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Bitterfotze

Bitterfotze

Titel: Bitterfotze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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ich zusammenbreche. Ich bleibe auf dem Boden liegen und sehe, wie die Wände sich drehen. Ich denke: Ja, jetzt bin ich wirklich verrückt. Ich schluchze, weil mein Kind verloren ist, ich verloren bin.
    Die Frau im weißen Kittel kommt herein, sie muss vor der Tür gestanden haben. Sie hilft mir wieder ins Bett und deckt mich zu.
    »Soo, soo«, sagt sie mit sanfter Stimme und streicht mir über die Haare. Aber ich kann nicht aufhören zu weinen.
    »Ich habe ein Kind bekommen«, schluchze ich. »Und er ist so süß. Das süßeste kleine Mausebaby!«
    »Ganz bestimmt!«, sagt die liebe Krankenschwester.
    »Aber ich will jetzt nicht sterben, ich möchte ihn jetzt bei mir haben!«
    »Du wirst nicht sterben. Dafür sorgen wir schon.«
    Sie sitzt lange bei mir, spricht und streicht mir über die Haare. Das beruhigt mich, und nach einer Weile höre ich auf zu weinen.
    Das Krankenhausbett ist schmal und hart, ich starre die ganze Nacht schlaflos an die Decke. Schreckliche Gedanken, dass ich Sigge nie wiedersehen werde, gehen mir durch den Kopf. Er wird heute Nacht sterben. Plötzlicher Kindstod. Das Taxi hat einen Unfall. Ich kann nicht dagegen an, die Bilder lösen sich ab, eines schlimmer als das andere.
    In den folgenden sechs Tagen versucht man es mit sechs verschiedenen Antibiotika, die ich intravenös bekomme, aber nichts hilft, das Fieber sinkt nie unter 39 Grad.
    Ich erinnere mich nur an Bruchstücke aus diesen Tagen. Johan und Sigge kommen am Vormittag. Wie ich weine, wenn ich Sigge neben mir im Krankenhausbett haben darf. Wie ich weine, wenn sie mich am Nachmittag verlassen. Die schlaflosen Nächte. Meine Todesangst, als ich spüre, dass sogar die Ärzte sich Sorgen machen. Niemand kann etwas Genaues sagen. Und dann das ständige Fieber, das mich verrückt macht. Ich sage zu Johan, was für ein Hohn, dass ich jetzt sterben muss, wo ich endlich Sigge bekommen habe. Er versucht mich zu trösten, aber ich sehe, dass auch er beunruhigt ist.
    Schließlich bekomme ich die Abstilltablette, um die ich gebeten habe. Allmählich versiegt die Milch, aber die Brüste sind immer noch hart und schmerzen. Es wird festgestellt, dass ich zu meiner Brustentzündung noch einen resistenten Krankenhauskeim bekommen habe, deshalb haben die Antibiotika nicht geholfen. Ich muss immer daran denken, dass ich den bestimmt von den harten Händen der Stilltanten bekommen habe, als sie mir in die Brustwarzen kniffen. Darüber können wir sogar ein wenig lachen, Johan und ich.
    Wie sehr ich mich von ihm im Stich gelassen fühlte, kann ich mir selbst nicht eingestehen. Das stecke ich ganz tief weg, und es dauert zehn Monate, bis ich überhaupt wage, darüber zu reden. Ich erzähle niemandem, was ich erlebt habe. Ich verwende Johans Version, sage, dass er und Sigge nicht im Krankenhaus bleiben konnten, weil es zu anstrengend war, dass es besser für Sigge und auch für mich war, dass sie zu Hause schliefen.
    Nach einer Woche können wir nach Hause, und es ist ein Segen, endlich kein Fieber mehr zu haben. Sigge trinkt aus der Flasche, und Johan und ich können uns das Füttern teilen. Ich bin nicht mehr okkupiert, und die Liebe zu meinem Mausebaby kann wachsen, befreit von Krankheit, Schweißausbrüchen und Milchfluss. Ich kann sogar etwas Schlaf nachholen, weil wir uns die Nächte teilen. Die Flasche und der Muttermilchersatz sind meine Befreier, und überglücklich beginne ich, das Leben zurückzuerobern. Johan hingegen ist gestresst. Während ich krank war, musste er alle Termine absagen, und jetzt muss er die verlorene Zeit wieder einholen.
    Ich verspüre eine unausgesprochene Schuldzuweisung, dass Johan nicht wie geplant arbeiten konnte. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber das Gefühl ist da, und ich protestiere nicht, als er, kaum dass wir zu Hause sind, wieder zu arbeiten anfängt.
    Erst hinterher wird mir bewusst, wie merkwürdig es ist, dass wir nicht erst einmal innegehalten und eine Pause gemacht haben. Uns erholt haben.
    Die Tage vergehen, und meine Krankheit wird zu einer Geschichte, über die wir uns gruseln können. Fast mit Wohlbehagen. Wir lachen unter Tränen, als wir hören, dass meine ehemalige Erzieherin Cattis in der freikirchlichen Gemeinde in unserer Heimatstadt Västerås darum bat, für uns zu beten. Sie haben gebetet, dass die kranke Mutter wieder mit ihrem neugeborenen Kind vereint wird. Dass die kleine Familie wieder nach Hause kann.
    Es ist, als ob das Ganze jemand anderem passiert wäre. Einer Frau, die ich nicht

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