Black CATS - Parrish, L: Black CATS
es an der Tür.
»Ja bitte?«
Dr. Judith Underwood selbst öffnete die Tür und steckte den Kopf herein. »Tut mir leid, dass ich störe, Angela. Ich muss etwas mit dir besprechen, sobald du Zeit hast.«
Dr. Kean runzelte die Stirn. Ob das daran lag, dass sie ihre Schwägerin einfach nicht mochte, oder weil sie nun keine Ausrede mehr hatte, um zu verhindern, dass die Frau die Aufnahme hörte, wusste Wyatt nicht. Aber die gute Gelegenheit, die sich ihm hier bot, würde er nicht verstreichen lassen.
»Wir haben gerade über Sie gesprochen, Dr. Underwood. Vielleicht können Sie mir weiterhelfen.« Ohne auf Angela Keans finsteren Blick zu achten, erklärte er, worum es ging, und fügte hinzu: »Würden Sie sich die Aufnahme anhören? Vielleicht haben Sie ja mehr Glück als Dr. Kean.«
»Natürlich«, erwiderte sie, »das mache ich gern.«
Als würde er immer wieder dasselbe Lied auf einer alten Schallplatte vorspielen, legte Wyatt erneut das Aufnahmegerät auf den Tisch. Diesmal allerdings trat Dr. Kean mit vor der Brust gekreuzten Armen ans Fenster und sah hinaus. Judith, die Blonde, setzte sich auf einen Besucherstuhl, beugte sich vor und hörte aufmerksam zu.
Wyatt drückte auf Wiedergabe. Er lauschte der inzwischen vertrauten Stimme, die sich ihm tief ins Gedächtnis gebrannt hatte.
Die Aufnahme endete. Ein langes Schweigen folgte. Dann wurde er noch einmal enttäuscht.
»Es tut mir leid, Agent Blackstone«, sagte Judith so unschuldig und gelassen wie ihre Schwägerin zuvor. »Aber diese Stimme ist mir völlig unbekannt.«
Es war ein gewagter Versuch gewesen. Ein Schuss ins Blaue. Er hätte wissen müssen, dass er nicht gleich beim ersten Anlauf Erfolg haben und jemanden finden würde, der die Stimme erkannte.
Lily würde am Boden zerstört sein. Sie hatte viel auf diese Spur gesetzt, hatte – genau wie er – gehofft, dass der Albtraum der Ungewissheit bald ein Ende finden würde.
Die beiden Frauen beobachteten ihn gelassen, ohne sich gegenseitig auch nur einen Blick zuzuwerfen. Die Spannung zwischen ihnen war deutlich spürbar. Ob der Grund dafür allerdings einfach gegenseitige Abneigung war oder ob es etwas mit seiner Anwesenheit – und der Aufzeichnung – zu tun hatte, wusste er nicht.
Dennoch würde er nicht gleich die Flinte ins Korn werfen. Es gab noch andere Möglichkeiten. Er hatte ein paar Ideen, über die er bereits mit Brandon gesprochen hatte. Zum Beispiel wollte er Aufnahmen früherer Tagungen zusammentragen und prüfen, ob darauf derselbe Mann zu hören war, diesmal vielleicht als namentlich aufgeführter Redner.
Das würde jedoch dauern. Es wäre einfacher, jemanden zu befragen, der während des Seminars in Richmond mit im Raum gesessen hatte, als der Täter erwiesenermaßen anwesend war. Was war mit Dr. Keans Vater? Oder ihrem Stiefbruder?
Mit ihrem wütenden Ehemann, der vielleicht gar nicht krank gewesen war, wie sie behauptet hatte?
Es bedurfte nur einer einfachen Nachfrage, doch Dr. Kean schien nicht zu wollen, dass noch weitere ihrer Familienangehörigen befragt wurden. Sie schien nicht einmal zu wollen, dass Wyatt ihnen persönlich begegnete.
Wollte sie möglicherweise verhindern, dass er herausfand, wer der Mann auf der Aufzeichnung war?
Den Gedanken hätte jemand wie Anspaugh wahrscheinlich sofort verworfen, weil ihn zur Schau getragener Reichtum schnell einschüchterte und er sich die dunkle, zwielichtige Seite dieses Lebensstils nicht vorstellen konnte. Wyatt jedoch zog jede Möglichkeit in Erwägung, sei sie noch so grausam und abscheulich. Er wusste, dass Zorn und Blutdurst keineswegs nur den Durchschnittsverdienern vorbehalten waren.
Plötzlich verspürte er den Drang, ein wenig tiefer zu graben. Denn wenn diese beiden Frauen nicht irgendetwas verbargen, dann hatte er kein Recht, sich einen FBI -Agenten zu schimpfen.
»Vielen Dank, Ihnen beiden, für Ihre Zeit«, murmelte er und stand auf, um sich von den Ärztinnen zu verabschieden. Er wollte hier raus, raus aus der prunkvollen Praxis mit ihrer Aura von Privilegien und Reichtum. Er würde diese Leute nur allzu gerne ihren Kleinkriegen und Familiendramen überlassen, ihren reichen Patienten und ihrem Seifenopern-Lifestyle.
Er beneidete sie kein bisschen. Und die Vorstellung, dass er vielleicht genauso aufgewachsen wäre, wenn das Schicksal nicht eine unerwartete Wendung genommen hätte, erinnerte ihn daran, dass er sich auf dem richtigen Weg befand. Er hatte mit seinem Leben die richtige Richtung eingeschlagen,
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