Bittersüßes 7. Jahr
»Ermorden Sie bitte zwei!« sagte sie hart. »Der andere heißt Peter!«
Sie wandte sich ab und rannte den Weg hinunter, aus dem Tor hinaus, als werde sie gehetzt. Auf der Felsenstraße blieb sie stehen und sah schaudernd den steilen Abhang hinab in die tosende Brandung. Der nackte Mann auf den Klippen war fort. Er schwamm wieder außerhalb der kleinen Klippen zum Strand hin. Sein Kopf tauchte ins blaue Meer.
Hinabspringen und Schluß machen, dachte Sabine einen Augenblick. Wer hier auf die Klippen springt, vierzig oder mehr Meter tief, hat keine Probleme mehr, wenn er unten aufschlägt.
Sie lehnte an einem Felsvorsprung und sah hinab. Schwindel ergriff sie. Sie drückte den Kopf an den kalten Stein und schloß die Augen. Nein, sagte sie sich. Nein, nein! Warum das Leben wegwerfen wegen eines Mannes? Auch wenn man ihn so liebt wie ich und so grausam enttäuscht wird. Es lohnt sich nicht, mit allem abzuschließen, nur weil ein Lebensabschnitt eine Verblendung war.
Sie stieß sich von dem Felsen ab und trat mitten auf die Straße. »Nein!« sagte sie laut. »So einfach mache ich es dir nicht!«
Schnell ging sie zur Küste zurück, gesenkten Kopfes. Sie hatte keinen Blick mehr für die Schönheit des Strandes und der weißen Stadt. Sie weinte still vor sich hin.
Kurz bevor die Felsenstraße in einem weiten Schwung und breiter werdend in die Promenade mündet, hat man noch einmal einen schönen Blick auf den Badestrand. Er liegt weiter ab und bildet mit der Stadt und dem Hafen im Hintergrund ein herrliches Panorama.
Sabine Sacher wandte den Kopf zur Seite, nicht um das Bild zu sehen, sondern weil ihr ein Sandkorn ins Auge geblasen worden war. Dabei bemerkte sie zwei Männer, die in hellblauen Badehosen aus dem Wasser kamen und in schnellem Lauf auf vier Strandzelte zuliefen. Plötzlich erstarrte sie und sprang zurück hinter eine Felsnase. »Das ist doch nicht möglich«, stammelte sie. »Das, das …« Sie schaute vorsichtig um den Felsen herum. Die beiden Männer hatten Handtücher genommen und trockneten sich ab. Sie sprachen, sie lachten laut. Es war sein Lachen, wirklich. Es waren seine Bewegungen beim Abtrocknen, es war sein Gang. Jetzt drehte er das Gesicht zum Felsen. Er war es! Peter! Peter!!
Sabine Sacher spürte, wie es heiß in ihr emporstieg. Sie bezwang sich, nicht mit einem Schrei an den Strand zu laufen und Peter um den Hals zu fallen. Einen Augenblick war sie auch versucht, ihm alles zu verzeihen. Seine Lüge, in Paris zu sein, die Sorglosigkeit, mit der er hier lebte, alles, was in den sechs Tagen geschehen sein mochte.
Als sie wieder um die Ecke des Felsens sah, war ein junges Mädchen in knappem Bikini auf die Zeltburg zugekommen. Der eine der Männer, es mußte Heinz v. Kletow sein, sprach auf sie ein. Das Mädchen lachte. Es war hübsch, biegsam, braungebrannt. Sabine beobachtete, wie Peter aus den Zelten kam. Er sprach mit dem Mädchen, jetzt streckte er die Hand aus und faßte die langen, schwarzen Haare des Mädchens an. Das Mädchen tänzelte vor ihm herum, jetzt legte Peter den Arm um ihre schöne Schulter.
»Schuft!« sagte Sabine. Sie preßte die Lippen aufeinander. »Aas!« Damit meinte sie das Mädchen. Sie kannte den Charme Peters, seit fünf Jahren allerdings war er nicht mehr in ihrer Gegenwart ausgestrahlt worden, sie wußte, wie seine Worte auf Frauen wirkten. Mit geballten Fäusten sah sie, wie das Mädchen mit Peter und Heinz in der Zeltburg verschwand.
Ihre Freude war wieder verflogen. Wut und Eifersucht beherrschten sie mit Urgewalt. Man müßte jetzt hingehen, dachte sie, dem Mädchen ein paar Ohrfeigen geben, und ihm natürlich auch, und sagen: Das ist mein Mann, allerdings ab jetzt muß ich sagen ›gewesen‹. Vielleicht heißt es sogar Coucou?! Das wäre zwar geschmacklos, wenn zwei Männer an demselben Mädchen, aber was ist bei Männern nicht alles möglich!
Sie wartete, bis ein größerer Schwarm Badegäste über den Strand ging. Ihnen gliederte sie sich ein und erreichte die Promenade. Im nächsten Andenkengeschäft kaufte sie sich ein Fernglas und rannte zurück zum Strand, setzte sich in ein leeres Zelt und richtete das Fernglas auf die vier zusammengeschobenen Zelte.
Sie sah nichts. Das ärgerte sie maßlos. Einmal sah sie einen nackten Arm … aber es war nicht zu erkennen, ob es ein Männer- oder Frauenarm war.
Das Gift der Eifersucht zerfraß sie. Sie war bleich, zitterte aus einem innerlichen Frieren heraus und fauchte Ferro-Bornemeyer, der sie seit
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