Bizarre Beziehungen - V 1.0
geändert.«
Er blickte von Horace Hamilton Smythe zu Sidi Bombay. »Zu anderen Zeiten jedoch fühle ich mich wie eine Figur auf einem Schachbrett, wie ein hilfloser Bauer, der in einem Spiel eingesetzt wird, das er weder versteht noch beherrscht.«
»Schach ist ein altes Spiel«, entgegnete Sidi Bombay. »Im mittleren Osten und in meinem eigenen Land kannte man es lange, bevor es Europa erreichte. Wir sind vielleicht alle Schachfiguren im Schachspiel der Götter. Aber wir sind keine Bauern. Sergeant Smythe halte ich für einen Turm - mächtig, direkt vorgehend, tapfer. Und ich selbst - nun, vielleicht ein Läufer, der die Pfade der anderen schneidet und ferne Ziele schlägt, die so etwas nicht erwarten, Major Folliot.«
»Und ich? Welche Figur bin ich? Was meinst du, Sidi Bombay?«
»Sie, Sir? Für mich gibt es da keine Frage, Sir. Sie sind ein Pferd. Ihre Macht ist nicht so offensichtlich, aber, Sir, ebensowenig Ihre Absichten. Sie scheinen sich geradeaus zu bewegen, nur um sich dann seitlich zu schlagen. Dann wiederum bewegen Sie sich nach rechts oder links, dann ändern Sie die Richtung und fallen dort hinein, wo man Ihren Angriff nicht erwartet. Oder Sie ziehen sich zurück und wenden sich im letzten Augenblick um und schlagen Ihren Verfolger. Sie mögen niemals ein Baron werden, Major Folliot, aber im Schachspiel sind Sie bereits ein Ritter, ein Pferd!«
Clive vermochte ein Lächeln nicht zu unterdrücken. Er sah von Sidi Bombay hinüber zu Horace Hamilton Smythe. »Wir drei betraten gemeinsam das Dungeon. Du, Horace, und du, Sidi Bombay - und ich. Der Turm, der Läufer und der Springer - vielleicht. Aber wer ist der König? Baron Tewkesbury? Mein Bruder Neville? Baron Samedi? Vater O'Hara? George Du Maurier?«
»Der König ist tot, lang lebe der König!« intonierte Sidi Bombay mit feierlicher dunkler Stimme.
Clive schoß ihm einen Blick zu.
Sidi Bombay entgegnete den Blick, sagte jedoch nichts weiter.
»Und wer ist die Königin?« fuhr Clive fort. »Lady 'Nrrc'kth? Meine Ururenkelin Annabelle Leigh? Madame Mesmer? Lorena Ransome?«
Sidi Bombay spreizte schweigend die Hände.
»Immer und immer wieder bin ich im Dungeon auf Schachspiele getroffen«, sagte Clive. »In Greens Haus, zum einen. Und in dem merkwürdigen Zimmer, das wie eine Szenerie der Phantasien des Dr. Dodgson (* Lewis Carroll. - Anm. d. Übers. ) aussah, zum anderen. Schachfiguren, wirklichen Personen nachgebildet. Ich appelliere an euch. Ihr wißt anscheinend weit mehr über unsere gegenwärtige Situation als ich. Teilt mit mir eure Informationen!«
Sergeant Smythe sagte: »Das werden wir tun, Sör. Das werden wir tun!« Er faßte Clive beim Ellbogen und führte ihn zu dem Stuhl, den er, in der Verkleidung als junger Maurice Carstairs, gerade verlassen hatte.
»Wenn Sie sich nur gleich hier hinsetzen woll'n, Sör, werden Sie eine Menge an Informationen erhalten. V'leicht mehr, als Ihnen lieb ist.«
Clives Blick krallte sich in den des Gefährten. »Anschließend, meine Freunde, werde ich die weitere Vorgehensweise vorschlagen.«
»Ja, Sör. Wie Sie sagten, Sör.«
»Sergeant, ich wäre dir dankbar, wenn du mich nicht beschützen würdest. Wir drei haben das Dungeon gemeinsam betreten, dort in dem Rubinherz mitten im Sudd. Was uns daraufhin alles im Dungeon zustieß, ist Folge dieses Vorfalls. Ich schlage daher vor, daß wir drei unsere Kräfte vereinigen - oder wiedervereinigen - und sehen, daß wir alles bis zum Ende bringen. Jetzt, Sergeant Smythe und Sidi Bombay. Jetzt und ohne weitere Verzögerung oder Ablenkung. Wir haben viel durchgemacht, gemeinsam und voneinander getrennt. Wir litten unter Fängen und Klauen und giftigen Stacheln. Wir sind gefangengehalten worden, haben Einsamkeit und Schmerz erfahren.«
Er schlug mit der Faust in die Handfläche. »Ich schlage vor, daß wir drei einen Pakt bilden, daß wir einen großen Eid schwören, als Blutsbrüder - jawohl, als Blutsbrüder, trotz der Verschiedenheit unserer gesellschaftlichen Stellung und der Verschiedenheit unserer Rassen; und alles zu einem Ende bringen!«
Ohne weiteres Wort schlugen die drei Männer, ein aristokratischer Engländer, ein Yeoman (* Berittener Milizsoldat. - Anm. d. Übers. ) und Berufssoldat und ein mystischer dunkelhäutiger Inder, die Hände ineinander.
Es folgte ein Augenblick des Schweigens. Dann blinzelte Horace Hamilton Smythe. »Hab gehofft, daß Sie so was wie das da sag'n würd'n, Sör. So was, genau wie das da! Danke sehr, Sör! Danke
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