BKA - Die Jaeger des Boesen
global agierende Wirtschaftskriminelle, sondern auch gewöhnliche Mörder. Was der fabelhafte John Le Carré in seinem Roman »The Constant Gardener« (dt. »Der ewige Gärtner«) erzählt, ist zwar Fiktion, aber in seinen Details realistisch. Zum Beispiel starben trotz einer Impfung gegen Gehirnhautentzündung in Nigeria von fünfzigtausend Probanden zweitausendfünfhundert, weil das Serum aus reinem Wasser bestand, oder auf Haiti Hunderte von Kindern, weil ein Hustensaft mit einem giftigen Enteisungsmittel verdünnt worden war.
Die Wissenschaftler von KT beteiligen sich bei der Jagd nach den Kriminellen, verhehlen nicht, leicht angewidert, einen gewissen Respekt vor deren Können und sammeln, um jene zu erlegen, was die ermittelnden Beamten bei ihnen abliefern. Ihre Erkenntnisse teilen sie mit ausländischen Behörden. Vor allem die amerikanische Drug Enforcement Administration (DEA) lobt die Kollegen vom BKA dankbar als die Besten der Welt, was insofern erstaunlich ist, weil sich die Amerikaner ansonsten immer nur selbst für die Besten ihres Metiers halten. Aus den Ermittlungen selbst halten sich alle Spezialisten der Kriminaltechnik raus. Sie sind als Wissenschaftler neutral. Ob das, was sie herausfinden,
einen Verdächtigen belastet oder entlastet, ist nicht wesentlich fürs Ergebnis. Es muss stimmen, was sie notiert haben. Schließlich geht es nicht um wertfreie Forschung, sondern im Zweifelsfall immer um ein menschliches Schicksal, um Haft oder Freiheit. Das gilt ebenso bei der Analyse von Schmauchspuren auf der Kleidung. Vereinfacht ausgedrückt setzt jeder Schuss mikroskopische Partikelchen frei, auch auf der Kleidung oder an den Händen des Schützen. Auf denen sind die Spuren nach ein paar Stunden und intensiver Reinigung unterm Wasserhahn nicht mehr existent, doch in den Kleidern stecken sie. Da setzt die Schmauchspurenanalyse an. Dabei muss sich jeder, also auch ich, der das alles genau wissen will und deshalb von den Fachleuten ihre Möglichkeiten vorgeführt bekommt, einer Prozedur unterwerfen wie auf der Intensivstation, wo ja alle Besucher, die von außen kommen, Schutzanzüge tragen. In Kliniken geht es darum, die Übertragung von Keimen zu verhindern, hier darum, Spuren zu vermeiden. Dadurch ist ausgeschlossen, Schmauchspuren zu kontaminieren. Andernfalls wäre das Ergebnis verfälscht und das wiederum ein Super-GAU, weil die Spur, die als Ergebnis vorliegt, eine selbst erzeugte ist.
Die Methoden in der Kriminaltechnik werden laufend verfeinert, je nach Stand der Forschung und der Technik. Alle zwei, drei Jahre braucht es neue Methoden, weil neue Module und neue Technik erforderlich sind, um den neuen Herausforderungen durch das Verbrechen wirksam begegnen zu können. »Spurenlose Tatorte gibt es nicht, es gibt nur die Latenz von Spuren. Aufgabe der Kriminaltechnik ist es, mit naturwissenschaftlichen Verfahren und Techniken diese Latenz zu beheben, Beweissubstanz herauszufiltern und gewonnene Schlussfolgerungen als Sachbeweis zu präsentieren«, hatte bereits vor vierzig Jahren Horst Herold, der damalige Chef des BKA, die Bedeutung der Kriminaltechnik, die bis zu seinem Amtsantritt keine Rolle spielte, definiert, und entsprechend hat er sie gefördert. Mit Erfolg. Bei den Prozessen gegen RAF-Mitglieder spielten nicht wie in fast allen anderen Mordverfahren Zeugen die entscheidende Rolle, sondern
wissenschaftliche Beweise. Herold: »Die Verurteilungen stützten sich auf etwa eintausendfünfhundert kriminaltechnische Gutachten des BKA.«
Als das Bundeskriminalamt 1951 gegründet wurde, waren die bislang größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte, Genozid und Krieg, zwar bekannt, aber die Täter nicht ermittelt. Das BKA beschränkte sich auf die sogenannten einfachen Verbrechen. Die Herstellung von Falschgeld zum Beispiel. Was im Vergleich zu den Massenmorden der Naziverbrecher eher kleinkriminelle Vergehen waren. Sechs Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, sechs Jahre nach der Befreiung Deutschlands war die Ballung von Macht im Berliner Reichskriminalpolizeiamt alias Reichssicherheitshauptamt noch in schlechter Erinnerung. Laut Gesetz vom 15. März 1951 sollte deshalb das BKA nicht in Eigenregie handeln, sondern vorrangig die Ermittlungen der Kriminalämter koordinieren. Erlaubt war nur, spezielle Ganoven wie Falschgeldproduzenten über die föderalen Grenzen der Republik hinaus zu verfolgen. Die Polizeihoheit der Länder blieb unangetastet, sie war gesetzlich verankert in der
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