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Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic

Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic

Titel: Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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blickte auf, sobald sich mein Schwindelgefühl einigermaßen gelegt hatte.
    Drei Personen standen vor meinem auf einmal ziemlich dünn und zerbrechlich wirkenden Mini-Bannkreis.
    Dr. Craig sah nicht viel anders aus als sonst, wenn man ihm in der Klinik über den Weg lief: Tweedhose, weißer Arztkittel, Stethoskop um den Hals, gelber Notizblock unter dem Arm. Aus dem Meer seiner grauen Locken ragte wie ein bleicher Felsen sein kahler Schädel, und seine Henkelohren stachen beiderseits aus dem Salz-und-Pfeffer-Gebüsch. Seltsam war lediglich der orangerote Fellumhang, den er trug und der mit einer dicken Goldkette um seinen Hals befestigt war. Irre. Er sah aus, als würde er sich um die Hauptrolle in der neuen Serie »Dr. Cave – der Arzt, dem die Neandertaler vertrauen« bewerben. Es war alles andere als ein Look, der zu ihm passte. Auch verriet die Tatsache, dass er hier war und nicht in einer mit Silber verkleideten Gefängniszelle hockte, dass Hugh offenbar noch nicht mitgekriegt hatte, wer hier der Bösewicht war. Kacke.
    Neben ihm stand, wie eine Wurst in einer zu engen Pelle, eine pummelige Schwester in weißer Schwesterntracht. Ihr bauernbrotbrauner Haarknoten sah aus, als wäre er an ihren Schädel getackert worden, und ihr Gesicht wirkte, als ob noch nie ein Lächeln die grausamen Züge verunziert hätte.
    Gut zu wissen, dass ihm seine eigene, ganz persönliche Oberschwester Ratched zur Verfügung stand.
    Hinter den beiden stand ein Faeling, bei dem es sich nur um Nicky handeln konnte. Zierliche Hufe schauten unter dem Saum ihres langen weißen Nachthemds hervor. Ihre Züge waren eine sanftere Version von Helens hochmütig-aristokratischen. Zwei spitze Hörner ragten gut fünfzehn Zentimeter aus ihrem Haar – das wahrhaftig die Krönung ihrer ganzen Erscheinung war: In dichten, dunkelblonden, glänzenden Wellen fiel es ihr bis fast zur Hüfte – genau dieselbe Farbe wie Finns Haare in seiner wahren Gestalt. Bei ihrem Anblick zog es mir das Herz zusammen. Sie sollte nicht hier sein. Sie sollte bei ihrem Vater sein, in Sicherheit.
    Auf ihrem Gesicht klebte dasselbe breite, leere, unheimliche Stepford-Lächeln wie auf den Gesichtern der anderen Faelinge in den Betten. Ich schaute hin, konnte aber immer noch keinen Zauber entdecken, der dafür verantwortlich sein könnte.
    »Hallo, Genny«, sagte Dr. Craig munter, ganz als würde ich nicht wie eine verschreckte Babyschildkröte vor ihm kauern, »ich hatte gehofft, Sie bald zu sehen. Eigentlich sogar schon ein wenig früher.«
    »Ja, ist was dazwischengekommen«, bemerkte ich zynisch.
    »Craig«, rief Helen herrisch vom anderen Ende des düsteren Saals, »auf ein Wort!«
    Dr. Craig wandte sich um und musterte sie einen Moment lang. »Ah, Helen, freut mich zu sehen, dass dich das Wohlergehen deiner Tochter bewogen hat, wieder aufzutauchen.« Ich erhaschte einen Blick auf ihr wutentbranntes Gesicht, das mich zornesrot anfunkelte. Hinter ihr kauerte ein besorgt dreinblickender Jack. Als er meinen Blick auffing, zuckte er hilflos mit den Schultern. Ich guckte böse. Ich hatte ihn doch gebeten, sie da rauszuhalten. Ein paar Bewegungen zogen meine Aufmerksamkeit auf die Betten und ihre Insassinnen. Zwei andere Krankenschwestern gingen von Bett zu Bett, um nach den Wöchnerinnen zu sehen, doch diese beachteten sie nicht. Die Hälse gereckt, spähten sie mit blöde lächelnden Gesichtern zu mir her.
    »Ich schlage einen Tausch vor, Craig«, rief Helen, »die Sidhe für meine Tochter. Ich habe ihr gesagt, was du von ihr willst, und sie ist einverstanden.«
    Lügnerin! Aber ich sagte vorerst nichts.
    Doch Craig schien offenbar derselben Meinung zu sein, denn er beachtete sie nicht weiter und drehte sich wieder zu mir um. Mit einem ebenso unheimlichen, wenn auch nicht so leeren Lächeln wie bei den Stepfords sagte er: »Genny, warum stehst du nicht auf, dann können wir uns in aller Ruhe unterhalten.« Er sagte es in der vollen Überzeugung, ich würde ihm gehorchen.
    Seltsam. Vielleicht dachte er ja, dass der Zauber, den er über die Stepfords verhängt hatte, wie immer der auch zustande kam, auch bei mir wirkte … aber ich konnte immer noch nichts sehen .
    Lächelnd sprach er weiter, und ich erkannte denselben Tonfall, den er auch bei seinen Patienten in der HOPE -Klinik benutzte. Ich tunte ihn aus und betrachtete seine Füße. Seine Schuhe mit den Gummisohlen waren etwa dreißig Zentimeter von meiner Nase entfernt. Zu weit, um sie zu packen … aber wenn ich mich auf

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