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Black Bottom

Black Bottom

Titel: Black Bottom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Keune
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Candrix … und Widmann.«
    Sándor starrte sie an und schüttelte den Kopf; Bella hielt dem Blick stand. Widmann war der Erzkonkurrent von Julian, jeder wusste das. Sie würde Ärger kriegen. Hätte denn nicht eine Jazzband gereicht? Was sollte das Herumtingeln? Sie konnte die Vorwürfe schon hören.
    Bella zog gespielt schuldbewusst die Schultern hoch, warf dann schnippisch die Haare in den Nacken und deutete auf den bandagierten Patienten neben sich.
    Â»Es ist … für Paps. Für seinen Kapellenwettbewerb. Der muss ein Erfolg werden, um seinen Laden zu retten, und das wird er nur, wenn die ganz großen Namen auf der Bühne stehen. Also habe ich mich in diese drei Bands hineingesungen und überall ein bisschen Überzeugungsarbeit geleistet. Ihr macht euch keine Vorstellung, was für eine Arbeit das war … diese Herren Jazzmusiker sind allesamt große Diven und müssen praktisch zu ihrem Glück verführt werden.«
    Sándor hatte die Hände vors Gesicht gelegt; Bella lächelte kühl. Ihre Eröffnungen schienen ihrem nächtlichen Begleiter absolut nicht zu gefallen. Sie konnte sich vorstellen, wie die Fragen durch seinen hohlen Kopf kollerten – hatte Bella ihn in der Nacht im Hausboot nur von der Teilnahme an Jenitzkys Wettbewerb überzeugen wollen? Und bei wem hatte sie das noch auf die gleiche Weise versucht? Bella atmete aus. Die Männer um sie herum schüttelten schwerfällig die Köpfe, nur ihr Vater grunzte zufrieden unter den Bandagen.
    Jenitzky selbst war nicht überrascht; natürlich hatte er das alles längst gewusst. Einen wie ihn, ein Fossil des Berliner Nachtlebens, konnte man so leicht nicht hinters Licht führen; und in Wirklichkeit hatte ihn Bellas Erfolg in Berlins Musikwelt gerührt und begeistert. Hallstein war nicht der einzige Aufpasser in Jenitzkys Diensten gewesen, der für jede Sichtung der flüggen jungen Dame einen Zehner erhielt. Natürlich war er als Vater, wie hatte Bella es genannt: despotisch, überbesorgt und eifersüchtig. Daran würde sich nichts ändern, solange er lebte. Aber immerhin bewegte seine Tochter sich in seiner Welt, in einem Bereich, den er kontrollierte und überblickte. Im Übrigen hatte Jenitzky nur sehr kurz über Bellas Ambitionen nachdenken müssen, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass er ein bisschen Schützenhilfe für seinen Wettbewerb gut brauchen konnte. Insgeheim hatte er noch einen ganz anderen Plan entwickelt, von dem er Bella nichts erzählt hatte. Wenn der große Kapellenwettbewerb steigen und das Publikum die beste Jazzband der Reichshauptstadt gewählt haben würde – und er hatte lang genug mit Taschenspielern jeder Couleur zusammengearbeitet, um sehr genau zu wissen, wie man eine Abstimmungsurne so auszählte, dass das Ergebnis herauskam, das man selbst dabei erzielen wollte; obendrein hatte sie sich ja auch zielsicher die drei Favoriten ausgesucht –, dann würde er, Jenitzky, von der Bühne herunter und ins Blitzlichtgewitter der Pressereporter hinein enthüllen, dass die bezaubernde Sängerin, die mit ihrem großen musikalischen Talent dieser Kapelle den Sieg geschenkt hatte, niemand anders als Bella Jenitzky, seine eigene Tochter, war. Damit wäre die Sensation perfekt, ein Bomben-Knalleffekt zu später Stunde, der tags darauf die Schlagzeilen beherrschen würde und ihm auch für die kommenden Jahre ein allzeit volles Haus bescheren würde, solange der Star des Hauses, Bella, nur ab und zu bei ihm – und nur bei ihm! – auf der Bühne stand.
    Das, und nur das, war die Bombe, die Jenitzky in der Nacht des Wettkampfes der Kapellen hochgehen lassen wollte, und schon hier im Polizeipräsidium schlugen die Enthüllungen ein – bei Weiß, bei Sándor und auch bei Bella, die ihren Vater mit in die Seiten gestemmten Fäusten kopfschüttelnd anstarrte.
    Die Anwälte, die diesen ausgeklügelten Plan mit nüchternen Worten allen Anwesenden vorgetragen hatten, verlangten erneut und mit Nachdruck Jenitzkys umfassende Rehabilitation, und Sándor musste sich von Bella auch noch das Zugeständnis entringen lassen, dass sein Beweisstück »T« – das Tango-Notenblatt, das er in Jenitzkys Automobil gefunden hatte – wohl ganz offensichtlich von ihr stammte. Und dass Jenitzky Hallsteins Aufzeichnungen nicht in fremden Händen wissen wollte und dafür notfalls auch

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