Black Box: Thriller (German Edition)
Drohungen mit Strafverfolgung und Gefängnis waren letztlich leer. Er hatte nur den Hauch eines Indizienbeweises, um Banks und die anderen mit dem Mord an Anneke Jespersen in Verbindung zu bringen. Er hatte keine Zeugen und keine Sachbeweise, um einen Zusammenhang herzustellen. Er hatte die Tatwaffe, konnte sie aber keinem seiner Verdächtigen in die Hand drücken. Natürlich konnte er belegen, dass sich die Tatverdächtigen zunächst am Persischen Golf und ein Jahr später in South L.A. in großer räumlicher Nähe zum Opfer befunden hatten. Aber ein Mord ließ sich ihnen damit nicht nachweisen. Bosch wusste, dass das nicht ausreichte und dass sich nicht einmal der blauäugigste und unerfahrenste stellvertretende Bezirksstaatsanwalt von ganz L.A. dafür hergäbe, sich daran die Finger zu verbrennen. Deshalb hatte Bosch nur eine Chance, und sie bestand darin, einen der Beteiligten gegen die anderen zu wenden. Er musste Banks mit einem Trick oder einer List oder sonst irgendetwas so weit bringen, dass er einknickte und mit der Wahrheit herausrückte.
Banks schüttelte den Kopf, aber es sah so aus, als wollte er damit einen Gedanken oder ein Bild von sich fernhalten. Als glaubte er, wenn er seinen Kopf immer nur weiter bewegte, könnte die Realität dessen, was ihm blühte, nicht in ihn eindringen.
»Nein, Mann, nein, das können Sie nicht tun – Sie müssen mir helfen«, sagte er schließlich. »Ich erzähle Ihnen alles, aber Sie müssen mir helfen. Versprechen Sie mir das?«
»Versprechen kann ich Ihnen gar nichts, Reggie. Aber ich kann mich bei der Staatsanwaltschaft für Sie einsetzen, und zumindest so viel steht fest: Staatsanwälte haben immer ein Auge auf ihre Kronzeugen. Wenn Sie das möchten, müssen Sie Ihr Schweigen brechen und mir alles erzählen. Alles. Und Sie dürfen mir keine Lügen erzählen. Eine einzige Lüge, und alles ist umsonst. Und Sie bekommen lebenslänglich.«
Damit überließ er Banks eine Weile sich selbst, bevor er fortfuhr. Wenn er die anderen schnappen wollte, musste er sie hier und jetzt überführen, sonst war seine Chance verspielt, und er konnte ihnen nichts mehr anhaben.
»Und? Sind Sie bereit, mit mir zu reden?«, fragte er schließlich.
Banks nickte widerstrebend.
»Ja«, sagte er. »Ich werde reden.«
31
B osch gab den Code in sein Handy ein und aktivierte die Aufnahme-App. Dann begann er mit der Vernehmung. Zuerst wies er sich und das Ermittlungsverfahren aus, um das es bei der Vernehmung ging, dann gab er Reginald Banks’ Namen, Alter und Adresse an. Er las Banks von einer Karte, die in seinem Dienstmarkenetui steckte, seine Rechte vor, und Banks erklärte, er sei sich über seine Rechte im Klaren und bereit, mit Bosch zu kooperieren; außerdem brachte er unmissverständlich zum Ausdruck, dass er vorher keinen Anwalt konsultieren wolle.
In den folgenden anderthalb Stunden erzählte Banks eine Geschichte, die sich über einen Zeitraum von zwanzig Jahren erstreckte und auf der
Saudi Princess
begann. Auch wenn er kein einziges Mal das Wort
Vergewaltigung
in den Mund nahm, bestätigte er, dass vier von ihnen – er selbst, Dowler, Henderson und Cosgrove – in einer Kabine des Schiffs Sex mit Anneke Jespersen gehabt hatten, als diese infolge der K.o.-Tropfen, die ihr Cosgrove heimlich in einen Drink geträufelt hatte, nicht mehr zurechnungsfähig war. Banks sagte, Cosgrove habe das Mittel
Romp and Stomp
genannt, aber er habe nicht gewusst, warum. Es sei ein Medikament gewesen, das Rinder vor dem Transport verabreicht bekamen, um sie ruhigzustellen.
Bosch vermutete, dass Banks Rompun meinte, ein in der Tiermedizin gebräuchliches Beruhigungsmittel. Es hatte in anderen seiner Ermittlungsverfahren eine Rolle gespielt.
Banks betonte, dass vor allem Cosgrove es auf Jespersen abgesehen hatte; er hatte den anderen gegenüber erklärt, dass sie wahrscheinlich naturblond sei und dass er mit so einer Frau noch nie etwas gehabt habe.
Als Bosch fragte, ob J.J. Drummond während der Vergewaltigung in der Kabine gewesen sei, verneinte Banks das mit Nachdruck. Drummond habe zwar hinterher erfahren, was passiert sei, aber dabei mitgemacht habe er nicht. Banks erklärte, die fünf Männer seien zu diesem Zeitpunkt zwar nicht die einzigen Angehörigen der 237 th Company auf dem Schiff gewesen, aber niemand sonst habe etwas mit der Sache zu tun gehabt.
Banks weinte, als er die Geschichte erzählte, und betonte immer wieder, wie leid es ihm tue, an dem Vorfall in der Kabine
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