Black Cats 01. Was kostet der Tod
trinken?«
Stacey nickte knapp und folgte Winnie mit steifen Bewegungen. Dean schloss sich ihnen an. Die Küche war zwar klein, aber makellos sauber. Es gab keine Rollläden oder Vorhänge, die den Raum in eine dunkle Grabhöhle verwandelt hätten, daher war die Atmosphäre angenehmer, nicht so erdrückend wie im Rest des Hauses.
Winnie forderte sie mit einer Handbewegung auf, sich an den runden Tisch zu setzen. Dann schenkte sie zwei Tassen Kaffee ein und stellte sie auf den Tisch. Sie zeigte auf die Zuckerdose, schob ihnen eine kleine Milchpackung hin und nuschelte: »Ich schau mal nach, wo er bleibt.«
Anfangs war Winnie mürrisch und ängstlich gewesen. Jetzt hatte sich etwas an ihr verändert. Aus Anspannung war Nervosität geworden, und Dean fragte sich, was ihr Ehemann wohl zu ihr gesagt hatte, als sie ihn geweckt hatte. War es vielleicht sogar möglich, dass ihre mütterliche Fürsorge durch die Schikane eines wütenden Ehemannes abgeschwächt worden war? Angesichts der wenigen Bemerkungen, die Stacey über den Stiefvater des Opfers hatte fallen lassen, konnte Dean sich das durchaus vorstellen. Winnie Freed sah aus, als wäre sie eingeschüchtert vom Leben, von Schicksalsschlägen und vielleicht auch von dem Mann, den sie geheiratet hatte.
Als dieser Mann einen Augenblick später den Raum betrat, wurde aus Deans Vermutung Gewissheit.
»Worum geht’s?«, fragte Stan Freed mit ruppigem Tonfall.
Er war einen Kopf größer und gute fünfzig Kilo schwerer als seine ausgezehrte Frau. Mit den verschlafenen, blutunterlaufenen Augen, der gerunzelten Stirn und dem streitlustigen Zug ums Kinn machte er nicht gerade den Eindruck, als würde er gerne geweckt.
Stacey stand sogleich auf, um ihn zu begrüßen. »Sie und Winnie sollten sich vielleicht setzen.«
»Schreiben Sie mir in meinem eigenen Haus nicht vor, was ich zu tun habe, junge Frau!«
Dean erstarrte. Schon jetzt war ihm dieser Mann zuwider.
Stacey ging nicht auf ihn ein, sondern wandte sich Lisas Mutter zu, legte ihr eine Hand auf die Schulter und nahm sie am Arm. Sanft zog sie sie einen Schritt nach vorne und half ihr auf einen Stuhl. Dann setzte sie sich ihr direkt gegenüber. Sie beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und nahm Mrs Freeds Hände. »Es geht um Lisa.«
Winnie schniefte und starrte in ihren Schoß. Bevor Stacey noch irgendetwas sagen konnte, lief ihr ein nasser Tropfen die Wange hinunter und fiel auf die ineinander verschlungenen Hände der beiden Frauen.
»Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen das sagen muss, Winnie, aber wir haben Beweise dafür, dass Lisa tot ist.«
Die Schultern der älteren Dame bebten, und zu der einzelnen Träne kam eine zweite hinzu. Und noch eine. Aber ihre Trauer blieb lautlos und staute sich weiter auf.
»Wir glauben, dass sie schon vor längerer Zeit gestorben ist, wahrscheinlich in derselben Nacht, in der sie verschwunden ist.«
»Na, dann haben Sie als Sheriff ja hervorragende Arbeit geleistet, nicht wahr?«, brummte Stan Freed. Er blieb unbeweglich und mit finsterem Blick stehen, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah dem Geschehen zu, als ginge es ihn nichts an. Als hätte er nicht gerade erfahren, dass seine Stieftochter, das einzige Kind seiner Ehefrau, tot war.
Dean spürte Hitze in sich aufwallen, von tief unten in seinem Körper bis hoch in seinen Schädel, und sein Puls begann zu rasen. Er versuchte sich zusammenzureißen, um sich nicht vom Zorn leiten, nicht seiner Wut freien Lauf zu lassen und diesem Mann an den Kopf zu werfen, was er ihm eigentlich hätte sagen wollen.
Stacey blieb bemerkenswert ruhig, scherte sich nicht um den Ehemann und konzentrierte sich auf dessen Frau. »Ich wünschte, es wäre anders ausgegangen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr es mir leidtut.«
Winnies Körper wurde von einem lang anhaltenden Schaudern erfasst. Ihr Kinn zuckte, die schmalen Schultern stießen an die Rückenlehne des Stuhls. Sie brachte nur ein einziges, ersticktes Wort hervor: »Wie?«
Stacey schaute kurz auf, begegnete Deans Blick. So gut er konnte, bot er ihr seinen stummen Beistand an. Er wusste, dass sie genau überlegte, wie viel sie preisgeben sollte.
»Es hat sich herausgestellt, dass sie ermordet worden ist, Winnie.«
Mrs Freed entfuhr ein Stöhnen, dann legte sie den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke. Ein leises Wehklagen erfüllte den Raum.
»Ich wusste, dass sich das Mädchen eines Tages noch umbringen würde«, brummte Stan vor sich
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