Bittersueße Sehnsucht
meinem Zimmer verschwinden zu lassen. Mir wäre es äußerst unangenehm gewesen, wenn sie womöglich meinem Vater in die Hände gefallen wäre. Als ich mich gerade auf der Hälfte der Treppe befand, klingelte das Festnetztelefon, dessen schnurloses Gerät sich auf einer Kommode im Eingangsbereich befand. Wer mochte das jetzt sein? Ich machte kehrt und sprang die Stufen hinunter. Als ich die Nummer auf dem Display erkannte, schnellten meine Augenbrauen nach oben. Das sah fast aus wie meine Handynummer!
Blödsinn! Ich hatte es doch vorhin noch in der Hand gehabt. Während ich das Telefon abnahm und mir den Hörer zwischen Schulter und Ohr klemmte, tastete ich in meinen Jackentaschen nach meinem Smartphone. Es war tatsächlich nicht mehr da! „Ja…hallo?“, ächzte ich in den Hörer, während ich fieberhaft meine Handtasche durchwühlte. „Hallo…hier ist Ryan“, erklang eine angenehme Männerstimme am anderen Ende. Ich kannte keinen Ryan. „Wenn sie meinen Vater sprechen wollen, der ist nicht da.“
„Ich wollte nicht zu ihrem Vater - es sei denn, er vermisst sein Handy“, klärte er mich auf.
Plötzlich durchzuckte mich ein Gedanke! Ich musste mein Handy verloren haben, als ich mit diesem unverschämten Unbekannten zusammengestoßen war. Nach einem kurzen, prüfenden Blick auf das Display des schnurlosen Telefons war es mir klar. Der Mann am Ende der Leitung rief tatsächlich von meinem Mobiltelefon aus an.
„Sie haben mein Handy gefunden?“, fragte ich überflüssigerweise.
„Ja, es lag vor meinen Füßen im Schnee. Aber als ich das bemerkte, waren Sie ja schon abgerauscht.“, erwiderte er mit einem neckenden Unterton in der Stimme. Oh Gott, auch das noch! Ryan war also der unverschämte Fremde und jetzt hatte er auch noch mein Handy!
Ich straffte die Schultern. „Danke, dass Sie mich angerufen haben – ohne das Ding bin ich nämlich aufgeschmissen! Wo kann ich es denn abholen?“, fragte ich kühl.
„Na ja, ich würde vorschlagen, wir treffen uns bei dem Kaffeeladen, vor dem wir zusammengeknallt sind“, schlug er vor. „Aber – es gäbe da noch eine kleine Bedingung“, fügte er noch hinzu. Ich wurde stutzig. „Bitte was?“
„Nur eine Kleinigkeit – Sie lassen sich von mir zu einem Kaffee einladen.“, erklärte er ungezwungen. Ich musste schlucken. Mann, war der penetrant! „Hallo? Sind Sie noch dran?“, fragte er in die Stille der Leitung.
„Äh…ja. Also – wenn Sie dann glücklich sind“, brachte ich stammelnd über die Lippen. Irgendwie beeindruckte mich seine Hartnäckigkeit fast ein wenig. Das hätte ich natürlich nie zugegeben.
„Ja das wäre ich – sehr sogar“ Ich konnte das Grinsen in seiner Stimme hören.
„Gut, sagen wir - in einer Stunde?“
„Perfekt“, freute Ryan sich. „Bis später.“
„Bis…später“, verabschiedete ich mich und stellte das Telefon wie hypnotisiert in die Basis zurück.
Erde an Mila – Hallo! Du wirst doch jetzt nicht wegen so einem dahergelaufenen Typen deine guten Vorsätze über Bord werfen!
, ermahnte ich mich und vertrieb den schmachtenden Gedanken, an seine strahlenden Augen und den Grübchen um seinen Mund, als er mich angelächelt hatte. Nichtsdestotrotz sprintete ich ins Bad und beschloss, noch einmal kurz mein Make up aufzufrischen. Nicht, dass ich aus versehen noch mit verschmierter Wimperntusche aufgetaucht wäre. Schnell strich ich mit der Bürste ein paar Mal durch meine Haare und drapierte eine Strickmütze auf meinem Kopf.
Ich schnappte mir meinen auberginefarbenen Daunenmantel und schlüpfte in die hellbraunen Wildlederstiefel. Im Gehen warf ich mir meine Handtasche über die Schulter und zog die Haustür zu.
Die U-Bahn fuhr gerade ab, als ich den Bahnsteig betrat und so musste ich vier Minuten auf die Nächste warten. Nach einer halben Stunde kam ich am vereinbarten Treffpunkt an und sah mich um. „Sie sind ja überpünktlich“, erklang Ryans Stimme hinter mir und ich wirbelte herum. Ein freudiges Lächeln umspielte seine Lippen und er zwinkerte mir leicht zu. Ich musterte ihn kurz: die tiefblauen, strahlenden Augen, seinen vollen, sinnlichen Mund und die schokobraune, freche Haarsträhne, die sich aus seiner Frisur gelöst hatte und in seine Stirn fiel.
Oh Gott, ist der sexy!
Ich biss mir auf die Lippen.
Ryan zog die Hand aus der Tasche seines grauen Wollmantels und reichte mir mein Telefon. Ich nickte und nahm es entgegen. „Danke.“
„Wollen wir?“, fragte er und hielt mir die Tür auf. „Sie sollten
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