Bittersueße Liebe
Veranstalter zugeschickt bekommen hatte, hätten sie den Stand wohl gar nicht gefunden. Der ihnen zugewiesene Bereich war größer, als Kassandra gedacht hatte.
„Kessi hast du mal wieder nicht zugehört? Du hockst hier vor dem großen Plakat. Das Ganze links von dir ist Verkaufsfläche für die Fanartikel. Das machen aber nicht wir, dafür hat der Verlag eigene Leute geschickt. Du musst nur hier sitzen, gut aussehen, alles signieren, was dir hingehalten wird, und gute Laune verbreiten. Kriegst du das hin?“, fragte Sylvia, während sie den Arbeitern beim Aufbauen half.
„Hoff‘ ich doch mal“, nuschelte Kassandra vor sich hin, dann setzte sie sich auf einen Hocker. Gedankenverloren betrachtete sie das große Plakat neben sich an der Wand. „Illona – Chronik einer Göttin“, schrie es einem mit blutroten Buchstaben entgegen. Das Bild an sich war in grau und schwarz gehalten; der Boden war unter Nebel verborgen, der Himmel unter düsteren Wolken. Am Horizont sah man eine Gebirgskette. Im Vordergrund stand eine Kriegerin, auf ein Schwert gestützt. Hörner zierten ihren Kopf, schwarze Drachenschwingen ihren Rücken. Ihr Gesicht wurde größtenteils von einer Maske verborgen, die sehr an die alten, venezianischen Karnevalsmasken erinnerte. Die zerzausten schwarzen Haare der Kriegerin wehten im Wind, ebenso der rüschenverzierte Minirock. Ja, das Outfit hatte Kassandra gut ausgesucht, es sah fast genau so aus wie bei dem Model auf dem Bild. Es stand ihr zwar bei Weitem nicht so gut, aber sie war ja auch nur die Autorin.
Kassandras Outfit kam bei den Besuchern erstaunlich gut an. Die Leute rissen sich geradezu darum, sich mit ihr zusammen fotografieren zu lassen. Die Fanartikel gingen weg wie warme Semmeln, und kaum hatte Kassandra ein Buch signiert wurde ihr schon das nächste unter die Nase gehalten. Einerseits freute sie sich über diesen Ansturm und genoss die Aufmerksamkeit, aber andererseits war sie unruhig und hatte schwitzige Hände. Die Handtasche mit den DVDs schien ihr langsam den Arm abschneiden zu wollen, dabei wog sie doch kaum etwas. Sie fluchte innerlich. Warum ging sie nicht einfach los, ließ ihre Sammlung signieren, ein nettes Foto mit Mark aufnehmen und verschwand dann wieder?
„Hey, Kassandra?“, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Vor ihr stand ein hagerer junger Mann mit kurz geschorenen, blonden Haaren und einer typischen Nerd-Brille auf der Nase. Erst schaute Kassandra ihn irritiert an, dann nahm sie schnell das Buch, das er ihr entgegenhielt, und signierte es.
„Moment warst du nicht gestern schon beim Hotel und hast dir ein Buch von mir signieren lassen?“, fragte sie. Er nickt begeistert.
„Ja Kassandra, dieses hier wollte ich meiner Freundin schenken und habe es gestern vergessen! Danke dir! Du bist echt die Beste!“, freute er sich, dann nahm er das Buch und verschwand wieder in der Menge. Kassandra wusste nicht genau was, aber irgendwas an diesem Kerl kam ihr komisch vor. Doch bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, zog Sylvia sie zur Seite.
„Nun schnapp dir endlich deine DVDs und geh. Du bist überhaupt nicht bei der Sache!“, tadelte sie und drückte ihr die Karte mit der Übersicht in die Hand. Erst zögerte Kassandra kurz, doch dann zog sie lächelnd die DVDs aus ihrer Tasche, schaute kurz auf die Karte und lief los.
Mit weichen Knien ging Kassandra langsam durch die Halle, in die Richtung, wo sich der riesige Stand der berühmten Fantasyserie „Quer durch die Zeit“ befand. Ihr Herz schlug bis zum Hals, sie kam sich lächerlich vor in ihrem Kostüm und mit ihrem Geschwärme für einen Schauspieler, wo sie doch schon über zwanzig war. Gerade als sie darüber nachdachte einfach umzukehren, sah sie ihn. Verfolgt von einer aufgeregt durcheinander quasselnden Gruppe Fans kam er ihr entgegen; Mark Anderson. Als sie sah, was er in den Händen hielt, blieb sie abrupt stehen. Das war ihr Buch. Mark Anderson kam ihr gerade entgegen, verfolgt von einer Gruppe Fans mit ihrem Buch in der Hand. Fasziniert starrte sie ihm entgegen. In der Realität war er noch viel hübscher und charismatischer als im Fernsehen oder auf Fotos. Er war nicht kostümiert, er trug ein schlichtes schwarzes T-Shirt und eine Jeans.
„Kessi, bleib bloß cool“, flüsterte Kassandra vor sich hin, als Mark sie entdeckt hatte, und setzte ein Lächeln auf. Als er erkannte, was sie in den Händen hielt, lachte er.
„Hey, genau zu dir wollte ich gerade!“, rief er ihr entgegen, als
Weitere Kostenlose Bücher