Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitterzart

Bitterzart

Titel: Bitterzart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
Vom Netzwerk:
»Ich würde gerne mit Onkel Yuri und Mickey sprechen«, sagte ich. »Sind sie da?«
    »Klar, Mädchen«, sagte Fats. »Sie sind noch im Büro. Sorry, aber ich muss dich leider filzen, bevor du da reingehst.«
    »Hoffentlich bekommst du keine Windpocken«, erwiderte ich und hob die Arme.
    »Wurde als Kind dagegen geimpft«, sagte Fats und fuhr mit den Händen an meinem Körper auf und ab. »Fertig. Wie schlimm juckt es?«
    »Ich habe versucht, mich nur auf ein oder zwei Pusteln zu konzentrieren. Dachte mir, wenn ich an wenigen Stellen wie verrückt kratze, würde ich die anderen kaum bemerken.«
    »Aha«, machte Fats. »Und, hat’s funktioniert?«
    »Nicht besonders«, gab ich zu.
    Mir fiel auf, dass Jacks kein Wort von sich gegeben hatte, seit ich den Pool betreten hatte. Dieses Schweigen sah ihm gar nicht ähnlich; ich musste an das denken, was Yuji Ono mir über ihn gesagt hatte: dass er einen ungesunden Einfluss auf meinen Bruder hätte. »Hi, Jacks!«, sagte ich.
    »Freut mich, dich zu sehen, Annie«, gab er zurück.
    »Und«, fragte ich, »was war das heute mit Leo? Ich hab gehört, du standest in dem Moment neben ihm, als es passierte.«
    Jacks fuhr sich mehrmals mit den Fingern durchs Haar. »Du kennst deinen Bruder besser als sonst jemand. Er kann sich plötzlich über eine Kleinigkeit aufregen. Ich glaube, er war traurig wegen eurer Großmutter und ließ es dann an Mickey aus.«
    »Aber warum ausgerechnet an Mickey? Warum nicht an dir?«, hakte ich nach. »Du warst doch viel näher bei ihm.«
    »Was weiß ich, Annie? Verdammt. Mickey kann ein Arsch sein. Vielleicht hat er Leo schief angeguckt. Woher soll ich das wissen? Ich bin nicht der Hüter meines Bruders und auch nicht der deines Bruders.« Er wandte sich an Fats. »Kann ich jetzt gehen? Ich hab einen Bärenhunger.«
    Fats nickte. »Ja, aber ich muss um acht wieder im Laden sein, also bleib nicht zu lange weg.«
    Bevor Jacks ging, sprach er mich noch einmal an. »Tut mir leid, wenn ich kurz angebunden war, Annie. Mir geht momentan viel durch den Kopf.«
    »Kümmer dich nicht um ihn«, sagte Fats. »Ich glaub, er hat seine Tage.« Er wies auf den hinteren Bereich. »Beeil dich besser, wenn du noch mit Mickey und Yuri reden willst.«
    Yuris Büro befand sich im Zentrum der Umkleidekabinen. Die gesamte Vorderseite bestand aus einem Glasfenster. Dadurch und durch den zusätzlichen großen Spiegel oben an der Wand war gut zu sehen, wer kam oder ging, egal wo man sich im Büro befand. Daher musste ich gar nicht anklopfen. Ich wurde einfach hereingewunken.
    »Annie«, sagte Onkel Yuri und erhob sich, um mich zu begrüßen. »Schön, dich zu sehen. Wir haben dich heute bei Galinas Totenwache vermisst. Aber ich sehe deinem Gesicht an, dass du immer noch krank bist.«
    »Es geht schon besser«, versicherte ich ihm und küsste ihn auf beide Wangen, wie es das Protokoll verlangte.
    »Hallo, Anya!«, sagte Mickey. Er hockte in einer Ecke des Raums. Ich sah, dass auf seiner Wange ein schwach blauer Fleck prangte. Was Leo davongetragen hatte, war deutlich schlimmer.
    »Du hättest im Bett bleiben sollen«, sagte Onkel Yuri. »Was hält dich davon ab, kleine Annie?«
    »Ich bin hier, um mich für meinen Bruder zu entschuldigen«, sagte ich. »Leo handelt manchmal einfach, ohne nachzudenken. Ich nehme an, die Totenwache ging ihm etwas zu nahe.«
    »Mach dir keine Gedanken, Mädchen!«, sagte Onkel Yuri. »Wir wissen, dass Leo« – er suchte das richtige Wort – »sensibel ist, aber trotzdem haben wir ihn alle gern.«
    Ich schaute zu Mickey hinüber, um zu prüfen, ob er das ebenso sah. »Mir ist wichtig klarzustellen, dass ich ihn in keiner Weise provoziert habe«, sagte Mickey. »Es ist mir total peinlich, jemanden« – jetzt suchte er nach einem freundlichen Ausdruck für meinen Bruder – »wie ihn zu schlagen. Unter meiner Würde.«
    »Jetzt gib deiner Cousine einen Kuss und vertragt euch«, wies Onkel Yuri seinen Sohn an.
    »Ich hatte noch keine Windpocken«, sagte Mickey. »Ist nicht böse gemeint, Anya. Impfungen sind nicht immer zuverlässig.«
    »Schon gut«, versicherte ich ihm. »Hattest du schöne Flitterwochen?«, erkundigte ich mich.
    »Wir hatten gar keine. Ich konnte keinen Urlaub nehmen«, erwiderte er. »Yuji Ono war in der Stadt und saß mir im Nacken, außerdem schlagen wir uns immer noch, Monate später, mit den Folgen der Fretoxin-Vergiftung herum, es ist kaum zu glauben.«
    »Ist denn je herausgekommen, wer das war?«
    Mickey schüttelte den

Weitere Kostenlose Bücher