Bittersueße Sehnsucht
ich die Augen schloss, ließ ich letzten Tage Revue passieren. Doch plötzlich schlich sich ein Bild von Ryan dazu. Ich bekam die Szene im Café einfach nicht mehr aus meinem Kopf! Zwar hatte ich die letzten Tage nicht viel darüber nachgedacht, aber vergessen konnte ich ihn auch nicht. Seit seiner SMS herrschte Funkstille und im Gegenzug hatte ich mich auch nicht bei ihm gemeldet.
Vielleicht hatte er die Sache ja nun doch abgehakt und bemerkt, dass man sich bei mir zurzeit die Zähne ausbiss.
Ich seifte meinen Körper mit meinem Lieblingsduschgel ein, das nach Granatapfel duftete. Während ich den Schaum von meiner Haut spülte und über Ryan und sein Angebot nachdachte, dass er mir flüsternd unterbreitet hatte, wurde mein Körper plötzlich von einem warmen Kribbeln durchflutet. Ich biss mir auf die Lippen.
Verdammt!,
schimpfte ich in Gedanken, was hatte dieser Typ nur mit mir angestellt. Ich war seit unserer Begegnung nicht mehr ich selbst. Ich verhielt mich fahrig, unruhig und fragte mich zu meiner Bestürzung ständig, ob ich ihn nicht doch einfach hätte Küssen sollen – als ich die Gelegenheit dazu hatte.
Doch im Moment siegte die Müdigkeit. Ich stellte das Wasser ab, wickelte mich in meinen Bademantel und föhnte mir halbherzig die Haare. In meinem Zimmer schlüpfte ich in einen flauschigen Pyjama und kuschelte mich unter die Decke. Ich fiel sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Trotzdem fühlte ich mich am nächsten Morgen irgendwie gerädert, als ich die Augen aufschlug. Es waren nur noch wenige Tage, bis Silvester und ich wusste immer noch nicht, wo ich den Jahreswechsel verbringen würde. Ursprünglich hatten Anna und ich geplant, zusammen auf die Piste zu gehen. Da sie aber beschlossen hatte, lieber mit meinen Ex-Freund zu schlafen, hatte sich das jetzt erübrigt. Ich streckte mich kurz und schwang meine Füße über die Bettkante.
Als ich in die Küche tapste und mich gerade zu wundern begann, wo mein Vater abgeblieben war, fiel mir ein Zettel am Kühlschrank auf.
Bin mit Lydia zum Brunch verabredet. Bis später, Paps
Ich lächelte in mich hinein und zog eine Augenbraue nach oben. Innerlich freute ich mich. Mein Vater hätte es längst mal wieder verdient, jemanden zu haben, der ihn liebte. Vielleicht waren meine Gebete ja endlich erhört worden. Ich bereitete mir einen großen Cappuccino zu und schnappte mir die Zeitung vom Küchentresen. Im Wohnzimmer kuschelte ich mich vor den brennenden Kamin und überflog die verschiedenen Artikel. Weil es aber nichts wirklich Interessantes zu lesen gab, dachte ich fieberhaft nach, was ich heute anstellen sollte.
Ich fuhr mir durch das Haar und spielte mit einer Strähne. Da fasste ich einen Entschluss. Ich hievte mich aus dem Sessel und rannte die Treppe nach oben, um mein Handy zu holen. Während ich die Nummer meines Friseurs raussuchte, warf ich einen kurzen, prüfenden Blick in den Spiegel. Meine Haare waren ziemlich gewachsen und reichten mir bis zur Mitte des Rückens. Aber da ich Erfindungen wie das Glätteisen und den Lockenstab sehr begrüßte, war es um meine Haarspitzen mittlerweile nicht mehr so gut bestellt.
„Salon Giuseppe, Alina am Apparat?“, begrüßte mich die freundliche Stimme meiner Friseurin. „Hier ist Mila Schwarz – ich bräuchte dringend einen Termin.“, erwiderte ich und wagte zu hoffen, dass heute noch einer zu bekommen wäre. „Mmmh…ja…Moment.“ Ich konnte hören, wie Alina im Terminbuch blätterte. „So wie ich dich kenne, sollte es am besten schon gestern gewesen sein?“, fragte sie mit ironischem Unterton.
„Hm…du kennst mich ja.“
„Du hast Glück – heute Nachmittag um vier hat jemand abgesagt.“ Fast stolz präsentierte sie mir den frei gewordenen Termin. „Prima, ist gebongt. Dann bis später – Tschau!“, rief ich überschwänglich und legte auf, nachdem sich Alina von mir verabschiedet hatte.
Weil ich noch ein paar Stunden Zeit bis zu meinem Termin hatte, beschloss ich, mal wieder die Wäsche zu waschen. Zwar kümmerte sich Frau Lennart nach wie vor um die Ordnung in unserem Haushalt, aber erstens hatte sie über die Feiertage frei und zweitens war mir langweilig. Als das erledigt war, begann ich sogar noch das Bad auf meiner Etage zu putzen und meine beiden Zimmer aufzuräumen. Unter der Couch in meinem kleinen Wohnzimmer fand ich eine ältere Zeitschrift. Ich fischte sie hervor und überflog den knallpinken Aufmacher der Titelseite:
Frauen erzählen ihre geheimsten
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