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BKA - Die Jaeger des Boesen

BKA - Die Jaeger des Boesen

Titel: BKA - Die Jaeger des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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Fällen bekannt sind. Die Kinder sollen früh lernen, worauf sie achten müssen. Je früher, desto besser: »Dunkelziffer« beginnt mit der Aufklärung bereits in Kindergärten. Beamte der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes, die sich bei den Seminaren unter Ausschluss der Medien austauschen und informieren, wissen aus Erfahrung, dass es bei sexuellem Missbrauch keine Altersgrenze und auch kein schichtspezifisches Verhalten gibt. Es passiert in Familien der Unterschicht und im archaischen Milieu von Migranten, ebenso oft aber auch, lange verschwiegen, in der heilen Welt einer bürgerlichen Oberschicht
oder im Schoß der katholischen Kirche. In dem nisten Pädophile, Pädosexuelle, Pädokriminelle besonders gern.
    Wie viele es sind, wie viele ihrem Schutz anbefohlene, ihnen anvertraute Zöglinge sie missbrauchten, wie viele Opfer sie auf dem Gewissen haben, weiß die Öffentlichkeit erst, seit zu Beginn des Jahres 2010 endlich die redeten, die bislang verschwiegen hatten, was ihnen einst angetan worden war. Losgetreten wurde die Lawine durch Berichte ehemaliger Schüler des Canisius-Kollegs in Berlin, wo Patres über Jahrzehnte ihre sexuellen Fantasien an Gymnasiasten auslebten. Weitere unglaubliche Fälle von Missbrauch durch katholische Priester oder die einstigen Prügelorgien eines Bischofs wurden detailliert vor allem in der »Süddeutschen Zeitung« geschildert. Inzwischen sind bundesweit Hunderte von Fällen bekannt geworden. Allen gemeinsam war, dass die Skandale, von denen die Oberen wussten, systematisch totgeschwiegen wurden. Die Empörung ist deshalb so groß, weil die Kirche als ein sicherer Hort galt. Den Priestern – und nicht nur katholischen – vertrauten Eltern ihre Kinder an. Heißt es nicht in der Bibel: Lasset die Kindlein zu mir kommen …? Umso größer war das Entsetzen. Allerdings hätte man nach den Skandalen in den USA und in Irland, wo schon Jahre zuvor der systematische sexuelle Missbrauch hinter Kirchen- und Klostermauern bekannt geworden war, früher auf die Idee kommen können, auch in Deutschland mal genauer hinter diese Mauern zu schauen – und nicht erst dann, als zu leugnen nichts mehr half, als Monat für Monat Dutzende von einst treuen Schafen vom Glauben abfielen und ihre Kirche für immer verließen.
    Die Deutsche Bischofskonferenz hatte 2002 Leitlinien zum Thema Kindesmissbrauch veröffentlicht und war überzeugt, alles unternommen zu haben, um Ähnliches in deutschen Diözesen zu verhindern. Was zunächst unerforscht blieb, in der dunklen Ahnung dessen, was dabei auf die Kirche zukommen könnte, war die jahrelange kirchenamtliche Strategie des Vertuschens und Verschweigens. Zu oft waren pädophile Priester, die sich vergangen hatten an denen, die ihrem Schutz anbefohlen waren, einfach
nur in eine andere Gemeinde versetzt worden oder aus Fürsorgepflicht der großen Mutter lediglich in Klosterzellen per Gebet therapiert worden. Statt, wie es das Gesetz befiehlt, bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Das wurde im Herbst 2010 von den Bischöfen zur Pflicht gemacht, außerdem mussten fortan polizeiliche Führungszeugnisse vorgelegt werden von allen Mitarbeitern kirchlicher Einrichtungen.
    Viele Opfer von damals wagten erst als Erwachsene, ihr Schweigen zu brechen, ihre Scham zu überwinden, als sie erfuhren, dass es viele gab, denen Ähnliches wie ihnen widerfahren war. Der »lange unterdrückte Aufstand der Ungeschützten« (so Caroline Fetscher im »Tagespiegel«) begann. Seitdem müssen »Betroffene nicht mehr um ihre Würde fürchten«, wie die »taz« schrieb, weil Wegschauen und Leugnen nicht mehr akzeptiert werden. Sexuelle Gewalt könne eben nicht mehr einem spezifischen Milieu zugeordnet und damit vernachlässigt werden, denn »im Erschrecken liegt die Möglichkeit, dass den sexuellen Gewalttätern die gesellschaftliche Anerkennung, die sie bis dato genießen konnten, versagt wird«. Die Öffentlichkeit ist sensibilisiert. Und Dragana Seifert bestätigt: »Gewalt gegen Kinder ist ein salonfähiges Thema geworden.«
    Auch das sich als elitär und gebildet empfindende meist protestantische Bürgertum war betroffen, wie Recherchen der »Frankfurter Rundschau« offenbarten. Die Zustände an der renommierten reformpädagogischen Odenwaldschule, wohin sie liebend gern ihre Kinder abgeschoben hatten, waren zwar Insidern seit Jahrzehnten bekannt, aber wie die in der katholischen Kirche vertuscht worden. Vor allem männliche Schüler des feinen

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