BKA - Die Jaeger des Boesen
ist noch nicht entschieden.
Seit Anfang 2010 ist Sozialdemokrat Michael Naumann Chefredakteur des politischen Monatsmagazins »Cicero«, das eigene Erfahrungen hat mit staatlichen Eingriffen in die Pressefreiheit. Die Redaktion machte 2005 nähere Bekanntschaft mit dem BKA, als sie von dessen Beamten an einem schönen Morgen zu früher Stunde, da in der Demokratie allenfalls der Overnight-Kurier klingelt, unangemeldet Besuch bekam. Im Keller des »Cicero«-Büros hatten sich weder Terroristen versteckt, noch schlummerten Umsturzpläne auf den Festplatten, es war keine Gefahr im Verzug, womit solche Aktionen auf kritische Nachfragen hin gern begründet werden – es ging angeblich um Beihilfe zum Geheimnisverrat. Der Reporter Bruno Schirra hatte in einem Artikel
über den Al-Qaida-Terroristen Abu Musab az-Zarqawi, auf dessen Ergreifen ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar ausgelobt war, aus einem hundertfünfundzwanzig Seiten umfassenden Auswertungsbericht des BKA zitiert, der als streng geheim galt.
Ohne den offiziellen Geheim-Stempel hätte der offizielle Bericht kaum jemanden interessiert. Sobald aber etwas als streng geheim bezeichnet wird, weckt das in Journalisten automatisch einen genetisch verankerten Urtrieb namens Neugier. Das ist in dem Beruf, falls man ihn leidenschaftlich ernst nimmt, ein natürliches Verhalten. Was ich meinem Begleiter in Wiesbaden übrigens nicht sage, sonst würde er mir wahrscheinlich selbst auf dem Klo nicht mehr von der Seite weichen.
Nach der »Cicero«-Veröffentlichung leitete die zuständige Staatsanwaltschaft Potsdam ein Ermittlungsverfahren ein, ließ die Redaktionsräume durchsuchen und Festplatten und schriftliche Unterlagen beschlagnahmen. Irgendwelche Querverbindungen zu einem Informanten innerhalb des Wiesbadener Amtes, den sie durch ihre Aktion zu finden hofften, entdeckten die Anstifter nicht. Schirra verweigerte mit dem Hinweis auf das selbstverständlich unantastbare Journalistenrecht namens Informantenschutz jede Aussage. Die »Cicero«-Redaktion, solidarisch unterstützt von der gesamten deutschen Presse, wohl auch in kollektiver Erinnerung an den einst nächtlichen Einsatz der Staatsmacht wegen angeblichen Landesverrats 1961 gegen den »Spiegel«, war nicht bereit, diesen Eingriff in die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit hinzunehmen, zog bis vors Bundesverfassungsgericht und gewann dort in letzter Instanz. Das Urteil wurde allgemein als ein Sieg der Pressefreiheit über staatliche Willkür gefeiert und ist seitdem Pflichtstoff bei der Ausbildung an Journalistenschulen.
Denn das grundsätzliche Misstrauen der vierten Gewalt gegen den Leviathan Staat, hier in Gestalt einer Behörde wie des Bundeskriminalamtes, der Festung auf dem Geisberg, saß und sitzt tief. Was viele der Nachgeborenen dort empört, denn sie fühlen sich ohne Unterschied unter den Generalverdacht gestellt, im Zweifelsfall zu denken und zu handeln wie die Generation vor
ihnen. Bei meinen Ermittlungen habe ich keinen getroffen, der eine solche Verdächtigung verdient hätte. Allerdings nach wie vor eine geradezu pathologische Scheu vor der öffentlichen Meinung, die man am liebsten nur dann einsetzen würde zugunsten des BKA, sobald es in den üblichen Berichten Erfolge zu vermelden gibt oder wenn sich der Präsident in einem sorgfältig abgestimmten und sorgfältig redigierten und sorgfältig von politischen Anstößen befreiten Interview zu diesen oder jenen Gefahrenlagen äußert. Entsprechend langweilig liest es sich dann auch.
Oberstes Gebot für alle im Amt ist die peinlich genaue Einhaltung der Regeln unseres Rechtsstaates, auch wenn dadurch mancher Verbrecher einer gerechten Strafe entgeht. Nicht nur von der CIA, auch vom FBI ist das Bundeskriminalamt trotz der im Gesetz festgeschriebenen zusätzlichen Kompetenzen weit entfernt. Das Federal Bureau of Investigation, ein Bundesamt für Ermittlungen aller Art, direkt dem US-Justizministerium unterstellt, wird in den Vereinigten Staaten automatisch eingeschaltet bei Verdacht von Spionage, bei Landesverrat – was hierzulande die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist – und nicht nur eingesetzt bei Entführungen, Morden, Geiselnahmen oder dem Verdacht auf Bildung einer terroristischen Vereinigung zur Vorbereitung eines Attentats.
Unterschiedlich auch die Methoden bei der Verbrechensbekämpfung. Beim FBI wird Profiling von einzelnen Beamten betrieben, in Deutschland arbeiten die operativen Fallanalytiker im Team. In den USA darf das FBI
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