Black CATS - Parrish, L: Black CATS
gewesen.
Weil er in jener Januarnacht befürchtet hatte, in eine Falle zu tappen, hatte er einige Straßenecken weiter gewartet, während ein Obdachloser für ein paar Dollar das verkabelte Haus auskundschaftete. Als Lovesprettyboys erkannt hatte, dass alles ein abgekartetes Spiel war, hatte er fliehen wollen, hatte jedoch den Wagen nicht starten können. Das erstbeste Fahrzeug in der Nähe war ein FBI -Transporter gewesen, von dem aus der ganze Einsatz überwacht wurde. Von drinnen hatte Lily das Haus beobachtet und auf das Ende der Ermittlung gewartet, die schon so lange an ihren Nerven gezehrt hatte.
Überdas,wasdanachinjenerNachtpassiertwar,hattensichbeim FBI vieleLeutedenKopfzerbrochen.DaLilysichnurbruchstückhaftandasGeschehenerinnernkonnte,bezweifelteWyatt,dasssiejedieganzeWahrheitherausfindenwürden.Wie,zumBeispiel,hattederMörderLilyinderbaufälligenStrandhütteversteckenunddannzurBrückezurückkehrenkönnen,umdenUnfallzuinszenieren?WiewarervonderUnfallstelleentkommen,ohneentdecktzuwerden?Oderwarervielleichtgarnichtentkommen,sondernhattesicheinfachunterdieSchaulustigenundRettungskräftegemischt,dieirgendwanneintrafen?
Eine der größten Fragen: Hatte ihm jemand geholfen?
All das musste Wyatt herausfinden. Aber der Einzige, der diese Fragen beantworten konnte, war der Täter.
Genau wie Wyatt Lily gesagt hatte, hatten er und die anderen beim FBI zuerst nach einem Mann mittleren Alters aus der Region von Richmond gesucht, der in derselben Nacht wie Lily unerwartet verschwunden war. Natürlich hatten sie angenommen, dass der Täter bei dem Unfall gestorben war. Als Wyatt eine Woche später begriff, dass der Mörder noch lebte, hatte er trotzdem nach jemandem gesucht, der vermisst wurde und sich wahrscheinlich im Verborgenen hielt.
Dann hatte er die Wahrheit erkannt. Vielleicht hatte sich der Täter ein oder zwei Tage lang bei Lily draußen in der Hütte versteckt und nach Hinweisen Ausschau gehalten, dass seine Identität trotz aller Vorsichtsmaßnahmen aufgedeckt worden war. Doch dann, als nichts geschah, war der Widerling wahrscheinlich einfach zu seinem normalen Leben zurückgekehrt. Er hatte sich in Sicherheit gewähnt – zumindest solange niemand herausfand, dass Lily noch lebte.
Wahrscheinlich hatte er einen ziemlichen Schreck bekommen, als er zu der Hütte zurückgekehrt war und festgestellt hatte, dass sie verschwunden war. War er damals auch an dem langen, einsamen Strand herumgelaufen und hatte nach seinem Opfer gesucht, während Wyatt und Brandon Lily fortgebracht hatten? Möglich war es. Denn später, als sie die Hütte überwachen ließen, war er jedenfalls nicht wiedergekommen. Wyatt konnte beinahe vor sich sehen, wie der Täter – ähnlich einer Figur aus einer Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe – von der steten Sorge gequält wurde, ob man ihn schon entdeckt hatte, ob sein Opfer Rache an ihm nehmen würde. Diese Warterei, diese Ungewissheit konnte ausreichen, um einen Menschen um den Verstand zu bringen.
Wenn Lovesprettyboys – Peter Pan – denn überhaupt je bei Verstand gewesen war.
»Erzähl mir, wie viel ihr über den Fall wisst.« Anscheinend merkte sie, dass er ablehnen wollte, denn sie drängte: »Bitte. Ich bin gesund, ich vertrage das schon. Wenn du darüber sprichst, kommt dir vielleicht noch eine Idee, die ihr weiterverfolgen könnt.«
Aufmerksam betrachtete er sie, ohne die Tiefen ihrer blauen Augen hier draußen im Mondlicht ergründen zu können. Die Strahler über ihnen erhellten zwar die Felsen und die Treppe, doch auf der Terrasse saßen sie im Dunkeln. Gefangen zwischen Licht und Finsternis. Genau wie Lily gefangen war. Und es bleiben würde, solange bis der Mann verhaftet war, der versucht hatte, sie zu töten.
»Bitte«, wiederholte sie.
Er seufzte schwer und versuchte, ihr zu geben, wonach sie verlangte, aber er wusste, dass er nicht zu viel preisgeben durfte. Vor allem weil er in zwei Fällen gleichzeitig ermittelte, die sich irgendwie beide um Lily Fletcher drehten: ihre eigene »Ermordung« … und die Morde an den drei Männern, die so viele Gemeinsamkeiten mit Lilys Entführer hatten.
»Wie gesagt, die Besitzerin des Wagens ist eine Schönheitschirurgin aus Williamsburg in Virginia. Sie befand sich gerade auf einer medizinischen Fachtagung in diesem Hotel.«
»Seid ihr sicher , dass sie … «
»Sie wird nicht verdächtigt. Ihr gehörte lediglich das gestohlene Auto. Eine ganze Reihe von Leuten können sich daran erinnern, sie an dem Abend bei dem
Weitere Kostenlose Bücher