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BKA - Die Jaeger des Boesen

BKA - Die Jaeger des Boesen

Titel: BKA - Die Jaeger des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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Therapeuten versuchen, ihnen diese Angst zu nehmen, und klären sie auf, dass es zur üblichen Taktik von Kinderschändern gehört, sich als Opfer darzustellen.
    Richtig ist, dass sich in den vergangenen zwanzig Jahren, nicht zuletzt durch die Aufklärungsarbeit und Fortbildungsseminare von »Dunkelziffer«, einiges zum Besseren gewandelt hat. Bei der Kriminalpolizei gibt es mittlerweile genaue Vorschriften, wie in solchen Fällen zu verfahren ist. Opferschutz hat Vorrang vor Täterermittlung. Was Paulus in einem Beitrag für die Zeitschrift »Kriminalistik« beschreibt, entspricht allerdings so nicht den Erfahrungen der Therapeuten von »Dunkelziffer«. Paulus: »Der mit ernster Miene, tiefer Stimme und strengem Blick ausgestattete und dazu noch seltsam und furchterregend verkleidete Vorsitzende Richter, welcher hoch über dem kleinen Opfer thront […] gehört jedenfalls der Vergangenheit an.« Heidemarie Jung dagegen: »Für mich sind das die schlimmsten Momente, wenn ich die Opfer im Gerichtssaal leiden sehe und nur hoffen kann, dass sie stark genug sind für die Konfrontation mit den Tätern.«
    Kinderschänder laden Schuld auf ihre Opfer ab, von denen sie,
wie sie behaupten, verführt worden seien, weshalb sie selbst sich keiner Schuld bewusst sind. Doch allein ihre Tat ist schändlich, also eine Schandtat. Jede sexuelle Handlung an einem unschuldigen Kind, begangen von einem Erwachsenen, ist ein Verbrechen. Schuld haben immer die Täter. Nie die Kinder. Die müssten sich nicht schämen, weil sie glauben, mitverantwortlich zu sein.
    So weit die Theorie. Die klingt einleuchtend. Niemand würde widersprechen wollen. In der Praxis jedoch schämen sich die Kinder eben doch, und erst recht, falls sie vor einem Richter detailliert schildern müssen, was ihnen angetan wurde. Nur dann, wenn ein Täter geständig ist, braucht sein Opfer nicht auszusagen, dann bleibt ihm diese Qual erspart, in Worte zu fassen, woran sie nicht mehr erinnert werden wollen. Das nutzen viele Verteidiger aus und handeln in einem Deal geringere Strafen für die Angeklagten aus. Deshalb sagt die Zahl von Verurteilungen nur etwas aus für die Statistik im Hellfeld der polizeilichen Ermittlungen. Jedoch nichts über die tatsächlichen Vorfälle im Dunkelfeld der Familien.
    Laut Bundeskriminalamt ging in den vergangenen Jahren die Zahl der Opfer insgesamt kontinuierlich von 19 179 auf 15 935 zurück. Ein nachhaltiger Erfolg der Recherchen von zwei Reportern. Damals verschärfte die wach gewordene Politik die Gesetze, auch auf Druck einer erschrockenen Öffentlichkeit. Aber wie mir schon Ex-BKA-Chef Horst Herold erklärt hat – eine Statistik allein sagt noch gar nichts aus über das tatsächliche Ausmaß von Kriminalität. Bei sexuellem Missbrauch von Kindern, unter Strafe gestellt nach den Paragrafen 176, 176a, 176b des Strafgesetzbuches, ist zwar laut aktueller Statistik der niedrigste Wert seit 1993 zu verzeichnen, doch selbst das Bundeskriminalamt schränkt in seinem Jahresbericht 2010 ein:
    »In diesem Deliktsbereich muss nach wie vor von einem hohen Dunkelfeld ausgegangen werden. Eine deutliche Zunahme der Fallzahlen wurde im Bereich der Verbreitung pornographischer Schriften und Erzeugnisse registriert (+14, 5 Prozent
auf 18 264 Fälle). Allerdings haben der Besitz und die Verschaffung von Kinderpornographie […] auf 6707 Fälle abgenommen, nachdem er noch 2007 um 94,3 Prozent zugenommen hatte. Nach dem starken Fallzahlenanstieg im Jahr 2007 aufgrund bundesweiter Ermittlungen hinsichtlich der Verbreitung kinderpornographischen Materials im Internet gingen die Fallzahlen nach Abschluss einiger Großverfahren wieder deutlich zurück. Der Anstieg der Fallzahlen bei der Verbreitung pornographischer Schriften ist auf die verstärkten Bemühungen der Polizei und anderer zur Aufhellung des Dunkelfeldes in diesem Bereich zurückzuführen.«
    Was die Forderung von »Dunkelziffer« oder Juristen wie Peter Vogt nach härteren Strafen untermauert, denn offensichtlich werden potenzielle Täter durch ein drohendes höheres Strafmaß abgeschreckt. Eine sogenannte Aufhellung des Dunkelfelds bedeutet nichts anderes als die zahlenmäßig nachweisbare Wirkung der Präventionsmaßnahmen von Opfervereinen, die mit ihrer Aufklärungsarbeit gepunktet haben: »Dunkelziffer« zum Beispiel hatte vor zwei Jahren pro Jahr etwa tausend Anrufe oder E-Mails mit der Bitte um Hilfe bekommen. Inzwischen sind es tausendfünfhundert jährlich. Gleichzeitig aber sanken die

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