Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
Gesicht.
Aus Fjodors Brust ragte die Spitze eines Holzpfahls heraus.
Ich stieß ein erschrockenes Quieken aus, ich konnte nicht anders. Fjodor riss schockiert die Augen auf, umklammerte den Pfahl mit beiden Händen und versuchte, ihn aus seiner Brust herauszuziehen. Ich dachte schon, dass er es schaffen würde, doch da brach er leblos zusammen. Seine schöne weiße Uniform war blutbesudelt.
An seiner Stelle stand nun Maxim vor mir, in seinen weißen Samtmantel gehüllt, die langen platinblonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst. Seine Augen besaßen im UV -Licht einen unheimlichen weißblauen Schimmer. Wachsam starrte er mich an. »Der gute alte Paps«, sagte er und fletschte grinsend alle vier Fangzähne, »jammert herum wie ein altes Weib.«
Mein Magen krampfte sich zusammen, und mein Blick huschte beunruhigt über den gepfählten Fjodor: Er hatte recht, wenn er meinte, dass es zwischen ihm und seinem Sohn zu Reibereien kam. Ich schaute wieder zu Mad Max auf, und dabei wurde mir klar, dass ich ihn geradezu hasste, nun, da ich wusste, dass er dem wahnsinnigen Autarchen verpflichtet und möglicherweise selbst wahnsinnig war. Er stand breitbeinig vor mir und musterte mich mit einem frechen Grinsen.
»Na, die Zunge verschluckt, Kusine?« Er lachte meckernd. »Also, wo sollen wir anfangen? Gareth, geh und hole Hilfe. Legt den guten alten Paps in einen Sarg.« Er stupste Fjodor mit einem Zeh an. »Oh, ach ja, und nehmt ja nicht den Pfahl heraus, das wird den Clubbesuchern gefallen. Wir können dann morgen den doppelten Eintritt für ihn verlangen. So, und jetzt, wo wir ihn losgeworden sind, liebe Kusine, können wir beide ein Schwätzchen halten.« Er tat, als würde er sich übertrieben besorgt umschauen. »Ah, kein Malik al Khan, um uns den Spaß zu verderben.«
Nicht zum ersten Mal wünschte ich, ich könnte zaubern oder hätte wenigstens ein Stachelbällchen zur Hand. »Was willst du von mir?«, fragte ich herausfordernd.
»Wie ich schon zu unserem geschätzten Oligarchen sagte, hätte ich da einen kleinen Vorschlag für dich.« Er rieb sich voller Genugtuung die Hände. »Aber der Türke war ja unausstehlich wie immer.«
»Lass mich raten«, sagte ich sarkastisch, »du versprichst, keinen meiner Freunde mehr zu entführen, wenn ich freiwillig zum Autarchen zurückkehre, damit er dir auf die Schulter klopfen kann?«
»Liebe Güte, nein!« Mad Max schüttelte sich theatralisch. »Wer will ihn schon da reinziehen? Wenn er wüsste, dass wir beiden Busenfreunde sind, würde er bloß von mir verlangen, dass ich dich ausliefere, und ich müsste es tun. Und würde obendrein wahrscheinlich zur Unterhaltung an die Gäste verfüttert werden.« Er tat, als würde er sich mit seinem Zeigefinger in den Kopf schießen. »Pah! Seine Heiligkeit mag ja total irre sein, aber ich doch nicht. Was glaubst du, warum ich’s all die Jahre mit dem guten alten Paps ausgehalten habe? Bestimmt nicht wegen seiner erquicklichen Gesellschaft. Malik, andererseits, würde alles tun, um dich vor dem Zugriff des Autarchen zu schützen.« Ein manisches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, seine Augen leuchteten, und er streckte die Arme zur Seite, wie ein Flitzer, der sich im Park vor einer Horde Teenager entblößt. »Ist es nicht herrlich, wenn ein Plan endlich Früchte trägt?«
»Nicht mein Plan«, sagte ich grimmig und musterte ihn misstrauisch. War sein Überschwang gespielt? War er immer so? »Und es passt mir nicht, gegen meinen Willen als Geisel gehalten zu werden. Also nein, ich kann nicht sagen, dass ich mich bis jetzt besonders amüsiere.«
»Aber Kusinchen! Du bist doch nicht meine Geisel !« Er hob in gespieltem Entsetzen die Hände. »Ganz im Gegenteil! Nein, ich möchte doch bloß ein kleines Familienfoto, nur wir beide. Dann kannst du gehen, wann immer du willst.«
Ich hob skeptisch die Brauen. »Okay, das kapiere ich jetzt nicht. Du lässt die Geisel frei, bevor du das Lösegeld in der Hand hast? Aber das wäre, als würde man den Wagen vor das Pferd spannen. Also, wo ist der Haken?«
»Haken? Es gibt keinen Haken . Alles, was ich will, ist ein Foto. Ehrlich. Mein Gott, ich bin doch nicht blöd. Der Autarch hat ja vielleicht eine Schraube locker, aber er lässt sich leicht ablenken; aus den Augen, aus dem Sinn, so ist das bei ihm. Malik andererseits ist der reinste Elefant, vergisst nie was, gibt nie auf, bis er’s dir heimgezahlt hat und du auf einmal ohne Rübe dastehst. Schau dir doch an, was er
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