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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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einzugehen? Ihm muss doch die Brisanz einer solchen Aussage klar gewesen sein.«
    »Nicht, wenn der Stress ihn gepiesackt hat. In der Vertragssache und im Hinblick auf Hinrich Böses Tod sagte er jedenfalls nicht die Wahrheit. Und du weißt ja, wer einmal lügt …«
    »Mensch, das ist dreißig Jahre her! Er ist fast siebzig! Du kannst doch nicht verlangen, dass der sich noch exakt an jedes Datum erinnert!«
    »An jedes nicht, soweit es die alte Geschichte angeht, aber wenn er mit dem Opfer verhandelt hat, ist das höchstens einige Wochen her. Oder siehst du das anders?«
    »Nein. Wenn das zutrifft, hat er ein Problem. Hast du denn die Aussage des Justiziars, dieses Angstmeyer, festgeklopft?« Lorinser vermeinte ein leises Seufzen zu hören. »Also nicht?«
    »Habe ich versucht. Ich habe ihn noch einmal angerufen, um ihn hier zu vernehmen, aber er war nicht mehr in der Firma. Zu Hause ist er noch nicht angekommen. Seine Frau konnte mir auch nicht sagen, wo ich ihn erreichen kann. Aber ich habe sowohl bei seiner Sekretärin als auch privat meine Telefonnummer hinterlassen.«
    »Und wenn er sich mit Kröger in Verbindung gesetzt hat?«
    Steinbrecher atmete heftig aus. »Was soll ich denn machen? Soll ich mich wie ein Wachhund vor seine Haustür setzen und warten, dass er vielleicht rausschleicht?«
    »Solche Leute schleichen nicht. Und du hast keinen Ehrgeiz. – Was sagt denn die Hildebrandt dazu?«
    »Nichts.«
    »Wie nichts?«
    »Ich habe sie noch nicht informiert.«
    »Das wird ihr aber gar nicht gefallen, lieber Kollege.«
    »Dass mir das säuselnd am Arsch vorbeigeht, solltest du inzwischen wissen.«
    Na ja, na ja, dachte Lorinser und fragte sich wieder, aus welchen Gründen Kröger seine Bekanntschaft zu Thorsten Böse verschwiegen haben mochte. Weil er sie fürchten musste?
    »Böse starb in der Nacht von Sonntag auf Montag«, sagte er nachdenklich. »Falls Kröger mit seinem Tod in Verbindung gebracht werden kann, muss er spätestens Sonntagabend aus dem Urlaub zurückgekehrt sein und nicht erst Montagmorgen, wie er uns erzählt hat. Das heißt, er und seine Frau. Wenn sie inSylt abgeflogen und in Damme gelandet sind, muss es auf beiden Flugplätzen Daten geben. Wird Krögers Alibi bestätigt, können wir alles andere vergessen. Richtig?«
    Steinbrecher schwieg einige Sekunden. »Das ist wohl wahr«, sagte er schließlich. »Ich setze mich mit den Kollegen in Verbindung und kläre das ab. – Was treibst du eigentlich? Hört sich an, als wenn du in einer Kneipe sitzt.«
    »Ich trinke in der Fußgängerzone im Schatten einer Würstchenbude lauwarmes Flaschenbier und warte darauf, dass meine Schwester mir die Rückkehr in meine Wohnung erlaubt.«
    »Deine Schwester, ja? Und sie lässt dich nicht in die Wohnung?«
    »So ist es.«
    »Wer’s glaubt, wird selig«, sagte Steinbrecher zweifelnd. »Aber egal. Ich mache hier noch fertig, und dann haue ich auch ab. Vielleicht sehen wir uns ja morgen.«
    »Ja, wenn der Gott in Weiß mir den Dienst erlaubt«, sagte Lorinser und bedankte sich für das Gespräch.
    Seine Schwester hatte selbstverständlich nicht angerufen, aber wenigstens die Kaffeetassen in die Spüle geräumt. Verärgert öffnete Lorinser das Fenster, um den abgestandenen Rauch abziehen zu lassen. Auf dem Weg ins Wohnzimmer entdeckte er auf dem Küchentisch einen gelben Zettel mit der eilig hingekritzelten Mitteilung Kattas, sie sei für eine Weile unterwegs und werde sich bald bei ihm melden. Lorinser deutete das als längeren Abschied, zumal sie um ihren Namen ein bauchiges Kitschherzchen gemalt hatte, aus dem drei noch bauchigere Tränen tropften.
    Er ließ sich erschöpft in den einzigen Sessel fallen und presste die Hände vor das Gesicht. Wenigstens anrufen hätte sie können, dachte er enttäuscht. Seinen Körper spürte er wie einen schweren, aufgedunsenen Sack, den Kopf wie eine Tonne, in der ein verstecktes Uhrwerk tickte. Liegt wohl am zu hastig getrunkenen Bier, vermutete er, und an der verdammten Hitze, die diekleine Wohnung in ein Treibhaus verwandelte. Oder an Paula, die noch immer nicht zu Hause gewesen war oder sich dort vor ihm versteckte. Seine Gedanken umkreisten den silberfarbenen Mercedes, in den sie nach Angaben der Nachbarin gestiegen war, verfingen sich in den in seinem Kopf kreisenden Widerhall der Computerstimme, die ihm zuletzt vor der Einfahrt in den Hof mitgeteilt hatte, dass der Teilnehmer, der eine Teilnehmerin war, vorübergehend nicht erreichbar sei.
    Dauert aber

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