Black Box: Thriller (German Edition)
Woche aufsuchen wollte. Aus diesen Karten wurde auch die geographische Lage der Orte ersichtlich, an denen die fünf Männer lebten und arbeiteten. Das alles war Teil der Vorbereitungen, die er routinemäßig traf, wenn er wegen eines Falls verreiste.
Während Bosch beschäftigt war, ging eine E-Mail von Henrik Jespersen ein. Er war endlich in seinem Lager gewesen und hatte die Unterlagen der Reisen herausgesucht, die seine Schwester in ihren letzten Lebensmonaten unternommen hatte. Die darin enthaltenen Angaben bestätigten lediglich vieles von dem, was er Bosch bereits über Annekes Amerikareise erzählt hatte, außerdem auch ihren kurzen Aufenthalt in Stuttgart.
Henrik Jespersens Unterlagen zufolge war seine Schwester in den zwei Tagen, die sie in der letzten Märzwoche des Jahres 1992 in Deutschland verbracht hatte, im Hotel Schwäbischer Hof abgestiegen, das in unmittelbarer Nähe der Patch Barracks des dortigen amerikanischen Militärstützpunktes lag. Sonst konnte ihm Jespersen nichts über den Zweck ihres Besuchs sagen, aber durch eigene Internetrecherchen fand Bosch heraus, dass in den Patch Barracks die Criminal Investigation Division der US Army untergebracht war und dass die Stuttgarter CID -Dienststelle für alle strafrechtlichen Ermittlungen über mutmaßliche Kriegsverbrechen in Zusammenhang mit Desert Storm zuständig war.
Daraus schloss Bosch, dass Anneke Jespersen mit hoher Wahrscheinlichkeit in Stuttgart gewesen war, um dort Nachforschungen über ein während Desert Storm begangenes Kriegsverbrechen anzustellen. Unklar war aber, ob sie anschließend wegen der dabei gewonnenen Erkenntnisse nach Amerika geflogen war. Aus Erfahrung wusste Bosch, dass auch sein Status als Polizist wenig dazu beigetragen hätte, ihm seitens der CID Unterstützung zukommen zu lassen. Umso schwieriger musste es deshalb für eine ausländische Journalistin gewesen sein, dort Informationen über eine Straftat zu erhalten, die höchstwahrscheinlich noch Gegenstand laufender Ermittlungen gewesen war.
Gegen Mittag war Bosch mit seinen Reisevorbereitungen fertig und wollte gehen. Es schien ihn sogar stärker nach Hause zu ziehen als Chu. In seinem Fall hatte das nichts damit zu tun, dass sie keine Überstunden mehr bezahlt bekamen. Er hatte einfach schon Pläne für den Rest des Tages. Er wusste, seine Tochter würde demnächst wach, und er wollte im Henry’s Tacos in North Hollywood mit ihr essen gehen. Für ihn wäre es Mittagessen, für sie Frühstück. Hinterher hatten sie Karten für einen 3 -D-Film, den Maddie gern sehen wollte. Und danach wollten sie sich im Craig’s, einem Restaurant in der Melrose Avenue, mit Hannah zum Abendessen treffen.
»Meinetwegen können wir gehen«, sagte Bosch zu Chu.
»Okay, dann lass uns für heute Schluss machen«, antwortete sein Partner.
»Irgendwas gefunden, worüber wir reden sollten?«
Damit meinte er Chus Recherchen über die anderen Angehörigen der 237 th. Chu schüttelte den Kopf.
»Nichts, was der Rede wert wäre.«
»Hast du eigentlich die Suche schon gemacht, wegen der ich dir gestern Abend auf die Mailbox gesprochen habe?«
»Nein, welche?«
»Die Soldaten, die Jespersen für ihre
Saudi-Princess
-Reportage interviewt hat.«
Chu schnippte mit den Fingern.
»Hab ich vollkommen verschwitzt. Ich habe die Nachricht gestern Abend abgehört, aber heute habe ich einfach nicht mehr daran gedacht. Das mache ich noch gleich.«
Er drehte sich wieder zu seinem Computer.
»Nein, fahr lieber nach Hause«, sagte Bosch. »Das kannst du auch morgen von zu Hause machen, oder wenn du am Montag wieder hier bist. Dass dabei was herauskommt, ist sehr unwahrscheinlich.«
Chu lachte.
»Was ist?«, fragte Bosch.
»Nichts, Harry. Es ist nur, dass bei dir immer sehr unwahrscheinlich ist, dass was dabei herauskommt.«
Bosch nickte.
»Schon möglich. Aber wenn dann doch mal was dabei herauskommt …«
Jetzt nickte Chu. Er hatte oft genug erlebt, dass etwas herausgekommen war.
»Dann bis bald, Harry. Und pass gut auf dich auf da oben.«
Bosch hatte sich Chu anvertraut und ihm erzählt, welche Hintergedanken er mit seinem »Urlaub« verfolgte.
»Du hörst von mir.«
Am Sonntag stand Bosch früh auf. Er machte Kaffee und ging mit einer frischen Tasse und dem Telefon auf die Terrasse, um den Morgen zu genießen. Im Freien war es kalt und feucht, aber Bosch mochte die Sonntagmorgen. Sie waren die friedlichste Zeit der Woche im Cahuenga Pass. Wenig Verkehrsrauschen vom Freeway,
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