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Bitterfotze

Bitterfotze

Titel: Bitterfotze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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sich für ihre Besprechung im Arbeitszimmer ein. Wir sind jetzt seit vier Tagen zu Hause, und ich friere. Ich laufe in dicken Socken und Wollpullover herum und drehe die Heizung auf. Draußen sind die Dächer silbrig vom Novemberfrost, und ich frage mich, ob ich je wieder rausgehen werde. Was macht man, wenn das Baby schreit und man weit von zu Hause entfernt ist?
    Mein Leben hat sich total verändert. Mein Körper hat einen Krieg durchgemacht, und jetzt ist er von einer fremden Macht besetzt. Und der Mann, von dem ich glaubte, er sei mein Verbündeter, erweist sich als Verräter. Er lässt mich im Stich und ist mit etwas anderem beschäftigt. Und ich versuche es zu verstehen.
    Schaue Sigge lange in die Augen und versuche, meine Besatzermacht kennenzulernen. Ich besänftige ihn, indem ich ein Stillhütchen benütze. Damit gelingt es ihm, wenigstens ein wenig zu trinken. Er schläft satt ein, und ich nutze die Gelegenheit, ein paar Käsebrote zu machen, die ich als Mittagessen herunterschlinge. Dann setze ich mich mit Sigge im Arm vor den Fernseher. Ich mache mir Sorgen, weil geplant ist, dass Johan am nächsten Tag zu einer Besprechung nach Skellefteå ganz im Norden fährt. Er wird am dortigen Landestheater seine erste Inszenierung machen, und ich mache mir Sorgen, weil ich einen ganzen Tag lang mit Sigge allein sein muss. Es ist erst vier Tage her, dass wir aus dem Krankenhaus gekommen sind, und alles ist so neu und überwältigend. Ich mache mir Sorgen, dass das Stillen nicht klappt. Ich mache mir Sorgen, weil ich seit sechs Nächten nicht richtig geschlafen habe. Ich mache mir Sorgen, weil die Operationsnarbe wehtut.
    Ich mache mir Sorgen, weil ich spüre, dass Johan ganz woanders mit seinen Gedanken ist.
    Um sechs Uhr am Morgen wache ich auf, weil eine Brust steinhart ist und wehtut. Milchstau. Ich stolpere in der Dunkelheit des Novembermorgens zur Toilette. Ich habe gelesen, dass man bei Milchstau die Brust massieren und wärmen soll, ich richte also den Föhn auf die Brust. Johan wacht vom Lärm auf, und als er in die Toilette kommt, bricht alles zusammen. Ich heule wie ein Schlosshund. »Johan, bitte, fahr nicht! Ich habe Schmerzen und ich will heute nicht allein sein!« Johan schaut mich verzweifelt an. »Aber ich muss fahren. Das ganze Theater wartet auf mich.« Die Milch fließt, der Rotz fließt, die Tränen fließen. Ich bin ein einziger Schleimklumpen, der gleich in den Abfluss fließt, ich schreie, um den Föhn zu übertönen, dass mir sein verdammtes Theater scheißegal ist!
    Aber Johans Flugzeug geht um sieben, und eine Viertelstunde später ist er verschwunden. Ich sitze immer noch mit dem Föhn auf dem Klositz und weine. Schließlich beruhige ich mich, nehme zwei Aspirin und krieche neben einem kleinen warmen Sigge ins Bett. Zwei Stunden später wache ich auf, nass geschwitzt, fiebrig und mit schmerzender Brust. Ich versuche, Sigge mit der gesunden Brust zu stillen, dann lege ich ihn auf den Küchenboden und versuche, etwas zu frühstücken.
    Ich will gar nicht daran denken, dass Johan abgehauen ist. Dass er einfach gegangen ist, obwohl ich ihn bat zu bleiben. Ich tippe an das Ungeheure, lasse es dann doch wie eine sorgfältig eingekapselte Eiterbeule in Ruhe.
    Ich mache den Backofen an und setze mich nackt davor, in der Hoffnung, dass die Wärme hilft. Aber sie hilft nicht. Stattdessen steigt das Fieber, ich habe Schüttelfrost. Ich nehme noch ein Aspirin und bette mich und Sigge unter einem Berg von Decken. Ich stehe nur auf, wenn ich ihn wickeln muss.
    Spät abends kommt Johan endlich nach Hause. Voller Schuldgefühle und Angst.
    »Ich habe den ganzen Tag an euch gedacht«, sagt er mit Tränen in den Augen.
    Das hilft mir überhaupt nicht, dass du den ganzen Tag an uns gedacht hast, denke ich.
    Aber ich sage es nicht. Ich bin so matt und habe solche Schmerzen, dass ich nicht einmal wütend sein kann.
    Als der Milchstau nach drei Tagen nicht vorbei ist und das Fieberthermometer 41 Grad zeigt, fahren wir in die Ambulanz. Da bekomme ich Antibiotika und werde mit freundlichen Stilltipps nach Hause geschickt. Mit dem Stillen aufzuhören scheint keine Alternative zu sein. Am nächsten Tag fühle ich mich schon viel besser, fast fieberfrei. Aber das Thermometer zeigt immer noch 39 Grad, es ist also nur der Unterschied zwischen 41 und 39 Grad, der mir das Gefühl vermittelt, gesund zu sein. Schon am nächsten Tag steigt das Fieber erneut, und wir fahren wieder in die Ambulanz. Dieses Mal werde ich

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