bK-Gruen, Sara
den
diversen Aufenthaltsräumen zeigten Wiederholungen vom Vorabend, außerdem einen
Ausschnitt von dem Video, das ins Internet gestellt worden war. Der sehr kurze
Clip lief immer nur hinter der Schulter eines Nachrichtensprechers. Der Mund
hinter der Sturmhaube bewegte sich, aber Isabel konnte nicht hören, was er
sagte.
Dass
Celia mit der Sache zu tun haben sollte, machte ihr schwer zu schaffen. Auf
ihre eigene Menschenkenntnis verließ sich Isabel nicht, aber den Bonobos
vertraute sie vorbehaltlos, und sie liebten Celia. Nach ihrem ersten Tag im Labor
hatte Bonzi signalisiert, Celia Lieben. Nest Bauen. Schnell
Celia Kommen Bonzi Lieben.
Im Laufe
des Tages befiel Isabel neben ihrer verzweifelten Einsamkeit ein anderes,
ursprünglicheres Verlangen. Die Sehnsucht nach ihrer Mutter zerrte an ihr,
obwohl sie irrational war, hatte Peter doch angedeutet, dass sie nicht kommen
würde. Isabel hatte ihre Familiengeschichte in verdaulichen Häppchen
preisgegeben, doch ihr war bewusst, wenn sie heiraten wollten, würde sie
schließlich vollständig aufdecken müssen, was in ihrem Genpool lauerte. Bislang
wusste Peter, dass ihr Vater sie verlassen hatte und ihre Mutter in den Alkohol
abgetaucht war, und auch, daß beides nicht unbedingt in dieser Reihenfolge
erfolgt war. Er wusste von dem Sozialhilfebetrug. Er wusste, dass ihr Bruder
mit fünfzehn von der Schule geflogen und ebenfalls vom Strom der Sucht
mitgerissen worden war; Isabel hatte keine Ahnung, ob er noch lebte. Er kannte
Bruchstücke aus Isabels qualvoller Schulzeit und wusste, dass keine der aufkeimenden
Freundschaften die erste Blütezeit überlebt hatte; denn sobald die Eltern der
anderen Kinder den Zustand ihres Zuhauses sahen, hatte sich jeder weitere
Besuch erübrigt. Er hatte von den Verspottungen auf dem Schulhof und von ihren
absonderlichen Pausenbroten erfahren, aber nicht, dass ein Sandwich mit
Dosenmais Mrs. Buston veranlasst hatte, Michele jeden Tag ein zusätzliches
Sandwich für Isabel mitzugeben, oder dass diese gute Tat ihren Zweck verfehlte
und Isabels Status als Außenseiterin zementierte. Und er wusste erst recht
nicht über die «Onkels» Bescheid oder darüber, dass ihre Mutter ins Bad raste,
wenn sie an der Tür klingelten, um einen Klecks rosa Lippenstift aufzutragen,
und die Kinder lachend in den Keller scheuchte, als wäre jede Verabredung so
was wie ein lustiges Geheimnis. Er wusste nicht, dass Isabel mit ihrem Bruder Die
Muppet Show und andere Nachmittagssendungen im Fernsehen anguckte und
zu ignorieren versuchte, was oben vorging, oder dass ihre Mutter, sobald der
Mann fort war, im Badezimmer verschwand und lange weinte.
Dennoch
beschwor Isabel automatisch die Vorstellung herauf, wie ihre Mutter jetzt auf
dem Weg zu ihr war, dass sie die Kraft gefunden hatte, sich zusammenzunehmen,
und wie sie jeden Moment durch die Tür kommen würde. Sie würde Isabel in ihre
Arme schließen, als wäre sie ein kleines Mädchen, und ihr sagen, es tue ihr
sehr, sehr leid. Sie habe Hilfe angenommen und von jetzt an würde alles anders
und alles gut. Und Isabel würde ihr glauben; denn was blieb ihr anderes übrig?
Glauben, dass sie mutterseelenallein in einem Krankenhausbett lag, ohne eine
einzige Angehörige oder Freundin, die sich zu ihr setzte?
Am
Nachmittag steckte Beulah strahlend den Kopf in die Tür. «Sie haben Besuch.»
Plötzlich
hatte Isabel Tränen in den Augen. Sie war da.
«Ihre
Schwester», fügte Beulah hinzu.
Isabel
machte ein überraschtes Gesicht.
Cat
Douglas schritt zur Tür herein. «Doktor Duncan, wie nett, Sie wiederzusehen.
Wie geht...» Sie brach ab. Staunte. «Wow.» Sie zog eine Digitalkamera aus der Tasche,
schoss ein Foto und steckte sie wieder ein.
Isabel
stieß einen Schrei aus und fuhr ruckartig hoch, ihre Hände tasteten nach Block
und Bleistift, die sie benutzte, um sich den Schwestern mitzuteilen. Sie warf
den Stift versehentlich vom Bett, dann schleuderte sie den Block Cat an den
Kopf. Die Blätter flatterten auseinander, der Block fiel zu Boden wie ein
Vögelchen nach dem ersten Flugversuch.
Erkenntnis
zeichnete sich in Beulahs Miene ab, dann Entsetzen. Sie fuhr blitzschnell zu
Cat herum. «Sie haben gesagt, Sie sind ihre Schwester», zischte sie. «Wie können Sie es wagen? Raus hier!»
Cat
beugte sich vor und inspizierte Isabels Gesicht, «'ne Menge Metall haben Sie
da. Können Sie damit überhaupt sprechen?»
Hinter
ihnen donnerte Peters Stimme. «Verdammt, wer sind Sie?»
Isabel
signalisierte hektisch
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