Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
Hände. »Sie hat sich einen Sponsor geangelt, kannst du dir das vorstellen?«
»Ach nein?«, fragte ich verblüfft.
Lucy nickte begeistert. »Doch, es stimmt. Francine. Sie ist vom Golden Blade Clan. Die beiden kennen sich schon eine ganze Weile, aber die alte Hexe Elizabetta hatte was dagegen. Du müsstest Francine eigentlich gesehen haben, als du zu Besuch warst; sie saß meistens im Entspannungsraum – lange schwarze Haare, total sexy.«
»Ach ja, ich erinnere mich.« Francine war eine zierliche kleine Vampirin mit einer Schwäche für rote Lederklamotten. Sie hatte sich meistens scheu in den Ecken herumgedrückt und mich nie angesprochen, was ich verstehen konnte: Sie wollte schließlich ihren Kopf behalten. »Ist sie okay, diese Francine?«, fragte ich stirnrunzelnd. Meine Sorge um Yana war noch nicht ganz verflogen. Vampire, die sich in Blutbordells herumtrieben, waren meist süchtig nach dem »verbotenen« Biss, dem Biss in die Halsschlagader.
»Ach, sie ist ein richtiges Kätzchen«, beruhigte mich Lucy, »und so sexy!« Sie fächelte sich mit der Hand Luft zu. »Aber Yana geht’s gut bei ihr; Francine ist eine von unseren Standbys.«
Die Haus-Standbys waren gewiefte Vampire, die sich vor allem auf die Überwachung des menschlichen Herzschlags verstanden. Ohne Standbys würden die Motten den ersten Halsbiss wohl kaum überleben, denn das Blut sprudelt dort wie Limonade. Die Standbys sorgen dafür, dass der Mensch nur so viel Blut verliert, wie er gerade noch aushalten kann. Aber selbst mit Standbys ist die Überlebensrate der Motten begrenzt; die meisten schaffen nicht länger als zwei Jahre, bevor ihr Körper aufgibt.
Wenn Yana es also wirklich geschafft hatte, sich einen Sponsor zu angeln, würde sie es ja vielleicht doch noch bis zur Unsterblichkeit bringen.
»Yana kommt später«, sagte Rissa. »Sie und Francine … na ja, sie sind beschäftigt .« Sie krümmte zwei Finger und deutete damit auf ihre linke Halsseite, an der sich bereits zahlreiche Bisse abzeichneten.
»Ach so.«
»Aber Francine beißt doch nicht in Hälse, oder?« Viola lachte, krümmte ebenfalls zwei Finger und zeigte damit auf Rissas Auschnitt.
»So was will Genny bestimmt nicht hören!«, quiekte Lucy und wurde rot vor Verlegenheit.
»Ach, Genny macht das nichts, oder?« Viola grinste süffisant.
»Spar dir das für Darius«, entgegnete ich lachend, »der weiß es bestimmt mehr zu schätzen als ich.«
Sie zog eine Schnute. In diesem Moment rief Lucy: »Schaut, die Kasse macht auf!« Sie packte mich bei der Hand und zog uns zur Absperrung. Unbekümmert drängelten sich die Motten – mit mir im Schlepptau – vor, bis nur noch fünf Leute vor uns standen. Zwei Pärchen hatten uns diesen Platz aufgehoben, offenbar Stammgäste, denn sie trugen schwarze Anzüge und hohe Zylinder mit Trauerflor. In den grau behandschuhten Händen hielt jeder von ihnen einen Strauß langstieliger weißer Lilien, die im UV -Licht eigenartig leuchteten.
»Siehst du die?«, flüsterte Lucy, meinem Blick folgend, und stupste mich, »Plastikblumen. Sie malen sie mit dieser Leuchtfarbe an, dann leuchten sie im UV -Licht; ich hab selbst gesehen, wie sie das letzte Woche auf dem Klo gemacht haben.«
»Ja, wir haben überlegt, uns auch solche Farbe zu kaufen und unsere Gesichter damit anzumalen, damit sie genauso leuchten wie unsere Handflächen«, zwitscherte Viola und hielt ihre Handfläche unters UV -Licht, damit ich ihren funkelnden Mitglieder-Diamanten sehen konnte. »Dann würden wir mehr auffallen.« Sie bauschte ihr ultrakurzes Tüllröckchen und streckte ihre kleinen Brüste vor. Im UV -Licht wirkten die vergilbten Kleider der Mädchen besonders schäbig. »Wir sehen in dem Licht ein bisschen billig aus, was meinst du, Genny?« Sie grinste.
»Ein bisschen schon.« Auch ich musste grinsen.
Lucy hüpfte ungeduldig auf und ab. »Na los«, brummelte sie. »Wir sind in den letzten drei Wochen immer zu spät dran gewesen. Darius war immer bereits für eine Privatparty gebucht. Deshalb wollen wir heute Abend unbedingt die Ersten sein.«
Endlich standen wir an der Kasse. Abraham, der Mini-Goblin, war auch noch da, man hatte sein Stühlchen nach vorn an den Tresen geschoben. Er wirkte jetzt, wo der schlimmste Methanrausch verflogen war, schon ein bisschen lebendiger. Gareth war verschwunden; an seiner Stelle stand ein großer, hagerer Vampir hinter der Theke. Mit seinen scharf hervortretenden Wangenknochen und den eingefallenen Wangen passte er
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