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Bitterzart

Bitterzart

Titel: Bitterzart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
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dass sie so lange durchgehalten hat. In den Wochen vor ihrem Tod habe ich mich mehrmals mit ihr über ihr unausweichliches Ende unterhalten; sie gestand, sie rechne damit, dass es bald so weit sein werde, sie hoffte es sogar regelrecht.«
    »Das hat sie mir auch gesagt«, bemerkte ich und schaute Leo an. »Wirklich.«
    Er nickte. Und nickte erneut. Schließlich sagte er: »Aber es könnte nicht schaden, dies da machen zu lassen, diese …« Wenn Leo aufgeregt war, fand er manchmal nicht das richtige Wort. »Was er gesagt hat« – er wies auf Simon –, »womit sie rausfinden können, wodurch sie gestorben ist. Dann wüssten wir es mit Sicherheit, oder?«
    »Eine Obduktion, meinst du?«
    »Ja, eine Obduktion«, bestätigte mein Bruder. »Annie sagt immer, besser zu viele Informationen als zu wenig.«
    Ich gab zu, dass das eine Weisheit unseres Vaters war.
    Mr. Kipling tätschelte die Hand meines Bruders. Ich zuckte zusammen, denn vor noch nicht allzu langer Zeit konnte Leo es nicht ertragen, wenn ihn jemand berührte, der nicht eng mit ihm verwandt war. Doch jetzt ließ er es zu. Er schien die Berührung kaum zu bemerken. »Leo, auch wenn ich normalerweise mit deiner Schwester und deinem Vater über die Bedeutung von Informationen einer Meinung bin, gibt es in diesem Fall Dinge, die durch eine Obduktion bedroht sein könnten. Dürfte ich dir erklären, was ich damit meine?«
    Leo nickte, und Mr. Kipling führte sein Argument an. »Eure Großmutter ist tot. Daran ist nichts mehr zu ändern. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass sie an etwas anderem als ihrem Alter und den schlimmer werdenden Folgen ihrer Krankheit gestorben ist. Aber wenn diese Familie eine Obduktion in Auftrag gibt, wird es den Eindruck erwecken, als hätten wir Grund zu der Annahme, ihr Tod könne einen anderen Grund haben. Es wird aussehen, als würden wir glauben, hinter der Sache stecke mehr, und das ist das Letzte, was diese Familie momentan gebrauchen kann.«
    Leo nickte verständnisvoll. »Warum?«
    »Weil euch Geschwistern diese Aufmerksamkeit zurzeit nur schaden kann. Dir ist doch sicherlich bekannt, dass du als einziges Familienmitglied über achtzehn der Vormund von Natty und Annie wirst, oder?«
    »Ja«, sagte Leo.
    »Wenn die Lebensumstände deiner Familie zu einer Frage des öffentlichen Interesses werden, könnte das Jugendamt versuchen, dir Natty und Annie wegzunehmen, Leo. Du bist sehr jung, deine gesundheitliche Vorgeschichte ist bekannt. Die Behörden könnten Natty und Annie in ein Heim geben, wenn man dich aus irgendeinem Grund für keinen angemessenen Erziehungsberechtigten hält.«
    »Nein!«, rief Leo. »Niemals, nein!«
    »Mach dir keine Sorgen, Leo. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass es nicht dazu kommt«, sagte Mr. Kipling. »Und aus ebendiesem Grund rate ich dir, nichts zu unternehmen, das deinen nächsten Angehörigen ungewollte Aufmerksamkeit beschert. Die Leute beim Sozialdienst sind völlig überlastet. Niemand wird sich um eure Lebensumstände kümmern, solange es keinen Grund dazu gibt.«
    Es folgte Schweigen.
    »Hm … Was Sie da sagen … das leuchtet mir ein«, bemerkte Leo schließlich.
    »Gut«, sagte Mr. Kipling.
    »Meinen Sie, Leo sollte seinen Job aufgeben?«, fragte ich.
    »Das will ich aber nicht!«, rief mein Bruder.
    »Er arbeitet immer noch im Pool«, erklärte ich.
    Mr. Kipling fuhr sich mit den Fingern durch das unsichtbare Haar auf seinem kahlen Kopf. »Ah ja. Um die Sache mit der Tierklinik habe ich mich noch nicht kümmern können. Ich entschuldige mich, Anya. Mein Herzinfarkt – aber eigentlich ist es unentschuldbar von mir. Simon, könnten Sie das notieren?«
    Simon Green gehorchte, ohne etwas zu sagen. Seit er die Obduktion vorgeschlagen hatte, war ihm kein Wort mehr über die Lippen gekommen. Sein Gesichtsausdruck erinnerte mich an einen Basset.
    »Arbeitest du gerne im Pool?«, fragte Simon Green nun meinen Bruder.
    »Ja«, antwortete Leo. »Sehr gerne.«
    »Was musst du da so machen?«
    »Ich hole das Mittagessen für die Leute. Und auch Getränke und einen Imbiss zwischendurch. Und ich bringe die Wäsche weg.«
    »Und wirst du dort gut behandelt?«
    »Ja.«
    »Ich kann deine Besorgnis sehr gut verstehen, Anya, aber ich finde nicht, dass Leo seine Arbeit kündigen sollte«, sagte Mr. Kipling. »Selbst wenn sie den Beigeschmack des organisierten Verbrechens hat, ist es besser, wenn er durchgängig beschäftigt ist.« Der Anwalt sah meinem Bruder in die

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