Bitterer Jasmin
mit Türmchen und Kuppeln und wunderbaren Steinornamenten geschmückt, und es lag in einem großen, ummauerten Garten. Die Vorstellung, in einem der häßlichen Häuser wohnen zu müssen, die die neureichen Perser in der Stadt bauten, hatte ihn abgeschreckt – dieses etwas baufällige Haus sagte ihm mehr zu, und mit den reichlichen Zuschüssen der Firma hatte er es zu seiner einstigen Schönheit restaurieren lassen.
Eileen und Logan waren vor ihm zu Hause angekommen. Sie blieb einen Augenblick lang im Mondlicht draußen stehen. Die warme stille Nacht war erfüllt von dem betörend süßen Duft des Jasmins, der vom Garten herüber drang. Der Mond hing riesengroß wie eine Perle am Himmel. Die modernen, häßlichen Gebäude der Innenstadt, die verstopften Durchfahrtsstraßen hätten ebensogut Tausende Kilometer entfernt liegen können. Dieses Haus mit seinem duftenden Garten und dem zarten Geräusch der Springbrunnen, die James wieder hatte herrichten lassen, versinnbildlichte das, was für den Europäer den Zauber Persiens ausmachte. Persien, das jetzt Iran hieß, dessen alte Herrscherdynastien es nicht mehr gab. Der Sohn eines Unteroffiziers saß auf dem Pfauenthron, und die schwächliche, verweichlichte persische Aristokratie wurde von den frechen, ehrgeizigen Mittelständlern abgedrängt, die unermesslichen Reichtum aus den riesigen Bodenschätzen schöpften. Ein hässlicher Kontrast in dem Land, dessen Poesie und dekorative Kunst zu den Wundern der Welt gehörten.
***
»Ich geh' schon rein«, sagte Logan. Als seine Frau stehen blieb, hatte er eine Weile gewartet, während sie um sich blickte. Eine herrliche Nacht! Auch er roch den Jasminduft und sah das Schattenspiel im Garten. Noch vor kurzem hätte er sie beim Arm genommen und einen Spaziergang vor dem Schlafengehen vorgeschlagen. Aber nicht heute.
»Ich bin todmüde«, gähnte er und fügte dann rasch hinzu: »Du mußt doch auch müde sein. War ein ganz schön anstrengender langer Tag.« Sie folgte ihm schweigend ins Haus.
Zweimal schon hatte James sie beherbergt. Sie wohnten in einem einfach-stilvoll möblierten Zimmer. An den Wänden hingen ein paar schöne Kelims, und in der breiten Nische über dem Bett standen seltene Bronzen und Vasen. Der Raum war gemütlich und ungewöhnlich, aber irgendwie männlich, fand sie. Warum James wohl nie geheiratet hatte?
In ihrer Müdigkeit und ihrem Ärger über Logan stellte sie die Frage plötzlich laut. »Warum mag er wohl noch immer Junggeselle sein?«
Logan zog sich bei offener Tür im Bad aus. »Keine Ahnung, fehlen tut ihm nichts. Wir haben alles nachgeforscht.«
»Was meinst du damit: nachgeforscht?«
Ohne seine Hilfe kam sie nicht aus dem Kleid. Inzwischen nahm sie die Brosche und Ohrringe ab und behielt sie in der Hand.
»Wonach geforscht?«
»Na, eben geforscht«, antwortete er gereizt. »Das machen wir doch immer. Dann gibt es später keine Schwierigkeiten. In verantwortlichen Posten kann ich keine Homos brauchen.«
»Du meine Güte«, sagte Eileen, wandte sich ab und legte den Schmuck auf den Frisiertisch. »Das ist ja gräßlich! Wenn er das wüsste!«
»Würde ihn wahrscheinlich gar nicht überraschen. Im Außenministerium haben sie genug Schwierigkeiten mit Schwulen gehabt, darüber brauchst du dich wirklich nicht aufzuregen.« Er schlug die Badezimmertür laut zu.
Seit Monaten hatte sie sich in der Gewalt gehabt, seine schlechten Launen ignoriert, Entschuldigungen für seine Ausbrüche gefunden. Er hatte sich ihr gegenüber verändert, und langsam ahnte sie, warum. Eileen hatte alles versucht, es nicht schwer zu nehmen, sich eingeredet, daß Überarbeitung und Stress daran schuld waren. Sieben Jahre Ehe, davon die ersten vier durch Fehlgeburten und die Geburt Lucies vermurkst, die dann alles verändert hatte.
Sie lief zum Bad und riß die Tür wieder auf.
»Schlag gefälligst nicht mit den Türen!« rief sie. Er war schon im Pyjama, blickte sie erst überrascht an und wurde dann zornrot.
»Und brüll mich nicht an!« fauchte er und drängte sich an ihr vorbei ins Schlafzimmer.
»Ich brülle gar nicht«, konterte Eileen. »Aber ich lasse mir deine schlechten Manieren nicht länger gefallen. Wenn ich es abscheulich finde, in anderer Leute Privatleben herumzuschnüffeln, dann werde ich das wohl sagen dürfen.«
Er wandte sich um und sah sie an. Die letzten Monate waren auch für ihn schwierig gewesen. Er sprach leiser und ruhiger, aber was er sagte, schmerzte mehr als sein Zorn.
»Ich
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