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Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic

Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic

Titel: Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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mit den Schultern. So war das eben mit Träumen. Ausweis und Geldbeutel verstaute ich in der Innentasche meiner Lederjacke, das Handy schob ich in die Gesäßtasche meiner sauberen Jeans. Meine blutbesudelten Sachen von gestern waren Beweisstücke, die die Polizei vorerst behalten wollte.
    »Und danke, dass du mir die frischen Klamotten geholt hast.« Ich blickte lächelnd zu Hugh auf, während ich meine Armbanduhr zuband. Was ich jetzt vor allem brauchte, war eine lange, heiße Dusche. Davon hatte ich die ganze Zeit über in dieser engen, juckenden, brennenden Zelle denken müssen. Ich schaute auf die Uhr: Es war zwei Uhr nachmittags.
    »Sie hat mich dreißig Stunden da drin festgehalten!«, rief ich erbost aus. »Und das, obwohl ich ein Schuldeingeständnis abgelegt und mich bereit erklärt habe, den zweifachen Wert dessen zu bezahlen, was dieser Schockzauber kostet – gar nicht zu reden von der saftigen Strafgebühr, die man mir aufgebrummt hat! Verdammt, Hugh, die hätte mich da drin verrotten lassen, wenn ich keinen guten Anwalt gehabt hätte!« (Danke, Malik!)
    Hugh schob mir ein Quittungsformular und einen seiner übergroßen Troll-Kulis hin. »Ich weiß selbst nicht, warum sie sich so benimmt, Genny«, brummte er besorgt. »Ich hab gehört, dass die da oben alles andere als glücklich über sie sind, aber ich will nicht, dass sie sich ihre Karriere ruiniert.«
    »Ich schon«, schniefte ich gereizt und unterzeichnete die Quittung. »Wenn ›die da oben‹ auch nur ein bisschen Grips haben, dann geben sie ihr einen Fußtritt, dass sie nur so fliegt. Und lassen dich mal ran an den Job.«
    »Nein, sie ist eine sehr gute Kriminalbeamtin. Und sie hat hart dafür gearbeitet. Das musste sie, sie ist ja eine Hexe. Dass sie diesen Job gekriegt hat, hilft uns allen – allen magischen Wesen.« Er legte das Quittungsformular in irgendein Fach unter dem Tresen. Dann breitete sich auf seinem Gesicht dieser Ausdruck aus, den er immer dann bekam, wenn er mir »was Wichtiges sagen wollte«. Ich seufzte innerlich. Ich ahnte, was mich erwartete.
    »Ich weiß, du magst sie nicht, Genny« – die Untertreibung des Jahres – »und ich weiß, sie hat unrecht, aber es muss was geschehen. Nicht bloß um ihretwegen, sondern um unser aller willen.« Kleine, versöhnliche rosa Staubwolken stiegen von seinem kantigen Schädel auf und glitzerten in dem grellen Licht der Neonröhren an der Decke. »Ich hab versucht, mit ihr zu reden, aber auf mich hört sie nicht. Vielleicht, wenn ein Außenstehender mal mit ihr reden würde, jemand, der nicht von der Polizei ist? Finn vielleicht. Könntest du mal mit ihm reden? Vielleicht kann er ja was bewirken.«
    Lieber hätte ich den Stall eines Sumpfdrachen ausgemistet. Ich seufzte. »Okay. Aber nur, weil du’s bist. Und ich bezweifle, dass es was nützen wird. Finn ist ja das Problem, zumindest teilweise. Das weißt du ebenso gut wie ich.«
    »Danke, Genny.« Er kam um den Tresen herum, tippte sorgfältig den Sicherheitscode in die Türöffnungsanlage und hielt mir dann die Tür auf. »Ich ruf dich an, sobald ich was Neues über das tote Faelingmädchen erfahre«, sagte er so leise, dass ich es gerade noch verstehen konnte.
    Ich trat hinaus in den hinteren Empfangsbereich, der zum Innenhof führte. Zutiefst erleichtert hörte ich die Stahltür hinter mir zufallen und musterte die Empfangshalle mit ihrer hohen Decke und dem öden, graugrünen Anstrich. Finn war nirgends zu sehen. Irgendwie hatte ich erwartet, dass er mich abholen würde – nach diesem Kuss. Enttäuscht und ein wenig beleidigt wandte ich meine Aufmerksamkeit der smarten Frau Anfang fünfzig zu, die mich – anders als Finn – erwartete: Victoria Harrier, meine Anwältin und offenbar eine der Besten ihrer Zunft in ganz Großbritannien.
    Sie ging unruhig auf und ab, das Handy am Ohr. Alles an ihr schrie Understatement : der kinnlange Pagenschnitt ihrer dichten grauen Haare, die blassrosa Seidenbluse, das kastanienbraune Kostüm, bis hinunter zu den glänzenden schwarzen Lederschuhen – aber es war klassisches, sündteures Understatement. Mir schoss der schreckliche Gedanke durch den Kopf, dass das, was sie ihren Klienten pro Stunde berechnete, wahrscheinlich mehr war, als ich in der ganzen Woche verdiente. Ihre Rechnung würde wahrscheinlich zu dem Stapel wandern, den ich bis an mein Lebensende würde abstottern müssen, aber zum Glück bin ich ja fast unsterblich. Trotzdem: Kacke. Nicht, dass ich es bereute, den Schockzauber der

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