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Bitteres Geheimnis

Bitteres Geheimnis

Titel: Bitteres Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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nichts.«
    Er legte den Füller weg und spielte mit dem Gedanken, seine Aktentasche hervorzuholen. Darin waren die Notizen, die er sich bei Dr. Henderson gemacht hatte. Mit ihrer Hilfe hätte er sein Gedächtnis auffrischen und feststellen können, was für mögliche Aktivatoren es noch gab. Aber er wollte Mary nicht beunruhigen. Er -
    »Das einzige, was mir im April passiert ist, Dr. Wade, war im Schwimmbecken bei uns zu Hause, als Mike und ich an dem Abend badeten. Da gab's bei der Beckenbeleuchtung einen Kurzschluß, und ich kriegte einen elektrischen Schlag.«
    »Was?«
    »Ja, ich hab mich fürchterlich erschrocken, aber mir ist nichts passiert. Meine Mutter sagte, eine Frau wäre mal umgekommen, als sie in einem Hotel -«
    »Du hast einen elektrischen Schlag bekommen?«
    »Ja. Warum?«
    Jonas war selbst wie vom Schlag gerührt. Er hatte Mühe, seine Ruhe zu bewahren. Um seine Erregung zu verbergen, lehnte er sich in seinem Sessel zurück und faltete fest die Hände.
    »Wann ist das passiert? Möglichst genau, bitte.«
    »Ein paar Tage vor Ostern.«
    »Was genau ist passiert? Du warst mit Mike im Schwimmbecken -«
    »Nein, nur ich war im Becken. Mike stand oben auf dem Sprungbrett. Es war dunkel, drum hatten wir die Beleuchtung angemacht. Ich weiß nicht, auf einmal fühlte sich das Wasser ganz komisch an, ich kann's nicht beschreiben. lch bekam einen Riesenschreck und fing an zu schreien. Dann kriegte ich plötzlich keine Luft mehr. Ich erinnere mich, daß Mike mich raus gezogen hat und mir auf den Rücken klopfte. Das war alles.«
    Jonas Wade krampfte die Hände so fest ineinander, daß sie weiß anliefen. Das war unglaublich. War es möglich, daß er jetzt alles beisammen hatte?
    Bis zu diesem Moment hatte Jonas sich eiserne Zurückhaltung auferlegt und sich nicht gestattet, seinen Hoffnungen freien Lauf zu lassen. Sollte der Traum jetzt Wirklichkeit werden: der aufregendste medizinische Bericht seit - ja, seit wann?
    »Dr. Wade?«
    Er sah sie an. Wie sollte er es angehen? Wem sollte er seinen Befund zeigen? Welcher Zeitschrift sollte er -
    »Dr. Wade?«
    »Entschuldige, Mary, mir kam bei dem, was du eben sagtest, eine Erinnerung.«
    Er setzte wieder sein Arztlächeln auf.
    Doch die anfängliche Erregung über das, was er von Mary Ann McFarland gehört hatte, wandelte sich rasch in tiefe Beunruhigung. Die beiden neuen Faktoren, der festgestellte Herzschlag des Embryos und der elektrische Schlag, die seine These von einer Parthenogenese untermauerten, weckten auch neue Ängste und Befürchtungen. Jetzt konnte es sich nicht mehr um eine wuchernde Gewebemasse, um einen Tumor handeln, der operativ entfernt werden konnte. Es war ein wahrhaft parthenogenetischer Fötus, der da heranwuchs, aber - war er gesund und normal?
    Impulsiv griff Jonas zum Telefon. »Ich versuche jetzt noch einmal, deine Eltern. zu erreichen, Mary.«
    Im Wohnzimmer war es dunkel geworden. Keiner machte Licht. Ted McFarland saß mit gesenktem Kopf und fragte sich, ober wirklich alles gesagt hatte. Das Schweigen schien ihm hohl und gespannt, als verlange es nach weiteren Worten. Aber es fielen ihm keine mehr ein.
    Lucille, die tief in ihrem Sessel lag und zur schattendunklen Decke hinauf starrte, hegte die bedrückende Befürchtung, daß zuviel gesagt worden war. Und doch war das eine, was Lucille am dringendsten hatte sagen wollen - es tut mir leid -, nicht ausgesprochen worden.
    Mary spürte die Spannung, merkte, daß ihre Eltern mit ihren Emotionen zu kämpfen hatten. Ted, der mit hängendem Kopf und gefalteten Händen dasaß, schien zu beten, und Lucille, dachte Mary, sah aus wie die leidende Dienerin Gottes.
    Es war so gut gegangen, wie zu erwarten gewesen war. Vielleicht sogar besser. Höflich und überaus dankbar waren sie in Dr. Wades Praxis erschienen, sehr darauf bedacht, ihm zu zeigen, daß sie es ihm nicht verübelten, daß er der einzige war, dem ihre Tochter Vertrauen schenkte. Sie hatten Platz genommen, und ein Weilchen hatten sie alle vier miteinander gesprochen, wenn auch mit einiger Verlegenheit. Dr. Wade hatte merkwürdig steif und gestelzt gewirkt, als fühle er sich gar nicht wohl und hätte das Verlangen, so schnell wie möglich zu gehen.
    Zuerst hatten die drei Erwachsenen Mary zu überreden versucht, wieder ins St. Anne's zurückzukehren. Dann hatte ihr Dr. Wade einen Vortrag darüber gehalten, was eine schwangere Frau zu beachten, wie sie sich zu pflegen hatte, und ihr danach den nächsten Untersuchungstermin auf einen

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