bK-Gruen, Sara
nahm
einen Schluck Kaffee, den Amanda aus der Lobby hatte (sie hatte recht - er
schmeckte wirklich grässlich) und fuhr seinen Computer hoch. Er gab «Earth
Liberation League + Universität Kansas + Labor» bei Google ein, drückte auf
Enter und sah erstaunt auf die Anzeige der Ergebnisse.
Zweiunddreißig
Seiten voller Treffer. Die Videobotschaft hatte sich wie ein Virus verbreitet
und erschien auf so unterschiedlichen Seiten wie YouTube, persönlichen Blogs
und Tierschutzforen. John hatte das Video schon mehrmals gesehen, aber es
löste immer wieder Entsetzen bei ihm aus.
Ein Mann
mit einer schwarzen Sturmhaube saß in einem Raum ohne Fenster oder Dekor an
einem Metallpult. Die Mauern bestanden aus weißgetünchten Ziegelsteinen. Seine
Hände steckten in Handschuhen und lagen auf dem Pult. Das grießige Filmmaterial
hatte olivgrüne und gelbe Schlieren, wie ein Heimvideo aus den siebziger
Jahren.
Der Mann
sah auf ein Papier, das flach unter seinen Händen lag, und las es durch. Dann
sprach er in die Kamera. Er begann damit, die «Mittler des Schreckens» beim
Namen zu nennen: Peter Benton, Isabel Duncan, ein paar weitere Leute, die mit
dem Sprachlabor zu tun hatten, und Thomas Bradshaw, den Rektor der Universität.
Der Mann nannte die Privatadressen komplett mit Telefonnummer und
Postleitzahl.
«Ihr seid
alle gleich verabscheuungswürdig und gleich schuldig, diejenigen von euch, die
die Quälereien zufügten, und diejenigen von euch, die sie angeordnet haben,
während ihr bequem in euren Büros gesessen habt, meilenweit entfernt von diesem
bestialischen Labor, wo eure verrückten Wissenschaftler an unschuldigen und
willenlosen Primaten ihre widernatürlichen Forschungen betrieben haben. Wir werden
das nicht länger dulden. Ihr werdet zur Verantwortung gezogen, genau wie Isabel
Duncan. Eure Adressen sind jetzt öffentlich bekannt. Wer weiß, wozu das
jemanden verleiten wird? Thomas Bradshaw, diesmal haben wir dein Haus unter
Wasser gesetzt, aber was kommt als Nächstes? Eine Brandbombe vielleicht?
Womöglich ist deine Familie drinnen, gefangen und unschuldig wie die Affen,
die ihr im Namen der Wissenschaft gequält habt. Oder vielleicht passiert was
mit deinem Auto. Du merkst es erst, wenn du fährst, und dann ist es zu spät.
Was sagst du deinen Kindern, Thomas Bradshaw? Am Ende bist du so hilflos wie
die Affen, die du jahrelang in deinem widerlichen Todeslabor eingesperrt hast.»
Der Mann
blickte wieder auf das Papier. Als er das Gesicht zur Kamera hob, war durch die
Mundöffnung in seiner Skimaske die Spur eines bösartigen Lächelns zu erkennen.
«Vorerst
sind die Forschungen eingestellt. Wir haben dafür gesorgt, aber es liegt an
euch, dass sie eingestellt bleiben. Denn ihr wisst jetzt, was euch sonst blüht.
Wir werden die Affen wieder befreien und wieder und wieder, und wir werden wieder
Jagd auf euch machen - auf jeden Einzelnen von euch -, wieder und wieder. Wir
lassen nicht locker. Wir sind die ELL. Wir sind überall, und wir geben nicht
auf. Rechnet mit uns.»
Das Bild
fror ein. John starrte mehrere Sekunden auf die letzte Einstellung, ehe er
merkte, dass sein Mund offen stand.
Quälerei?
Verrückte Wissenschaftler? Willenlose Affen? Schon bei Johns kurzem Besuch war
klargeworden, dass jeder, der mit dem Labor zu tun hatte, alles tat, um sicherzugehen,
dass die Bonobos so weit wie möglich über ihr Umfeld verfügen konnten. Das
gesamte Projekt kam nur zustande, weil es der freie Wille der Affen war zu
kommunizieren. War es möglich, dass diese Leute - diese Terroristen - das Gebäude
nur deshalb in die Luft gesprengt hatten, weil sie sich am Wort «Labor» störten?
Wie
schwer war Isabel verletzt? Er überlegte, ob er, wenn er die Augen zumachte und
sich ganz fest konzentrierte, Verbindung zu ihr aufnehmen könnte. Er versuchte
es. Es klappte nicht. Und dann hatte er ein schlechtes Gewissen.
John
trank seinen Kaffee aus, verzog das Gesicht, weil Kaffeesatzkrümel auf seiner
Zunge klebten. Er hielt den Kopf schräg unter den Wasserhahn in der Kochnische
und spülte den Mund aus. Dann machte er sich auf den Weg zur Universität. Cat
konnte ihm gestohlen bleiben.
***
Isabel
verbrachte den Tag mit Warten: auf Krankenpfleger, die sie von einem Ort zum
anderen schoben, auf Untersuchungen und Behandlungen, auf Ärzte und
Besprechungen. Vor allem aber wartete sie auf Peter und Neuigkeiten über die
Affen.
Waren sie
verletzt? Dehydriert? Wo hatte man sie untergebracht? Die Fernseher in
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