Black Bottom
Person, ein grimmiger Granit, der mit dem Alleinunterhalter und lebensfrohen Clown, den Sándor auf der Bühne gesehen hatte, nicht das Geringste gemein hatte. Ãberhaupt schien, Bella ausgenommen, Selbstbeherrschung das Gebot der Stunde zu sein. Belfort gab sich jedenfalls alle Mühe, die Fassung zu bewahren, und verteidigte sich nach Leibeskräften gegen die Kritik des Vizepolizeipräsidenten. Sándor wusste schon im Voraus, was er herunterleiern würde â das Verhör eines dringend Tatverdächtigen, eines mutmaÃlichen Massenmörders und professionellen Schwerkriminellen sei nun mal kein Kaffeekränzchen; Jenitzky habe randaliert, ihn mehrfach tätlich angegriffen und sei nur mit Gewaltandrohung und schlieÃlich unter Anwendung körperlichen Zwangs zur Ruhe zu bringen gewesen.
Die Anwälte baten um das Wort und verlangten detaillierte Auskunft darüber, was ihren Mandanten in den Augen der Kriminalpolizei zu einem dringend Tatverdächtigen mache.
Belfort brauste auf.
»Was wollen Sie sehen? Beweise? Indizien? Stehen wir hier schon vor Gericht, erwarten Sie ein scharfzüngiges Plädoyer der Anklage? Meine Herren, das hier ist Polizeiarbeit; Sie müssen nichts davon verstehen, aber Sie sollten zumindest erlauben, dass ich sie so mache, wie ich sie zu machen gelernt habe. Wir sind mitten in den Ermittlungen, und ich werde einen Teufel tun, Ihnen zu diesem Zeitpunkt â¦Â«
»Belfort«, unterbrach ihn Bernhard Weià mit einer Stimme, die an Sachlichkeit nichts zu wünschen übrig lieà und doch un nachgiebig war und vollkommen entschlossen, »ich würde vorschlagen, dass Sie uns an Ihrem geheimen Ermittlungswissen wenigstens in groben Zügen teilhaben lassen, und zwar möglichst sofort.«
Sándor räusperte sich beschwichtigend, und Belfort starrte den Vizepräsidenten an, als hätte er ihn eben zum Selbstmord mit seinem Dienstrevolver aufgefordert; ungläubig, fassungslos über die fehlende Rückendeckung, zutiefst verstört.
»Herr Vizepräsident, ich soll diesen jüdischen Handlangern eines â¦Â«
»Belfort!« WeiÃâ Ton war hart und trocken wie ein Schuss.
Der Angesprochene drehte sich mit mahlenden Kieferknochen zu Sándor um und forderte:
»Gib ihnen das Notizbuch.«
Sándor war sich nicht bewusst, dem Kollegen das Du angeboten zu haben, und fand den Befehlston eine Frechheit. Aber der Mann saà in der Bredouille und nutzte offenbar alles, was ihn als Herrn der Lage erscheinen lieÃ. Also zog er Hallsteins Notizbuch aus der Manteltasche, das in ein dünnes Fliestuch eingeschlagen war, und legte das blutbespritzte Beweisstück auf den Tisch des Polizeichefs.
Weià war noch immer Praktiker genug, um sich von dem martialischen Anblick der Kladde nicht beeindrucken zu lassen, und schlug die verklebten Seiten, wo es ging, auf.
»Namenslisten ⦠Prominente, Schauspieler ⦠ein Schriftsteller â oh, und ein paar polizeibekannte schwere Jungs. Interessante Mischung. Was ist das? Lassen Sie mich raten â Hehlerei?«
Belfort nickte energisch, als würde schon allein dieses Wort alles erklären.
»Ja, Hehlerei. Das Notizbuch eines Vergesslichen. Der Besitzer des Buchs, Hallstein, war Türsteher in der Femina â und betrieb nebenbei einen florierenden Hehlereibetrieb. Was in der Femina abhandenkam, und das war jeden Tag eine ganze Menge, tauchte bei ihm wieder auf, wurde an Sammler weiterverkauft oder â wenn es ein Erbstück war oder ein Mensch des öffentlichen Lebens, der keine schlechten Schlagzeilen über sich wünschte â mitunter sogar an den Bestohlenen selbst. Gegen einen üppigen Finderlohn, versteht sich. Das Notizbuch listet sie alle auf; Lieferanten, Käufer, Bestohlene. Die letzten anderthalb Seiten stammen vom Abend des Gasangriffs auf die Femina. Ein ganz normaler Abend, möchte man meinen; das Geschäft lief nicht schlecht an. Aber sehen Sie mal, wen der Türsteher als letzten Eintrag notiert hat, bevor die Bombe hochging!«
Weià blätterte bis zum Ende der Eintragungen vor und las:
»Jenitzki.«
Belfort triumphierte.
»Jenitzky! Warum notiert der Mann ein paar Minuten vor dem Verbrechen des Jahres diesen Namen?«
Weià lieà sich nicht gern auf die Folter spannen, und auch Jenitzky selbst gab ein unwilliges Brummen von sich; sein erstes Lebenszeichen seit ihrem
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