Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
beherrschten.
Ich kannte den Vampir: es war Fjodor Andrejewitsch Zacharin, der Oberhäuptling der White-Diamond-Blutfamilie.
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20. K apitel
I ch musterte Fjodor grimmig von Kopf bis Fuß: lange, silberweiße Haare, langschößiger Uniformrock (kein echter, nahm ich an, aber er hatte jede Menge weiße, geflochtene Litzen und Schulterstücke, in denen Diamanten aufblitzten), Weste und Kniehose, dazu blank geputzte Lederstiefel. Seine Kleidung war vollkommen weiß, bis auf die Stiefel, die waren schwarz. In seinem altmodischen weißen Binder steckte eine Krawattennadel mit einem derart dicken Diamanten, dass selbst eine Koboldkönigin schwach geworden wäre. Seine Kleidung leuchtete im UV -Licht, als wäre er von einer geheimnisvollen Aura umgeben. Neben ihm hockte hechelnd der Wolfshund mit den zwei diamantenen Hundemarken. Sein silberweißes Fell sah fast genauso aus wie die Haare des Vampirs.
»Darf ich raten?«, fragte ich und war froh, dass man meiner Stimme die Angst überhaupt nicht anmerkte. »Sie sind entweder zu einer schwulen Elfenhochzeit eingeladen oder machen Reklame für ein Waschmittel, das die weiße Wäsche wirklich rein wäscht.«
Der Hund stieß ein kehliges Knurren aus. Wie zur Antwort ertönte von allen Seiten bedrohliches Knurren. Ich schaute mich erschrocken um. Gareth’ Gesicht war zu einer Maske erstarrt – der Vampir musste ihm eine Gedankenfessel angelegt haben –, und der kleine Kobold hing schnarchend in seinem Hochstühlchen. In der Eingangshalle standen nun ein halbes Dutzend Wolfshunde herum und versperrten mir knurrend den Weg zum Ausgang. Na toll. Von Hunden umzingelt .
»Genevieve ist unser Gast, Max«, sagte Fjodor, der geisterhaft leuchtende Vampir, warnend. Ich richtete meinen Blick wieder auf ihn und sah, wie er den Kopf des Hundes tätschelte.
Ich ließ meinen Rucksack von meiner Schulter gleiten und umklammerte den Riemen. Die Blutbeutel waren zwar nicht schwer, die zwei Ziegelsteine, die ich außerdem darin aufbewahrte, aber schon. Auf diese Weise beschwert, hatte mir der Rucksack schon das eine oder andere Mal aus der Klemme geholfen. Ich mochte ja unter Maliks Schutz stehen, aber es war nie verkehrt, auf der Hut zu sein. Vampire neigen dazu, unversehens einen Überheblichkeitskomplex zu entwickeln; oder sie bilden sich ein, sie hätten ein Schlupfloch gefunden, das ihnen erlaubt, die Regeln zu brechen, ohne hinterher ihren Kopf dafür einlösen zu müssen.
»Gäste dürfen normalerweise gehen, wann sie wollen«, bemerkte ich. Jetzt bereute ich es, meine letzten Stachelbällchen an Sylvia, die Dryade, verschwendet zu haben. »Und übrigens, haben Sie Ihrem Herrn und Meister Malik al Khan nicht geschworen, sich von mir fernzuhalten?«
»Ich bitte Sie, Genevieve, haben Sie keine Angst.« Er breitete entwaffnend die Arme aus. »Hier müssen Sie sich nicht fürchten. Wir respektieren Malik al Khans Gebot. Wir möchten Ihnen außerdem den Schutz und die Gastfreundschaft des White-Diamond-Bluts offerieren.«
Gott sei Dank. Ich entspannte mich ein wenig, blieb aber weiterhin auf der Hut. Schutz- und Gastfreundschaftsangebote waren gut und schön, aber noch lieber wäre mir gewesen, er wäre überhaupt nicht erst aufgetaucht, um mit mir zu reden.
»Aber selbst ohne diese Zusicherungen wären Sie hier bei uns sicher«, fuhr er fort und lächelte dabei auf eine Weise, als ob ich einen Hauptgewinn gemacht hätte, »denn wir sind schließlich Ihre wahre Blutfamilie.«
Ich hob abwehrend die Hand. »Moment mal! Mein Vater mag ja zum White Diamond Clan gehören, aber ich bin kein Vampir, und ich leugne jede Blutverbindung zu diesem Clan.« Zumindest so lange, bis ich genau wusste, worauf ich mich da einließ.
»Genevieve, ich versichere Ihnen, dass wir nichts Böses wollen. Ich weiß nicht, ob es Ihnen bekannt ist, aber wir sind durch mehr verbunden als nur durch unser Vampirblut. Ich bin sozusagen Ihr menschlicher Verwandter. Darf ich mich vorstellen« – er schlug zackig die Hacken zusammen – »Fjodor Andrejewitsch Zacharin. Ihr Vater, Andrej Juriewitsch Zacharin, hat mich einst selbst mit der Gabe beschenkt. Aber das ist nicht alles, er ist überdies mein Verwandter väterlicherseits: genau gesagt, er ist mein Urgroßvater. Sie sehen also, Genevieve Natalja Zacharinowa, wir sind Cousins. Cousins zweiten Grades. Wir sind eine Familie.«
Na toll, das hatte mir gerade noch gefehlt: ein Haufen verschollener Verwandter. Blutsaugender Verwandter.
Sein Lächeln wurde
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