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Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Titel: Bitterer Nachgeschmack - Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Senghaas , Iny Lorentz
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den letzten Platz gefüllten Zuschauerbänke ging ein Raunen. Sophie Ursinus nickte.
    »Auch wenige Tage vor dem Tod Ihrer Tante in ihrer Villa in Charlottenburg erwarben Sie eine größere Menge Arsenik. Warum?«
    »Ich weiß es nicht«, kam es zögernd über ihre vollen Lippen. Einen Moment lang schloss sie gequält die Augen.
    »Sie wissen nicht, weshalb Sie sowohl von Dr. Pohl als auch von dem Apotheker Thiemann jeweils eine gewisse Menge des Giftes erbaten?«
    Sophie Ursinus nahm einen tiefen Atemzug. Welche Schmach wurde ihr zugemutet! Sie räusperte sich vernehmlich. »Nun, ich ... ich wollte das Arsenik selbst einnehmen. Das habe ich aber bereits bei den Verhören im Kriminalamt zu Protokoll gegeben. Ich liebte meine Tante mehr als jeden anderen meiner Verwandten. Sie bei meinem Besuch im Januar tagelang so krank zu erleben, betrübte mich über alle Maßen.« Die schöne Angeklagte brach ab, ihre Lippen bebten. »Mit ansehen zu müssen, wie sich ihr Zustand von Tag zu Tag verschlechterte, ohne helfen zu können, brach mir fast das Herz und ich wurde immer unglücklicher.« Sie hob die Lider und blickte dem Richter fest ins Gesicht. »Zudem änderte sich nach dem Tod meines Mannes das Verhalten meiner Hausangestellten mir gegenüber. Schließlich wollte ich aus dem Leben scheiden. Meine Güter sollten diejenigen erhalten, die sie dringender benötigten. Danach würde ich still aus der Welt gehen. Nur aus diesem Grunde bat ich die erwähnten Herren um das Gift.«
    Der Richter hob eine Braue und maß die Angeklagte aufmerksam. »Habe ich Sie richtig verstanden? Sie wollten sich selbst töten?«
    In Sophies Augen schimmerten Tränen. »Nach dem Tod meines geliebten Mannes litt ich zunehmend unter Schwermut, Herr Richter. Ich hatte alle Menschen verloren, die mir etwas bedeuteten. Mich hielt nichts mehr in dieser Welt, verstehen Sie denn nicht?«
    »Nun, immerhin hatten Sie diesen Hauptmann Ragay zum Geliebten. So weit kann es mit der Liebe zu Ihrem Gatten also nicht her gewesen sein.«
    Ragay. Die Erwähnung seines Namens reichte aus, um ihr Blut in Wallung geraten zu lassen. Wie hatte sie diesen schneidigen Mann mit dem formvollendeten Benehmen vergöttert, wie heiß ihn schon begehrt, wenn er sie nur zart berührte. Wie zurückhaltend er sich ihr gegenüber verhalten hatte. Wenn er ihrer gewahr wurde oder sie das Glück hatten, einige gestohlene Momente zusammen zu verbringen, war da dieses Feuer in seinen Augen gewesen, das ihr zeigte, welche tiefen Gefühle sich hinter seiner höflichen, aber steifen Fassade verbargen. Tragisch, dass der liebe Ragay so früh verscheiden musste. Mit aller Macht verdrängte Sophie sein geliebtes Bild, aber es hatte sich für immer in ihre Erinnerungen eingebrannt. Sie hob den Blick. »Mein Gatte stimmte bald nach unserer Eheschließung zu, ja, er riet mir sogar«, seufzte sie und ihre Wangen nahmen eine zarte Rötung an, »ich solle mir einen Geliebten nehmen, da er seinen ehelichen Pflichten nicht nachkommen könne. Aus diesem Grunde konnte mir mein lieber Theodor meinen sehnlichsten Wunsch nach Kindern nicht erfüllen, was er zutiefst bedauerte. Ich bemühte mich nach Kräften, mir diesen traurigen Umstand nicht anmerken zu lassen. Aber er erkannte, wie unglücklich ich war. Zumal eine lebenslustige Frau wie ich, noch dazu mit einem lebhaften Geist ausgestattet, die um so vieles jünger ist als ihr Gatte, gewisse Bedürfnisse hegt, nicht wahr? Das verstehen Sie gewiss, Herr Richter.«
    Im Publikum wurde Gelächter laut.
    »Zurück zu Frau Witte. Sie bleiben also dabei, ihr kein Gift gegeben, sondern dieses ausschließlich für sich selbst erworben zu haben?«
    Ihre großen dunklen Augen verloren ihren Glanz. »Ich war in diesen Tagen, die ich am Krankenbett meiner Tante verbrachte, nicht immer ganz bei mir. Es ist also möglich, dass ich ihr einmal etwas Arsenik gegeben habe. Ich bin mir nicht sicher. Das Ganze liegt ja schon zwei Jahre zurück.«
    »An so etwas müssten Sie sich aber noch erinnern«, gab der Richter kopfschüttelnd zurück. »Jedenfalls bezichtigt Sie Ihr Diener Benjamin Klein, der heute aus Krankheitsgründen nicht anwesend sein kann, ihm über mehrere Tage kleinere Mengen Arsenik verabreicht zu haben. Herr Klein hat Ihre Wohnung durchsucht und das Gift gefunden. Sie haben es in eine Bouillon und in ein Brechmittel gemischt, das Sie ihm wegen eines Unwohlseins gaben, außerdem taten Sie diese Substanz bei anderen Gelegenheiten in Rosinen und Reis. Er hat

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