BitterSueß
Richtigstellung. Ich hätte empört äußern können, dass meiner Meinung nach in Wahrheit ACW mit seinen Manipulationen, seinen Verzögerungen und seiner eiskalten Art zur Unzufriedenheit des Kunden beigetragen hatte – und nicht zuletzt Andy Young geradezu zermürbt hatte, so dass der krank werden MUSSTE …
Nichts von alledem gab ich von mir.
Stattdessen lehnte ich mich zurück und sah den Superchef so kühl wie möglich an, obwohl mein Herz leicht klopfte. Denn wirkte »der Q.« nicht so, als hätte er noch irgendetwas auf Lager, als würde er noch eine Bombe platzen lassen?
Obenhin und wie gleichgültig meinte ich nur: »So so, dann muss ich mir wohl einen neuen Job suchen zum Anfang des neuen Jahres. Wird das Projekt bis Ende Dezember abgewickelt?«
»Ja«, antwortete er, und seine haselnussfarbigen Augen leuchteten auf, als er sich zu mir hinüberbeugte und mit warmer Stimme hinzufügte: »Aber wissen Sie, wir haben uns da etwas überlegt und möchten Ihnen etwas anbieten. Sie haben sich, wie ich schon neulich äußerte, als Sekretärin bei QUASI sehr bewährt, und wir wollen Sie behalten. Ein anspruchsvoller und schöner Job bei einem Hauptabteilungsleiter in unserer Zentrale wartet auf Sie. Eine junge Dame mit Ihren Fähigkeiten, Ihrer Diskretion und Loyalität können wir sehr gut einsetzen. Nun, Frau S., was halten Sie davon?«
Sprachlos starrte ich ihn an. Damit hatte ich wahrhaftig nicht gerechnet.
»Der Q.« merkte natürlich, dass ich vollkommen überrascht war, und er lächelte mich an – fast ein wenig selbstzufrieden. Das verdross mich schon wieder; ich ließ mir aber nichts anmerken, sondern suchte nach ein paar Worten. »Sie … Sie meinen, in Festanstellung?«
Direkt ärgerte ich mich über mich selbst und hätte gern ein bisschen cooler und souveräner reagiert. Schnell schoss ich ein: »Wenn ja, dann müsste ich also meinen Status als freie Mitarbeiterin aufgeben?« hinterher.
»Das ist richtig, doch bedenken Sie die vielen Vorteile: unbefristete Anstellung, Fortbildung auf Kosten des Arbeitgebers, solide Karrierechancen und sämtliche Sozialleistungen eines Weltkonzerns«, schwärmte »der Q.«
Einen Augenblick schwieg ich; dann gab ich mir einen Ruck und antwortete: »Ich freue mich über Ihr Angebot und betrachte es erst einmal als echte Anerkennung für meine Arbeit. Mir wäre es aber recht, Bedenkzeit zu bekommen.« Wenigstens diese Sätze kamen wieder ganz ruhig raus, nicht etwa zittrig.
»Selbstverständlich!« Die Stimme des »Q.« klang unvermindert herzlich.
In der Teeküche des Kunden betrachtete ich einen älteren, zum Großteil schon in Stücke und Krümel zerfallenen Kuchen und fand, dass der geradezu ein Sinnbild für das Projekt war. Und nicht nur für QUASI – nein, auch das Weibernest entdeckte ich symbolisch in dem Gebäck. Wie eigenartig, dass beides zur gleichen Zeit zu Bruch zu gehen schien … ich gab dem Frauencafé kaum noch Chancen, auch wenn ich innerlich darum weinte. Dieser ewige Kampf wie gegen Windmühlenflügel, die mangelnde Resonanz, die schon chronisch war, der zuweilen lächerliche Idealismus, mit dem sich ein paar von uns noch immer daran klammerten …! Einige hatten das Kollektiv fast sang- und klanglos verlassen, was ich als besonders schlechtes Zeichen wertete.
Hm, und eins stand fest: Wenn ich das – materiell sicherlich tolle – Angebot des »Q.« annahm, dann würde ich als Kassenfrau praktisch gar keine Zeit mehr für das Café haben. Es war ja schon schwierig genug, zwischen Mannheim und Frankfurt zu pendeln, wenn ich Pendlerin zwischen Mannheim und Stuttgart wäre, würde mich das zeitlich total einengen.
Aber das Weibernest geht eh zugrunde, flüsterte eine Stimme in mir, es hat keine Zukunft mehr – DAS also wird kein Grund sein, etwa nicht nach Stuttgart zu gehen.
Ich überlegte hin und her. Das würde vermutlich in nächster Zeit meine Hauptbeschäftigung sein; dabei konnte ich mir wahrhaftig Erregenderes vorstellen!
Da ich – wieder einmal – keinerlei Lust verspürte, ins Café zu gehen an diesem Abend, nahm ich freudig eine Einladung von Jason, dem Verleger, an, mit ihm zusammen ein kleines Szene-Theater zu besuchen. Und genau da begegnete ich, nein, erlebte ich zum ersten Mal Marie-Louise. Was für ein Glück!
Sie war eine alte Bekannte von r Jason, der sich über meine Begeisterung sehr freute. Schon während der Aufführung war sie mir aufgefallen, denn sie hatte eine kleine Rolle in dem Stück mit dem Titel
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