Bittersueße Sehnsucht
nie wirklich definiert. Und immer, wenn er versuchte, sich mir auf dieser Ebene zu nähern, blockte ich sofort ab. Zu tief saß der Schmerz, den David mir zugefügt hatte und zu groß war meine Angst, dass ausgerechnet Ryan mir eines Tages genauso weh tun würde.
„Aha“, machte sie nur und hob prüfend eine Braue. „Na vielleicht solltest du mal zusehen, dass aus euch etwas Ernstes wird – ehe er sich anderweitig umsieht.“
Ich wich ihrem Blick aus. „Oder willst du gar nichts Festes?“ Anscheinend verriet mein Gesicht mehr, als mir lieb war. „Oh doch!“, rief sie aus und lehnte sich in ihrem Sessel vor, „du willst es schon – aber du lässt es nicht zu, oder?!“
Verdammt!
„Es ist halt nicht ganz so leicht….nach allem was war, sich auf ihn einzulassen.“ Ich zuckte mit den Schultern. Laura beugte sich noch weiter zu mir und legte mir sanft ihre Hand auf meinen Handrücken. „Ich weiß, wie du dich fühlst.“
Fragend sah ich sie an. „Wie meinst du das?“
„Na ja, sagen wir einfach, ich stecke momentan auch in einer Beziehung, bei der ich wohl eigentlich nur verlieren kann.“ In ihre Augen trat ein merkwürdig trauriger Glanz.
„Willst du darüber reden?“ Ich wusste nicht, ob sie mir das nur erzählte, damit ich mich besser fühlte.
„Uff…wo fange ich da am besten an“ Sie schien kurz zu überlegen und strich sich gedankenverloren eine Haarsträhne hinters Ohr. „Ich…bin mit jemandem zusammen, der eigentlich nicht mit mir zusammen sein dürfte.“ Sie seufzte. „Der Altersunterschied wäre ja auch gar nicht das Problem…aber…er ist ein sehr erfolgreicher Unternehmer und….er hat eine Frau – und eine Tochter.“ Sie biss sich nachdenklich auf die Lippen und musterte mich kurz. Offenbar war sie sich nicht sicher, ob es klug gewesen war, mir davon zu erzählen.
„Oh Gott, Laura!“ Mehr brachte ich nicht heraus. Ja, ich war geschockt, aber - ich konnte ihr noch nicht mal böse sein. Zu gut wusste ich, wie es sich anfühlte, wenn man in den offensichtlich Falschen verliebt war. „Ich weiß schon, was du jetzt denkst. Glaub mir, es ist auch nicht leicht, mit diesem Gewissen zu leben, aber…ich liebe ihn – wirklich!“, erklärte sie mit Nachdruck und ich sah an ihrem Blick, dass sie das furchtbar quälte.
„Waren von ihm auch die Karten für…den Ball?“, hakte ich nach. Sie nickte nur und ihre Augen wurden feucht. „Ich glaube, mit so was will er sich von seinem schlechten Gewissen freikaufen.“ Sie zuckte die Schultern, dann sah sie mich hilfesuchend an. „Wie…wie kann sich so etwas Falsches nur im nächsten Moment wieder so richtig anfühlen?“, stieß sie hervor und eine Träne stahl sich aus ihrem Augenwinkel. Ich kramte ein Taschentuch aus meiner Tasche und reichte es ihr. „Danke“, murmelte sie und tupfte sich damit um die Augen.
„Wenn ich das wüsste“, erwiderte ich tonlos und drückte ihre Hand. „Weißt du, ich will und kann dir nichts raten; ich bin mir sicher, dass du selbst weißt, dass es nicht richtig ist. Aber…ich weiß auch, dass du vorerst nichts an der Situation ändern wirst.“ Sie nickte und biss sich auf die Lippe. „Aber…wenn du jemanden zum reden brauchst – bin ich für dich da, okay?“ Ein scheues Lächeln huschte über Gesicht. „Danke Mila!“ In ihren Augen erkannte ich, dass sie nicht nur wegen des Angebots dankbar war, sondern auch dafür, dass ich sie nicht verurteilte. Denn das hatten wahrscheinlich schon genügend Leute getan.
Laura bemühte sich um ein heiteres Gesicht, als wir den Kaffeeladen verließen. „Ich brauch jetzt definitiv ein Paar Schuhe!“ Sie stöhnte theatralisch. Ich musste schmunzeln und nickte. Neue Schuhe trösteten mich auch immer – wenn auch nur kurzfristig.
Gerade als wir uns in den Menschenstrom einfädelten, zupfte Laura mich unsanft am Ärmel. „Kuck mal – dass ist er doch!“
„Was? Wer?“ Irritiert folgte ich ihrem Blick.
„Na – Ryan, oder?“ Sie deutete so unauffällig wie möglich in die Richtung, in die sie starrte. Tatsächlich! Es war Ryan, auch wenn ich ihn nur von schräg hinten sah, erkannte ich ihn sofort. Und – er war nicht allein.
Ich musste blinzeln, doch es lag nicht am strahlenden Sonnenschein, sondern weil ich nicht glauben konnte, was ich sah. Eine brünette Schönheit lief neben ihm, lachte, über etwas, dass er zu ihr gesagt hatte und legte ihm sanft die Hand auf die Schulter. Sie war ihm so nah, dass nicht ein Blatt zwischen die beiden gepasst hätte.
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