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Bittersuess

Bittersuess

Titel: Bittersuess Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ki-Ela Stories
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in die Luft. Dann packt mich so eine Wut auf diesen verdammten Mistkerl, dass ich das Schmuckstück an die Wand schmeiße. Zuerst beachte ich es gar nicht mehr und vertiefe mich wieder in meine Unterlagen. Erst als ich nach einer Stunde auf die Toilette gehe, sehe ich, dass es aufgesprungen ist.
    Es waren ja nur Platzhalter an der Stelle von Bildern drin, eines dieser kleinen weißen Papierstücke ist hinausgefallen.
    Ich bekomme ein schlechtes Gewissen. Hab ich das Medaillon jetzt kaputtgemacht? Schnell hebe ich es auf und gehe damit zu meinem Schreibtisch.
    ‚Oh Gott, nein’ , durchfährt es mich, ich wollte es nicht zerstören. Das war bestimmt ein Familienerbstück oder so was. Ängstlich gucke ich es mir genauer an, dann sehe ich, dass noch etwas darin ist. Und zwar dort, wo vorher der Platzhalter für das Foto war, ist ein ganz klein zusammengefalteter Zettel, der offenbar dahinter versteckt war. Warum auch immer. Mit zitternden Händen falte ich das Papier auseinander, es ist kleiner als eine Visitenkarte. Es steht etwas darauf, mir stockt der Atem.
    Es ist eine Adresse.
    Eine Adresse in Argentinien.

8

    Mein Herz überschlägt sich gerade und mein Atem geht immer schneller. Das ist seine Adresse, oder?
    ‚Nein, das ist die Adresse der Präsidentin’ , schimpfe ich mit mir selbst.
    Aber warum hat er sie hier hereingelegt? Ich zittere richtig.
    ‚Warum wohl? Was denkst du denn?’
    Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück, muss das alles erstmal verdauen. Er will also gefunden werden – von mir.
    Aber warum macht er es so kompliziert? Ein Anruf hier in Berlin hätte doch genügt.
    Ich finde keine Erklärung dafür, ich weiß nur eines : Wenn ich nicht zu dieser Adresse fahre, werde ich keine Ruhe finden und die Grübeleien werden mich restlos in den Wahnsinn treiben.
    Auch wenn ich nur dorthin gehe um ihm an den Kopf zu knallen, was für ein Idiot er ist – ich muss dahin, sonst werde ich den Rest meines Lebens darüber sinnieren, warum er so gehandelt hat.

    Ich beginne zu googlen, gebe die Adresse ein. Ich lese etwas von Gauchos, Pampa, großen Rinderzuchten, mildem Klima, fruchtbaren Böden. Und ich finde auch die Pferdezucht der Molinas. Sie liegt etwa sechshundert Kilometer von Buenos Aires entfernt, es wird ein wenig beschwerlich sein, dorthin zu gelangen, aber das ist mir egal. Ich brauche noch nicht einmal ein Visum – wie praktisch.

    Mein Entschluss steht also fest – und ich bin das erste Mal in den endlosen Wochen nach meiner Freilassung ruhig, seltsam ruhig. Es wird schwer werden meine Eltern davon zu überzeugen, dass ich weg muss – und das auch noch allein - aber sie werden es verstehen müssen.
    Nur bei der Sprache bin ich etwas nervös. Ich kann zwar spanisch, ich lerne es nebenher zu meinem Studium, weil die Firma meines Vaters Niederlassungen in Spanien und Mexiko hat, aber in Argentinien wird sicherlich anders gesprochen. Doch auch das soll mich erstmal nicht schrecken. Ich werde das schon irgendwie schaffen.

    Ich stehe am nächsten Tag sehr früh auf und fahre zeitig zur Villa meiner Eltern. Sie schauen mich verwundert an, als ich mit einem Strahlen im Gesicht zu ihnen an den Frühstückstisch komme.
    „ Gibt es einen bestimmten Grund für deine gute Laune?“, fragt mein Vater mich schmunzelnd.
    „Ich werde verreisen. Ich weiß nicht , wie lange“, erkläre ich ihm.
    „Aha“, er runzelt die Stirn. „Und warum und wohin, wenn ich fragen darf? Du bist mitten im Semester…“
    „Was ist denn das jetzt für eine Marotte?“, meine Mutter verzieht missmutig das Gesicht.
    „Ich muss mir über etwas klar werden. Und ich werde auf jeden Fall fahren, sobald es möglich ist“, füge ich noch an. „Ich möchte euch das nur mitteilen, mein Entschluss steht fest.“
    „Moment mal, Stella“, mein Vater faltet seine Zeitung zusammen und eine steile Falte bildet sich auf seiner Stirn, ein sicheres Zeichen dafür, dass er dies nicht so hinnehmen wird. „So einfach ist das nicht.“
    „Oh doch, es ist ganz einfach. Sieh es als eine Art Auszeit an.“
    „Was soll das jetzt?“
    „Wieso? Ich finde die Idee cool“, mischt sich Jonas ein. Jonas – mein Fels in der Brandung in den letzten Wochen.
    „Cool, cool“, blafft meine Mutter ihn an. „Was ist daran cool? Und wo willst du überhaupt hin? Und wie lange?“, wendet sie sich dann an mich.
    „Das kann ich euch nicht sagen. Ich werde mich aber melden“, versichere ich ihnen.
    „Na – wie nett!“, mein Vater ist kurz vorm

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