Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
Vom Netzwerk:
wenig begeistert. »Sonst noch was?«
    »Nur, dass du mir bitte noch Bescheid gibst.«
    »Dein Diensteifer bringt dich eines Tages noch um.«
    »Danke für deine Fürsorge«, sagte Lorinser, drückte die rote Taste und legte das Telefon auf die Sessellehne. Das glockenhelle Dit-ti-tie, Dit-ti-tie einer Amsel schnitt in den dämmerigen Raum und erinnerte ihn an die Hühnerschenkel, die Katta am Vortag für das Abendessen hergerichtet hatte. Er stand auf, spürte im rechten Kniegelenk Schmerzen und humpelte im Schongang in die Küche, wo er im Kühlschrank in einer mit Folie abgedeckten Schüssel zwei Schenkel fand. Als er eines aufgegessen und eine halbe Dose Bier dazu getrunken hatte, klingelte das Telefon.
    »Und«, fragte er, in der Annahme, es sei Steinbrecher, »hat der Bursche den Rüssel schon reingehängt?«
    Er hörte ein überraschtes Jappen und wenige Augenblicke später Paulas empört-belustigte Stimme. »Was soll das denn? Höre ich da etwa die schrillen Töne der Eifersucht?«
    »Um Himmels willen!«, entfuhr es Lorinser. »Entschuldige bitte, ich dachte, es sei mein Kollege. Er hat versprochen, mich zurückzurufen.«
    »Für mich klingt das eher nach Voyeurismus. Die telefonische Variante. Höchst interessant.«
    »Ich muss dich enttäuschen. In Wahrheit geht es um ordinäre Schweinegülle. Trotzdem hoffe ich, dass du mir noch einmal verzeihen kannst.«
    »Nur, wenn du mir versprichst, dass du mir aufmachst.«
    »Wie bitte?«
    Lorinser trat ans Fenster und blickte in den Hof. Paula winkte ihm fröhlich zu. Ihr klirrendes Lachen erreichte ihn sozusagen live aus dem Hof und Sekundenbruchteile später als verzerrter Widerhall aus dem Lautsprecher des Telefons.
    »Wie du siehst, stehe ich vor deiner verschlossenen Haustür und einem Klingelbrett, auf dem es ziemlich türkisch zugeht. Wenn du mich einlässt, schmiede ich dir ein Namensschild. Aus feinstem, garantiert rostendem Stahl.«
    »Ich komme«, sagte er, warf ihr eine Kusshand zu und schaltete das Telefon aus. Kaum hatte er es auf die Arbeitsplatte gelegt, klingelte es wieder.
    »Ja?«
    Es war Steinbrecher, der ihm mitteilte, dass Dischen die Krögersche Güllegrube bereits leer gepumpt und den kopflosen Körper des Porzellanpferdes nicht gefunden hatte.
    Lorinser bedankte sich und verließ die Küche, um Paula aufzumachen.

11
    Heldenempfang geht anders, dachte Lorinser, als er am Montagmorgen das Büro betrat und bei der Rückmeldung eine Hildebrandt vorfand, die ihn überrascht wie einen unerwünschten Eindringling betrachtete. Erst als sie das schlichte Pflaster entdeckte, das der Arzt eine halbe Stunde vorher anstelle des bombastischen Mullverbands auf die Wunde geklebt hatte, blitzte ein gewisses Interesse in ihren Augen auf.
    »Ist ja nicht zu fassen«, sagte sie und streckte ihm die Hand entgegen. »Sie scheinen das Heilverhalten eines Hundes zu haben. Wie machen Sie das nur?«
    Im Krankhaus hatte er vom kontrollierenden Arzt nahezu identische Worte gehört und sie mit einem launigen Bellen beantwortet. Von Hildebrandt ins Tierreich versetzt zu werden, ging ihm jedoch zu seiner eigenen Überraschung ordentlich gegen den Strich.
    »Wie ich das mache?« Er hob die Schultern und war einen Augenblick lang versucht, Paulas logischere Erklärung anzubringen, die schon nach der turbulenten Freitagnacht behauptet hatte, dass Sex nicht nur verkauft, sondern auch heilt. »Keine Ahnung«, sagte er stattdessen. »Möglicherweise habe ich bei der Vergabe der Gene einen Glückstreffer gelandet.«
    »Was machen die Schmerzen?«
    »Die haben sich verabschiedet. Und topfit bin ich auch.« Er verschwieg, dass er zum Kaffee zwei Schmerztabletten genommen hatte.
    »Das freut mich«, sagte sie und deutete mit dem Kinn auf sein blaugelb unterlaufenes Auge. »Um keine Leute zu erschrecken, würde ich das Veilchen aber kaschieren. Wenn Sie wollen, schau ich mal nach, ob ich was für Sie habe.«
    Er zögerte einen Augenblick, aber schließlich siegte seine Eitelkeit. Also nahm er auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch Platz.Hildebrandt stellte ihre Handtasche auf den Schreibtisch, kramte darin herum, bis sie die Tuben fand, die sie für geeignet hielt. Mit einem Wattebausch trug sie das Make-up sorgsam auf. Sie glättete, puderte und hielt ihm schließlich einen runden Schminkspiegel vor die Nase. »Ich glaube, jetzt können wir Sie wieder in die Zivilisation entlassen«, sagte sie ohne jeden Enthusiasmus.
    »Wirklich perfekt.«
    »Ich denke nur an den Ruf unseres

Weitere Kostenlose Bücher