Bittersuess
werden?
Aber die Angst ist nicht das alleinige Gefühl, bei weitem nicht. Ich bin – traurig. Anders kann ich es nicht sagen und mich packt eine große Wehmut. Ich werde Nicolas nicht wieder sehen. Und das tut sogar richtig fies weh.
„Stella!“, er klopft ungeduldig an die Badtüre. „Komm jetzt!“
Ich laufe schnell hinaus und er nimmt meine Hand.
„Los“, sagt er nur knapp und führt mich zu einem Auto.
Eigentlich hätte ich erwartet, dass er mir die Augen verbindet, aber nichts von alledem passiert.
Ich klettere auf den Beifahrersitz eines Jeeps. Zum ersten Mal sehe ich die kleine Hütte, in der ich gefangen gehalten worden bin, von außen. Doch es ist stockdunkel und ich kann nur Umrisse erkennen.
Nicolas setzt sich rasch auf den Fahrersitz und startet den Motor.
Ich mustere ihn von der Seite, sein Gesicht wirkt hochkonzentriert. Seine Anspannung ist greifbar, als er mit mir durch den Wald fährt.
Ich muss ihn immer wieder anschauen, bin erneut fasziniert von seinem Aussehen, ich versuche mir jedes Detail von ihm einzuprägen, falls…
Ein dicker Kloß setzt sich in meinem Hals fest und Verzweiflung macht sich immer mehr in mir breit. Ist das hier wirklich das Ende für Nicolas und mich?
I ch muss jede Sekunde auskosten, die ich noch bei ihm sein kann, aber die Angst vor dem Verlust nimmt mir jetzt fast den Atem.
Er schaut kurz zu mir herüber. „Hey, alles klar?“, fragt er mich. Ich kann den Ausdruck in seinen Augen nicht erkennen, dafür ist es zu dunkel im Auto.
Ich kann nicht antworten. Nein, es ist nicht alles klar, überhaupt nichts ist klar.
Ich bin traurig , ich habe Angst ihn nie mehr wieder zu sehen. Aber das kann ich ihm nicht sagen, das traue ich mich einfach nicht.
Nicolas greift nach meiner Hand und führt sie an seine Lippen. Zärtlich küsst er meine Fingerspitzen. „Bald bist du frei“, sagt er und seine Stimme klingt ganz rau.
Ich bleibe stumm , mir fehlen einfach die Worte, stattdessen schlucke ich nur heftig.
Nach einer halben Stunde hält er an und ich schaue fragend zu ihm hin. Wir sind immer noch im Wald. Will er mich hier etwa rauslassen?
Ich allein im dunklen Wald – keine angenehme Vorstellung. Doch das Gefühl schiebe ich schnell weg. Noch ist er ja bei mir.
„Bitte steig aus“, sagt er nur. Er macht den Motor aus, lässt die Scheinwerfer aber an – ein wütendes Piepen erklingt.
Er geht vors Auto und wir bleiben im Lichtkegel des Jeeps stehen.
„Pass auf“, beginnt er leise. „Siehst du den Weg?“, er deutet auf den Boden.
Ich nicke nur.
„Ich gebe dir eine Taschenlampe mit. Du musst dem Weg folgen. Der Wald ist bald zu Ende, dann kommst du auf eine Straße, du gehst nach rechts. Etwa nach einer halben Stunde gelangst du in eine kleine Stadt. Folge der Hauptstraße und hinter einer Tankstelle biegst du rechts ab. Dort ist eine Polizeistation. Hast du mich verstanden?“
„Ja“, krächze ich.
„Gut“, er lächelt mich an. Es ist ein wehmütiges Lächeln. Dann räuspert er sich und seine Stimme klingt ganz heiser.
„Ich werde dich vermissen, Stella Reimann“, sagt er leise und schaut scheu auf den Boden. „Aber das willst du vermutlich nicht hören…“
„Doch“, sage ich nur und die ersten Tränen kullern über mein Gesicht. „Denn mir wird e s genauso gehen…“
Er sieht mich verblüfft an, dann schüttelt er den Kopf und lacht bitter auf. „Ist das nicht verrückt?“
„Vielle icht“, antworte ich schluchzend.
„Bitte wein doch nicht“, seine Stimme ist ebenfalls ganz belegt. „Bitte nicht“, flüstert er.
Dann zieht er mich in seine Arme und ich kralle mich regelrecht an ihm fest.
„Stella“, immer wieder murmelt er meinen Namen, ich spüre, wie er kleine Küsse auf meinen Nacken haucht. Ich drehe mein Gesicht zu ihm, wir schauen uns kurz in die Augen und dann passiert es. Fast schon verzweifelt treffen unsere Lippen aufeinander, er presst mich noch stärker an sich. Ich öffne wie von selbst meinen Mund, spüre ihn, spüre die Leidenschaft, mit der er mich küsst. Wenn er mich nicht halten würde, meine Beine würden wegsacken, so stark ist dieses Gefühl, so unglaublich. Er reißt mich mit, weit weg vom Hier und Jetzt.
„Nicolas“, flüstere ich heiser in seinen Mund, wieder küssen wir uns, unsere Zunge n umspielen, necken sich und ich kann gar nicht genug bekommen von ihm, seinem Geschmack, seinem Geruch. Ich nehme nur noch ihn wahr, will nur noch ihn. Mein Körper hat sich schon lange
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