Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
genug?«, fragte er. »Also, hat’s Mutter Euch gesagt?«
»Meinst du das mit dem Fruchtbarkeitsfluch? Ja, das hat sie.«
Er holte tief Luft. »Und, habt Ihr ihn?«
Ich machte den Mund auf, um etwas zu sagen … und starrte ihn entsetzt an.
»Bei der Göttin«, stöhnte er und raufte sich das Blondhaar. »Sie hat versprochen, es Euch zu sagen, wenn Ihr mitmacht.«
Ich packte ihn am Pulli. »Mir was sagen?«
»Dass das Amulett mit einem Schutzzauber belegt ist«, sagte er und ballte die Fäuste, »ein Zauber, der dafür sorgt, dass jeder, der über den Fruchtbarkeitszauber Bescheid weiß, ihn nicht finden kann, nicht mal, wenn er ihn direkt anstarrt. Und man kann ihn ihr nicht mit Gewalt wegnehmen, das würde die Fruchtbarkeit zerstören.«
»Ja, ja, schon kapiert«, sagte ich ungehalten. So also hatte es das Miststück geschafft, das Amulett all die Zeit über zu behalten: Sie hatte es sozusagen vermint. Und es erklärte, warum niemand, weder die Göttinnen noch Tavish noch Malik, mit mir darüber reden konnten (ich verzieh ihnen sofort) und warum ich immer nur die vagesten Hinweise bekommen hatte.
Es erklärte auch, warum der Anhänger so seltsam geflirrt hatte und immer wieder vor meinen Augen verschwunden war, bevor es mir nach einem Dutzend Anläufen endlich gelungen war, ihn von Helens Hals abzunehmen. Und warum ich ihn nicht sehen konnte, obwohl er jetzt mir um den Hals hing – außer, wenn ich mich auf Helens traurige Erinnerung an Baby Jack konzentrierte. Aber Jack war Helens Sohn und der Vogel der Morrígan, deshalb behielt ich dies lieber für mich.
»Kacke«, brummelte ich. »Wie hat sie es bloß geschafft, einen derart komplizierten Zauber zu wirken? Das muss Jahre gedauert haben. Aber es muss einen Weg geben, den Anhänger zu kriegen.« Ich funkelte die leblos auf dem Steinboden liegende Helen böse an. »Das müssen an die hundert Zauber sein, die sie da um den Hals hängen und an den Fingern stecken hat.« Sich zu schmücken wie ein Weihnachtsbaum war also nichts weiter als Tarnung gewesen. »Es würde Tage dauern, die alle durchzugehen. Aber du könntest sie hier rausfliegen« – ich schaute Jack hoffnungsvoll an – »und sie zur Polizei bringen, und die …«
»Bedaure, Mylady, das kann ich nicht. Ich muss zuerst meine Schwester in Sicherheit bringen, das hat oberste Priorität. Und danach muss ich dem Befehl der Morrígan folgen und Euren Freund hierherbringen, sobald der Zeitzauber erschöpft ist.« Er berührte Helens Hand. Er sah auf einmal sehr jung aus. »Warum hat sie’s Euch nicht gesagt? Sie hat es mir doch versprochen.«
»Ah.« Ich schnitt eine Grimasse. »Nun ja. Ich hab nicht gesagt, dass ich mitmachen würde.«
»Nicht?« Er schaute mich verblüfft an.
»Ich konnte ihr mein Wort gar nicht geben.« Ich erklärte ihm die Sache mit dem Keuschheits-/Verhütungszauber.
Er ließ die Schultern hängen und schlang die Arme um seinen Oberkörper. Bedrückt dachte er nach. Ich überlegte derweil, ob ich einen der Schockzauber aus den Silberfesseln herbeirufen und ihm damit eins überbraten sollte, entschied dann aber, dass er mir mehr nützte, wenn er bei Bewusstsein blieb. Außerdem schien er mir ohnehin nicht zu der Sorte zu gehören, die die Initiative ergreifen, wenn die Dinge schiefgehen, sondern eher der Typ, der mitmacht und dann nicht mehr weiterweiß.
»Aber was ist mit meiner Schwester?«, fragte er schließlich bekümmert. »Ich habe Mutter mein Wort gegeben, ihr zu helfen. Wie soll ich sie in Sicherheit bringen, wenn ich Euch nicht gegen sie eintauschen kann?«
Ich stieß einen heimlichen Erleichterungsseufzer aus: Ich hatte mich nicht geirrt, was ihn betraf. »Also gut«, sagte ich zuversichtlich zu Jack (und auch, um mich selbst ein wenig zu ermuntern), »es ist noch nicht alles verloren. Ich habe einen Plan.« Und ich erzählte ihm, was wir tun würden.
Danach machte ich aus Helens Cardigan einen Beutel für die Hand- und Fußfesseln mit den praktischen Schockzaubern und band ihn mir um den Bauch. Jack verwendete einen von Helens Zaubern, um meine Schmerzen erneut zu betäuben, dann ließ ich ihn allein im Zirkel zurück. Er konnte im Moment nichts mehr tun, bis Nicky sich blicken ließ.
Ich machte mich vorsichtig auf den Weg durch den Saal zu dem eigenartigen Vorhang. Dabei hielt ich mich immer dicht an der Wand, drückte mich an den rostigen alten Ritterrüstungen vorbei, die auf einmal dort standen. Hatte die Magie sie vielleicht aus meinem Kopf gepickt?
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