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Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Titel: Bitterer Nachgeschmack - Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Senghaas , Iny Lorentz
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vergiftete Hostie zu verabreichen. Ich habe natürlich abgelehnt. Aus Wut darüber hat er mich dann auf so unverschämte Weise verleumdet. Ich habe ihn verhaften lassen - er gehört zu Recht ins Gefängnis!« Sie lässt ihr Nachtgewand verführerisch zu Boden gleiten. »Kommt zu mir zurück, Moritz! Ihr seid meine einzige Liebe! Diese schwindsüchtige Schauspielerin ist nichts für Euch!«
    Der Marschall wendet sich auf dem Absatz um und verlässt türenknallend den Raum. Sein nächster Weg führt ihn voller Besorgnis an Adriennes Lager. Ihr Zustand ist unverändert.
    »Konntest du nicht besser auf deine Herrin aufpassen!«, fährt er draußen vor der Tür Marie an. »Du hast zugelassen, dass man ihr einen vergifteten Geschenkkorb überbringt - einen falschen Professor zu ihr führt! Du hast eine Dummheit nach der anderen begangen!«
    »Das ist nicht wahr!«, braust Marie frech auf. »Das alles ist Ihre Schuld! Der Geschenkkorb kam ja von Ihnen - mit einem Brief von Ihrer Hand! Außerdem pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass Sie eine neue Geliebte haben. Rosa Manrot, die junge Nachwuchsschauspielerin aus dem ›Théâtre Italien‹ ...
    »Schweig«, der Marschall packt Marie grob am Arm, »das wäre wohl kaum der Grund, Adrienne Gift zu verabreichen. Ich liebe sie! Es war die Herzogin, die den Geschenkkorb sandte und so tat, als sei er von mir.«
    »Man redet in der Stadt, Sie hätten Schulden, die die Herzogin nicht mehr bezahlen wollte ...«
    »Unsinn, Gerüchte!«, schreit der Marschall unbeherrscht auf und hebt die Hand wie zum Schlag. »Was nimmst du dir heraus, unverschämtes Weib!«
    Marie weicht zurück. So hat sie den charmanten und immer liebenswürdigen Grafen noch nie gesehen. Und in diesem Augenblick ist sie überzeugt, dass er zu allem fähig wäre.
    Er kneift die Augen zusammen. »Genauso gut könnte man dich verdächtigen, Marie. Hast du nicht deine Herrin ermuntert, von der Schokolade zu kosten? Wollte Adrienne dich nicht kürzlich entlassen? Wegen des Diamanthalsbandes, das sie in deiner Handtasche gefunden hatte? Du hast sie bestohlen, hattest vielleicht Angst, sie würde Klage gegen dich führen, vor Gericht!«
    Marie schlägt die Hände vors Gesicht. »Das hat sie Ihnen erzählt? Es war der größte Fehler meines Lebens - ich habe es schon tausendmal bereut und sie auf Knien gebeten, mir zu verzeihen!«
    »Das soll ich dir glauben? Du bist nicht so dumm, wie du dich stellst! Der Verkauf des Schmucks hätte dir für eine Weile einen bequemen Unterhalt gesichert, nicht wahr?«
    Marie bricht in Tränen aus. »Ich habe sie nicht vergiftet, ich schwöre es! So etwas könnte ich niemals tun. Außerdem habe ich selbst von den Süßigkeiten gegessen!«
    Ein leises Stöhnen im Krankenzimmer nebenan lässt die beiden herumfahren. Der Marschall eilt an Adriennes Bett und schließt sie in seine Arme.
    »Moritz!« Die Kranke erkennt ihn und lebt auf. Das Blut steigt ihr in die bleichen Wangen und sie bittet Marie, die Kissen unter ihrem Kopf höher zu legen. »Liebster - ich träume nicht! Endlich bist du bei mir«, sie lächelt mühsam. »Aber ich habe Schmerzen und fühle mich sehr schwach.« Sie wird erneut von einem Krampf geschüttelt und spuckt Blut. »Man hat mich vergiftet, ich weiß es«, stößt sie mit brüchiger Stimme hervor. »Die Herzogin war es, sie hasst mich!«
    »Nein, Liebste, das ist nicht wahr - sie hat es mir erst heute Nachmittag geschworen!«
    »Sie lügt!« Adrienne schüttelt kraftlos den Kopf. »Komm zu mir, Moritz, halt mich in deinen Armen, sag mir, dass du mich liebst.«
    »Du wirst wieder gesund, mein Engel! Sei stark!« Moritz stützt sie, stammelt zärtliche Worte an ihrem Ohr, beteuert, dass er sie liebt und nicht verlieren will. Ein erneuter Schwächeanfall raubt ihr das Bewusstsein.
    Die Freunde Adriennes haben sich bedrückt im Salon versammelt. Anstatt an einem Diner für die Genesende teilzunehmen, stehen sie nun am Totenbett ihrer lieben Freundin. Der Chirurg Févart und ihr Leibarzt, Doktor Silva, sind ratlos. Der Aderlass und jegliche ärztliche Kunst scheinen vergebens. Marie hält Adriennes Hand und schluchzt leise vor sich hin. Die Kranke dämmert im Verlauf der Nacht nur noch vor sich hin. Ohne dass Moritz es wahrnimmt, der im Sessel an ihrem Bett eingeschlafen ist, tut sie gegen Morgen ihren letzten Atemzug. Er stößt einen verzweifelten Schrei aus, als er es bemerkt, reißt sie an seine Brust und küsst ihre schon kalten Lippen ein über das andere

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