Black CATS - Parrish, L: Black CATS
man sie verstehen konnte.
Das war die Stimme. Dieselbe Stimme, die Lily schon einmal herausgehört hatte. Nicht so kühl und herablassend, wie sie Angela Kean gegenüber geklungen hatte, doch es schwang immer noch eindeutig eine Spur von Arroganz mit, selbst in der humorvollen Bemerkung.
»Was soll ich sagen, wie der Vater, so der Sohn!«
Vater. Sohn.
Das konnte nicht sein.
»Das ist er, Wyatt!« Lilys blaue Augen leuchteten vor Aufregung. »Er ist es, und jetzt haben wir ihn! Mit wem hat er geredet? Welcher Sprecher war das, der meinte, er sei sein Vater?«
»Das war Alfred Underwood«, flüsterte Wyatt.
Alfred Underwood, dessen Stiefsohn Philip Wright ebenfalls auf dem Podium saß. Einer der Männer, die Lily vorhin bereits ausgeschlossen hatte.
Es konnte nur eine Erklärung geben.
Ohne ein weiteres Wort griff er nach dem Laptop und zog ihn zu sich heran. Um ihn herum riefen alle durcheinander. Lily warf immer neue Fragen in den Raum, fing an Pläne zu schmieden, und Brandon und Jackie stimmten mit ein. Je lauter sie sprachen, desto weniger verstand Wyatt die einzelnen Worte. Sie verschwammen zu einem Hintergrundgemurmel, während er sich auf seine Gedanken konzentrierte. Denn obwohl die Antwort so klar vor ihm lag und so vieles plötzlich zusammenpasste, blieb noch genauso viel, das keinen Sinn ergab.
Wyatt rief eine Suchmaschine auf und tippte einen Namen ein. Fast augenblicklich erschienen Hunderte von Suchergebnissen. Er klickte auf das allererste, überflog den Artikel und prüfte die Zeitangaben.
Volltreffer.
Es stimmte tatsächlich überein. Das war genau das richtige Datum. Alles, was bis zu der Nacht passiert war, als er Lily gerettet hatte, fügte sich zusammen.
Und danach? Passte nichts mehr.
Er scrollte den Artikel abwärts und entdeckte die Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Mannes. Wyatt räusperte sich und drehte den Laptop so, dass die anderen den Bildschirm sehen konnten. »Hier ist er. Das ist der Mann, den du eben gehört hast.«
Als Lily auf das Foto starrte, spiegelte ihr Gesicht eine Flut von Emotionen wider – Zorn, Angst und Kummer. Doch Wyatt entdeckte kein Anzeichen dafür, dass sie den Mann wiedererkannte. Ihrem Peiniger war es gut gelungen, sein Gesicht vor ihr zu verbergen. Seine Stimme hatte er jedoch nicht geheim halten können.
»Das ist er?«, flüsterte sie. »Das ist Lovesprettyboys?«
Der Mann aus ihren Albträumen. Der Mann, dem sie letztes Jahr alle so verzweifelt nachgejagt waren, als sie an dem Sensenmannfall gearbeitet hatten. »Ja.«
Langsam schüttelte sie den Kopf. »Er sieht so normal aus. Kaum zu glauben, dass er völlig geistesgestört ist.«
»›Denn das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf‹«, zitierte Wyatt leise.
»Böse, ja. Er muss abgrundtief böse sein. Nicht nur wegen all der Dinge, die er im Eifer des Gefechts getan hat; sondern weil er drei oder vier andere Männer voller Berechnung angelockt und brutal ermordet hat, um mich zu finden.«
»Das allerdings«, versetzte Wyatt mit leiser, bitterer Stimme, »war er nicht.«
Verwirrt richteten sich drei Augenpaare auf ihn. Dann rief Lily: »Aber du hast doch gerade gesagt … «
»Ich habe gesagt, dass dies der Mann ist, den wir als Lovesprettyboys kennen, und ja, das ist der Mann, der dich entführt hat. Aber er ist nicht derjenige, der diese anderen Kinderschänder umgebracht hat, um dir die Morde anzuhängen. Er ist nicht der Lilienmörder.«
Wyatt scrollte die Website wieder ganz nach oben, sodass sie die Überschrift aus der Williamsburger Zeitung lesen konnten. Der Artikel war bereits mehrere Monate alt. Siebeneinhalb, um genau zu sein.
Und die Überschrift warf mehr Fragen auf, als sie beantwortete.
»Oh mein Gott!«, stieß Lily hervor, bleich vor Schreck.
»Was zum Geier … ?«, fragte Jackie ungläubig.
Brandon schwieg und schüttelte verständnislos den Kopf.
Sie alle begriffen, was das bedeutete, aber Wyatt erklärte es ihnen trotzdem. »Roger Underwood, der Mann, der dich entführt hat, ist im Januar letzten Jahres gestorben, Lily. In derselben Nacht, als du geflohen bist. Lovesprettyboys ist tot .«
Kein Anzeichen von Erleichterung zeigte sich auf ihrem hübschen Gesicht, keine sichtbare Zufriedenheit darüber, dass der Mann, der sie gefoltert hatte, nicht mehr lebte. Wie sollte sie auch erleichtert oder zufrieden sein können?
»Aber wer hat dann … ?«
Sie brauchte nicht zu Ende zu sprechen. Ihnen allen ging dieselbe Frage durch den Kopf.
Wenn
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