure hat uns heute Nachmittag aufgesucht. Und weißt du, was er wollte?»
    Antonia lachte. «Nein, Wanda, woher? Machs nicht so spannend.»
    «Dieser impertinente Mensch, anders kann man dieses Subjekt ja wohl nicht nennen, will unser Weingut kaufen! Verstehst du? Total übergeschnappt, der Kerl, completamente pazzo , aber freundlich wie eine Viper – für einen Immobilienmakler in Colle Val d’Elsa arbeitet er. Hier, seine Karte. Cosimo ist mit irgendwelchen Leuten heute Nachmittag nach Montalcino gefahren. Cosimo ist mein Mann», fügte sie hinzu und gab Antonia die Visitenkarte des Maklers.
    Frank streckte die Hand danach aus. «Darf ich mal sehen?» Er blickte auf das Büttenpapier mit der verschnörkelten Schrift:
    VIGNABELLA
Mirco Tellure
Compravendita di Immobili
    Das sagte ihm nichts. Dann fiel ihm die Bitte von Graf Solcari ein, ihn diskret, das hatte er betont, über das Geschehen in der Region zu informieren. Anscheinend passierte da etwas. Josti di Chiarli, der verkauft hatte, der Brand bei Malatesta – und auch

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