BitterSueß
ist es wichtig, das zu Papier zu bringen, was ich soeben erlebt habe, obwohl es ja im Grunde nur eine KLEINIGKEIT war.
»Ah, Janet. Genau das hatte ich gehofft«, sagte die Frau mit ihrer angenehmen, rauen Stimme.
Ich schaute sie fragend an.
»Dass ich dich allein antreffen würde«, erklärte sie. »Ich habe ein Abschiedsgeschenk für dich.«
»Das heißt, du gehst? Und wirst nicht mehr im Weibernest vorbeischauen?«
Sie nickte. »So ist es. – Du erinnerst dich, was ich letztes Mal zu dir sagte?«
»Du sagtest, ich gehöre nicht hierher.« Meine Stimme war auf einmal heiser.
»Ja. Wenn du mich einmal wiedersehen möchtest, komm ins Purple Velvet and Black Moon nach Weinheim, da bin ich häufiger. Und das hier habe ich für dich kopiert. Lies es, vielleicht findest du etwas darin, was …« Murana unterbrach sich, da in diesem Augenblick Alpha wie aus dem Nichts erschien und sie finster anstarrte.
Pantherhaft lautlos war meine Leib-und-Magenfreundin aus den Schatten der hinteren Räumlichkeiten herausgewachsen, und zum ersten Mal verfluchte ich ihre Fähigkeit, sich derart zu nähern, und auch die Tatsache, dass sie jetzt, in diesem Augenblick, auftauchte.
Aber Murana ließ sich kaum für den Bruchteil einer Sekunde aus dem Konzept bringen.
Sie reichte mir eine aus einem Magazin kopierte Seite. HIEBFEST, war offenbar der Name dieser Zeitschrift. Ich schaute auf ihre Hand; zum ersten Mal fiel mir auf, was für einen eigenartigen Ring sie an ihrer Linken trug. Ein zweites Ringlein war an dem breiten Fingerreif befestigt …
»He du, verschwinde!«, zischte Alpha die in Leder gekleidete Frau an.
»Ich wollte ohnehin gehen«, gab Murana ruhig zurück.
Ich spürte ein leises feuriges Klopfen in meinen Lenden … mein Gesicht glühte … im nächsten Moment fühlte ich mich von Murana umarmt, und sie gab mir drei Küsschen auf die Wangen, auf französische Art.
Dann trat sie einen Schritt zurück, lächelte ironisch auf mich herab und verschwand.
Und schon war Alpha da und wollte mir das Blatt Papier aus der Hand nehmen.
Ich wehrte mich.
»Was hat sie dir gegeben, was?«, schleuderte Alpha mir entgegen, sie schwankte, roch nach Knoblauch, Anis und abgestandenem Bier.
»Das geht dich gar nichts an«, gab ich kühl zurück.
Und mehr sagte ich nicht zu meiner besoffenen Freundin.
Ich ging heim.
Und nun liegt das kopierte Blatt vor mir und schon beim ersten flüchtigen Überfliegen lodert es in mir, und ich denke: Wie ist das möglich? Wie kann Murana so viel von mir wissen oder erahnen?
»Filme mit guten Auspeitschungen gab es praktisch nicht, als ich ein Kind war. Dafür so einige mit »schlechten« Folterszenen, also solchen, die mein Kopfkino nur sehr marginal bedienten. Meist waren es Männer, auf hoher See zum Beispiel, die gepeitscht wurden, oder, wenn mein forschendes Auge Frauen fand so wie in grottengrausigen Hexenfilmen, dann verhielten die sich nicht tapfer. Egal. Ich konnte ja nachts, im Bett, die Augen schließen und den Film einfach nochmal neu entstehen lassen, diesmal mit einer tapferen jungen Hexe in der Hauptrolle oder einem wagemutigen Mädchen, verkleidet als Schiffsjunge.
Zelluloid-Träume während meines kindlichen »Schlafes« …
Dann kam die Zeit des Erwachens, spät übrigens, sehr spät – eigentlich war ich schon längst erwachsen, aber noch nicht reif genug, um mich zu meiner Neigung zu bekennen – im Grunde also doch noch nicht erwachsen.
Passend dazu beeinflusste mich die »Buffy – die Vampirjägerin«-Serie – ich war bereits 33 oder 34, als sie im Fernsehen lief, Samstagnachmittag gegen 17 Uhr. Ich WAR also selbst wirklich wie ein Teenager, mit nie erlahmender Begeisterung zog ich mir diese erregende Serie rein, sehr zum Befremden meiner näheren Umgebung. Doch das war ich schon gewöhnt, schon seit Kindertagen, weil ich mir keine Mädchenfilme ansah, sondern immer Western, SF, Abenteuerfilme. Schließlich spielte ich ja auch am liebsten mit Jungs, als ich ein Kind war, und zwar wilde Indianerspiele, was sonst.
Ach ja, vor »Buffy« hatte es ein paar Sequenzen aus der Star Trek Serie »Deep Space 9« gegeben, und zwar vor allem die, welche im so genannten Spiegel-Universum spielten: die bizarren, SM-angehauchten und zum Teil witzigen Szenen gefielen mir ausgesprochen gut, zumal die Schauspieler ihre dunkle Seite mit totaler Lust auslebten, das war deutlich spürbar.
An »Buffy« faszinierten mich nicht nur wirkliche SM-Elemente: der Blick von Buffys Mutter,
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