BitterSueß
schnaubend auf und zog mich in Windeseile an.
An der Tür schrie ich: »Du egoistischer, ignoranter BLÖDMANN!« Scheißkerl, hatte ich eigentlich sagen wollen, doch dafür war ich noch zu wohlerzogen. Ich zitterte ohnehin am ganzen Leibe wie Espenlaub, so heftig war für mich ein solcher Ausbruch, ich, die ich in einer so idiotisch harmoniesüchtigen Familie großgeworden war.
Aber immerhin.
Ich hatte ETWAS gesagt. Gut gebrüllt, Löwin. Für den Anfang.
Ohne ein weiteres Wort schmetterte ich die Tür zu, und das war der Abschluss meines ONS mit dem lockenköpfigen Poeten Manfred. Und vermutlich auch das Ende meiner »Freundschaft« mit ihm.
Mir war nun endgültig klar: So ging es mit mir nicht weiter, in erotischer Hinsicht. Sonst würde ich mehr und mehr zum Tantalus werden, verdammt. Zu einer Tantalusine. Ich hatte schon manchmal echt den Eindruck, als hätte ich ein geheimes Verbrechen begangen, für das ich von den Göttern der Lust und der erotischen Erfüllung bestraft wurde.
Wie, um alles in der Welt, konnte ich erlöst werden?
½ Perlfarbene Dämmerung — es wird langsam hell
22. November 2002
Zwischen meiner letzten Tagebuchnotiz und dieser hier klafft eine ziemliche zeitliche Lücke. Kein Wunder. Nach dem frustrierenden – wenn auch sehr lehrreichen – Erlebnis mit Manfred (von dem ich tatsächlich seitdem nichts mehr gehört habe, worüber ich auch froh bin) war ich erstmal dabei, mich zusammenzusetzen; und genaugenommen bin ich immer noch damit beschäftigt.
Außerdem bin ich überhaupt unzufrieden mit meinem Leben.
Ich mag den Job nicht mehr, fühle mich unwohl beim Projekt – selbst ACWs erotische gefärbte Sticheleien muntern mich kaum noch auf – und der Rest? Mittlerweile hab ich es auch satt, eine Single-Frau mit Katze zu sein. wobei das nicht heißen soll, dass ich eine Zweierkiste mit Mann anfangen will! Nee, bloß nicht. Jedenfalls kaum, solange ich ohne richtige sexuelle Identität bin. In erotischer Hinsicht habe ich den Eindruck, staatenlos zu sein. Ob es anderen auch so geht?
Mir kommt es eher so vor, als ob um mich herum alle Leute über sich Bescheid wissen, jedenfalls was DAS angeht; ob sie hetero, schwul, monogam, lesbisch sind, gern in offenen Beziehungen leben oder altmodisch ehelich – ja, und wenn ich mir das so betrachte, fühle ich mich unzulänglich, auf unangenehme Weise andersartig, und ich geniere mich.
Noch vor einer Weile hätte ich mir vorstellen können, mit Alpha zusammenzuziehen. Aber seit sie Murana endgültig hinausgeekelt hat aus dem Weibernest, ist meine Zuneigung zu Alpha doch sehr abgekühlt. Und trotzdem stelle ich mir die Welt ohne sie trostlos vor. Komisch! Ich bin hin- und hergerissen. Ich wünschte, das würde mal aufhören.
Was WAR eigentlich so Schreckliches passiert in dem Moment, da ich endlich mal den Mund aufgemacht hatte, um Manfred zu sagen, was ich mir von ihm wünschte?! Ich tastete mich in Gedanken behutsam an die Sache heran, fuhr aber immer wieder wie von der Tarantel gestochen zurück. ich meine, die Erinnerung an dieses grässliche Gefühl, blamiert zu sein und nackter noch als nackt vor dem anderen zu stehen bzw. zu liegen, und der mustert dich nur verächtlich …! Und DANN brauchte ich mir nur vorzustellen, wie Alpha reagieren würde, wenn ich ihr davon erzählte, von meinem »Fass mich härter an« und dass ich das auch genau so gemeint hatte! O NEIN. War ich innerlich bereits drei Meter tief im Erdboden versunken, als ich Manfred das sagte, so sackte ich in die Nähe des feuerflüssigen Erdinneren, wenn ich mir diese Szene auch nur annähernd ausmalte. Alphas vor Abscheu verzerrte Gesichtszüge. Würde sie mich KRANK nennen oder noch etwas Schlimmeres?
Das war der Moment, in dem mir bewusst wurde, dass ich beständig eine Art Alpha-Schere im Kopf hatte. Und dass mir das gar nicht gut tat. Ich meine, ich bezeichnete Alpha immer noch als meine beste Freundin. Und ich wagte nicht, ihr wirklich zu offenbaren, was in mir vorging??? Konnte so jemand meine beste Freundin sein? Da stimmte doch was nicht. Ich ließ mich von ihr beeinflussen, schon lange. Doch jetzt war es nicht mehr gut. Egal, was für tolle Zeiten wir miteinander verbracht hatten – jetzt gefiel es mir nicht mehr, wie sie versuchte mich zu manipulieren und mich dazu zu bringen, eine nach ihrem Muster gestrickte Feministin zu sein.
Hm, so mutig kann ich nur in meinem Tagebuch sein. Diese Worte klingen ahnungsvoll nach Trennung, und soweit bin ich im REALEN wohl
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