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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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verdammt lange, dieses Vorübergehend!
    Nur, was hat das zu bedeuten? Etwa, dass sie dir aus dem Weg geht? Weil sie mit diesem verdammten Mercedeskerl um die Häuser zieht? »Wir sind nicht verheiratet«, hatte sie ihm um die Ohren gehauen, als wenn er versucht hätte, sie in eheliche Haft zu nehmen. Nein, sind wir nicht, zum Teufel, aber wir hatten diese wunderbare Nacht, diesen Rausch der Nähe, dieses unglaubliche Gefühl des Einsseins …
    Wir?
    Er legte sich auf die rechte Seite, nahm die Beine hoch und winkelte sie an. Wie ein Kind den Kopf an die Brust seiner Mutter, so barg er die unverletzte Gesichtsseite in das vor der Armlehne liegende Kissen, im Bauch dieses elende Gefühl, hilflos den Launen anderer ausgesetzt und zu Unrecht bestraft worden zu sein. Als Kind hatte er es »Totstellen« genannt, hatte sich in den Kokon eines hartnäckigen Schweigens zurückgezogen, was seine Eltern jedoch als »Trotz« bezeichnet hatten. Tatsächlich war es seine Art des Protests gegen ihre strafende Willkür gewesen, aber auch ein Abtauchen in die aufregende Welt seines Traumreiches der absoluten Freiheit, in der die Süße des Selbstmitleids sich glücklicherweise irgendwann dann doch in heilende Medizin verwandelt hatte.
    Er atmete die schwüle Luft tief und rhythmisch aus und ein, um seine hin und her springenden Gedanken unter Kontrolle zu bringen. Es gelang ihm ebenso wenig, wie die Ruhe wieder zu finden, die seine Kollegen im Essener Revier dazu gebracht hatte, ihn mit dem für ihn wenig schmeichelhaften Spitznamen »T 34« auszuzeichnen. Denn nach seiner Selbsteinschätzung hatte er so gut wie nichts mit einem sturen russischen Weltkriegspanzer gemein. Aber vielleicht, dachte er, bist du es, dessen Blick getrübt ist.
    Sein kann ja auch, kasteite er sich im nächsten Augenblick, dass du für Paula nichts weiter als ein lebender Dildo warst, ein nur für die Gelegenheit stimmiger Ersatz. Und für dich, was ist sie für dich?
    Aus dem Kissen stieg ihm der Geruch eines fremden, herben Parfums in die Nase. Ist wohl die Duftmarke dieser schlägerschwingenden Cabriotante, sinnierte er, von der Katta sich trotz der noch schwellenden Wunden wieder hatte einlullen lassen. Ohne eine Telefonnummer oder eine Adresse zu hinterlassen. War ihre Ehe deshalb in die Brüche gegangen, weil sie sich zu Frauen hingezogen fühlte? Heiliger Himmel! Wenn das mit deiner Sorglosigkeit nur gut geht, Mädchen, wenn das nur gut geht! Na schön, du wirst es schon wissen, und erwachsen bist du auch, obwohl … Er lachte leise auf. Nein, Erwachsenwerden, das würde bei ihr wohl noch eine Weile dauern, so hin und her gerissen wie sie war. Hoffentlich wird sie es nicht bereuen, sich auf diese tia   bruta eingelassen zu haben, dachte er und versuchte, aus dem Wust seiner wirr kreisenden Gedanken dieses eine Bild herauszufiltern, auf dem das polizeiliche Kennzeichen des BMW-Cabrios zu erkennen war. Was sich herausschälte, war der in seiner Vorstellung bizarr verformte Porzellankopf, den die Rechtsmediziner aus Böses Gehirn herausgeschnitten hatten, und die wieder auftauchende naheliegende Frage, ob der Rest der Figur ebenfalls in Krögers Güllegrube entsorgt worden war.
    Er gab sich einen Ruck und öffnete die Augen. Mit einem Seufzen erhob er sich und machte sich auf die Suche nach dem Telefon. Er fand es schließlich unter dem von Katta zerwühlten Kopfkissen im Schlafzimmer. Er wählte Steinbrechers Nummer. »Ich habe noch einmal über den Verbleib des Pferdekopfes nachgedacht«, sagte er, als Steinbrecher sich meldete. »Ich frage mich,ob der Täter den Rest der Pferdefigur auch in der Güllegrube versenkt hat. Könnte sein, nicht?«
    »Die Idee hattest du schon im Krankenhaus.«
    »Und? Habt ihr was draus gemacht?«
    »Noch nicht.«
    »Könnte aber entscheidend sein.«
    »Weißt du, was da auf uns zukommt?«
    »Jede Menge Schweinescheiße, ja.«
    »Wenn das Zeug nicht schon längst abgepumpt wurde.«
    »Das könnte Krögers Subunternehmer beantworten. Dischen heißt er, wenn ich mich nicht täusche. Herbert Dischen. Lembruch. Steht ganz sicher im Telefonbuch.«
    »Weißt du, dass du ganz schön nervst?«
    »Wenn du es sagst … Ich würde ja selbst anrufen, aber ich habe leider noch kein Telefonbuch, krankgeschrieben bin ich auch, außerdem kann ich mir vorstellen, dass auch der Täter auf die Idee kommen könnte, dass ihm die Figur gefährlich werden kann.«
    Steinbrecher atmete heftig aus. »Na gut, ich ruf den Dischen an«, sagte er

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