Bitterer Jasmin
meisten Perser. Das Gespräch mit ihm war gar nicht schwierig. Er hat ziemlich viel Humor.«
Sie kannte James bereits seit seinem Eintritt in die Firma. Ihr Mann hatte ihn nach Hause eingeladen, ein Privileg, das nur den leitenden Herren zuteil wurde. Dieser Abend blieb James unvergesslich. Logans Frau kam ihm unendlich zart vor. Er erfuhr dann, daß sie nach der Geburt ihres einzigen Kindes schwer krank geworden und gerade erst aus der Klinik gekommen war. Sie verstanden einander auf Anhieb und hatten viele gemeinsame Interessen; Eileen schien sich über die Bemühungen James' zu freuen, auch die anderen Gäste zu unterhalten. Irgendwie kam es ihm absurd vor, daß gerade sie einen Mann wie Logan Field geheiratet hatte. Sie trafen einander danach noch mehrmals, denn auch Logan schätzte ihn als Gast. Kurz vor der Abreise nach Teheran wurde er zu einem Lunch eingeladen, den man für einen arabischen Scheich gab, und zu einer großen Cocktailparty der Firma, bei der er sich die meiste Zeit mit Eileen in einem Winkel unterhielt.
Wie stark war wohl ihre Sympathie für ihn? Er wußte selbst nicht, warum er die folgende Frage stellte. »Janet ist gar nicht dabei? Ich war sicher, daß Logan sie mitbringen würde.«
Janet Armstrong war keine Sekretärin im gewöhnlichen Sinn. Sie hatte mit bestem Erfolg ihr Wirtschaftwissenschaftsstudium abgeschlossen und arbeitete seit zwei Jahren als persönliche Assistentin Fields. Die tüchtigste, intelligenteste Frau, der James je begegnet war, trotz seiner diesbezüglichen Erfahrungen im Außenamt, wo es gescheite Frauen im Überfluss gab. Janet Armstrong hätte jedem Mann Konkurrenz machen können und kannte offensichtlich keine weiblichen Schwächen wie Gefühle oder Sentimentalität. Da er ihren Typ überhaupt nicht mochte, wollte er nicht einmal zugeben, daß sie attraktiv und ausgesprochen smart war.
»Nein, Logan hat sie diesmal zu Hause gelassen.«
James' schmales intellektuelles Gesicht, sein aufmerksamer und doch so warmer Blick hatten ihr von Anfang an gefallen – zu sehr fast. Es war, als hätten sie einander schon seit Jahren gekannt. Sie schob ihm plötzlich die Hand unter den Arm, und er drückte sie unmissverständlich an sich.
»Setzen wir uns ein Weilchen hin?« schlug sie vor.
»Da drüben ist ein Tisch frei.« James steuerte durch die Menge auf ein goldenes Tischchen zu. Er rückte ihr den Stuhl zurecht.
»Ich hole uns Drinks«, sagte er. »Lassen Sie sich ja nicht von hier weglotsen.«
»Bestimmt nicht«, versprach Eileen. Sie war sehr müde, leichte Kopfschmerzen plagten sie. So sehr hatte sie sich bemüht, dem iranischen Minister zu gefallen – Logan zuliebe. Vielleicht bildete sie es sich nur ein, aber je mehr sie versuchte, zu seinem geschäftlichen Erfolg beizutragen und ihre Rolle als Präsidentengattin voll und ganz zu erfüllen, um so gereizter reagierte er. James kam mit zwei Gläsern Sekt zurück.
»Wie lieb von Ihnen, vielen Dank, James.« Ihre Finger berührten die seinen, als sie das Glas entgegennahm.
»Sagen Sie mir doch bitte, was los ist«, bat er freundlich. »Ich weiß, daß irgendwas nicht stimmt. Es ist doch nicht wegen Lucie?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ach wo! Der geht's gut, sie wird jeden Tag lieber und hübscher. Logan vergöttert sie geradezu.«
»Als vernarrten Vater kann ich ihn mir zwar nicht vorstellen, aber Sie müssen es ja wissen. Na schön, wenn es nicht wegen Lucie ist, weswegen dann sonst? Mir können Sie es ruhig sagen, das wissen Sie doch.«
»Ja, das weiß ich«, antwortete sie zart. »Ihnen könnte ich, glaube ich, alles erzählen, und Sie würden mir immer zu helfen versuchen.«
»Sie machen mich sehr glücklich damit«, sagte er.
Einen Augenblick lang ließ er seine Hand auf der ihren ruhen. Jeder spürte den anderen und wußte, worum es ging. Es beruhigte sie beide. Er sah sie an, und sie wußte: wenn sie allein gewesen wären, hätte er sie jetzt geküßt.
»Ich kann nicht darüber reden. Jetzt noch nicht. Aber wenn überhaupt, dann spreche ich mit Ihnen. Ich glaube, Logan macht mir ein Zeichen – wir sollten lieber rübergehen.«
Sie stand auf, James zog ihren Stuhl zurück und beugte sich über sie.
»Muß das gerade jetzt sein?«
***
Sie saßen zu dritt im Apartment an der Torshab Road. Die Drei-Zimmer-Wohnung war vor zwei Monaten von einem Amerikaner gemietet worden, der sich als Student der Archäologie ausgegeben und erklärt hatte, er brauche während der Ausgrabungen in Persepolis, an
Weitere Kostenlose Bücher