Bittersueße Sehnsucht
er, kaum dass er über die Türschwelle getreten war. Anstatt zu antworten, drückte ich ihm stumm das Paket in die Hand. Als Jan den Zettel entdeckte, stieß er einen leisen Pfiff aus. „Wow! Sag bloß, er ist hier?!“ Ungläubig sah er zu mir auf und legte die Nachricht wieder auf die Unterwäsche. „Mensch Jan, was soll ich denn jetzt machen? Wenn mich jemand erwischt….“ Ich warf ihm einen verzweifelten Blick zu. Doch für ihn schien der Fall längst klar zu sein.
Er griff in seine Manteltasche. „Hier ist meine Schlüsselkarte zur Tiefgarage. Morgen früh fährst du mit dem Aufzug nach ganz unten und schleichst dich raus. Aber pass auf, oberhalb der Tür zur Tiefgarage ist einen Kamera, also versuch nicht direkt nach oben zu sehen. Und wenn du sein Zimmer verlässt, lauf nach rechts, dann erwischt dich die Überwachungskamera im Flur nur von hinten.“ Seine knappen Erklärungen klangen fast, als würde er gerade einem Geheimagenten letzte Anweisungen vor seinem Auftrag geben.
Unschlüssig wog ich die Karte in meiner Hand hin und her, doch Jan legte mir beschwichtigend die Hand auf meine Schulter. „Süße, das Leben ist nun mal ein Abenteuer. Also, wenn ich so eine Einladung von ihm bekommen hätte, müsste ich nicht lange überlegen.“ Er hauchte mir einen Kuss auf die Stirn und zwinkerte mir zu. „Viel Spaß!“ Er trat aus dem Büro, wandte sich aber noch mal kurz zu mir um. „Und morgen will ich jedes noch so schmutzige Detail wissen – schließlich bin ich Mittäter.“ Ein Schmunzeln umspielte seine Lippen, ehe er sich umdrehte und verschwand. Ich atmete seufzend aus und schob Jans Schlüsselkarte in die Tasche meines Blazers.
Als Matthias eine halbe Stunde später kam, war ich innerlich fix und fertig. Ich hatte die letzten Dreißig Minuten ständig auf die Uhr geschaut und mir in Gedanken ausgemalt, was wohl passieren würde, wenn man mich beim Betreten oder Verlassen von Ryans Zimmer erwischen würde. Ich musste mittlerweile komplett verrückt sein, mich auf so etwas einzulassen. Vor vier Monaten hätte ich mich nie und nimmer zu derartigen Aktion überreden lassen. Aber andererseits hatte ich in den letzten Wochen erfahren, wie prickelnd und aufregend das Leben sein konnte. Ich hatte mich noch nie so lebendig gefühlt.
„So, das war´s – ich verschwinde für heute“, erklärte ich Matthias, der mich gerade abgelöst hatte und klemmte mir das Päckchen unter den Arm. Ich bemühte mich um eine normale Miene, doch ich war mir sicher, man konnte mir die Anspannung ansehen. Mein Körper ließ mich spüren, dass er kurz davor stand, in Tausend Teile zu zerspringen und mein Herz ratterte in Höchfstrequenz in meiner Brust. Matthias nickte mir mit einen Lächeln zu. „Alles klar, schönen Feierabend.“ Dann wandte er sich dem Computer zu.
Schön wird mein Feierabend wohl sicherlich werden
, dachte ich in freudiger Erwartung, Ryans Lippen endlich zu schmecken, seine Hände auf meiner Haut zu spüren….
Aber zuerst musste ich ungesehen in sein Zimmer gelangen. Bei dem Gedanken wurde mir dann doch wieder übel.
Ich begab mich zuerst in den Personalraum, um meine Tasche zu holen. Dort wollte ich mich auch schnell umziehen. Zum Glück war gleich nebenan eine Toilette. Ich schnappte mir meinen Mantel aus dem Spind und verriegelte die Toilettentür. Mit zitternden Fingern zog ich mich aus und schlüpfte in die schwarze Unterwäsche, aus Satin und Spitze. Der kühle Stoff schmiegte sich angenehm auf meine heiße Haut. Die Korsage passte perfekt und hob meine Brüste etwas an, sodass sie ein wirklich atemberaubendes Dekolletee zauberte. Das passende Höschen hatte ich schon angezogen, jetzt fehlten nur noch die halterlosen Strümpfe, die ich an den Strapsbändern befestigte. Ich atmete einmal tief durch, warf einen kurzen, prüfenden Blick in den Spiegel über dem Waschbecken und schlüpfte in meinen Mantel und die Schuhe.
Auch wenn mir nun niemand ansah, dass ich nur einen Hauch Stoff drunter trug, so fühlte ich mich doch fürchterlich nackt. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr! Schnell warf ich die leere Schachtel in meinen Spind, schnappte mir meine Tasche und verließ den Personalraum. Ich huschte über den Flur, zu den Aufzügen, aber dann entschied ich mich kurzerhand doch für die Feuertreppe, denn ich hatte Sorge, jemand, der mich kannte, könnte in einem anderen Stockwerk noch zusteigen. Dann wäre ich in Erklärungsnot geraten. Schließlich dachte jeder, ich wäre längst
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