Black CATS - Parrish, L: Black CATS

Roger Underwood, der ursprüngliche Täter, tot war, wer lag jetzt dort draußen auf der Lauer und versuchte, Lily Fletcher zu vernichten?

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    Obwohl Lily vermutete, dass Wyatt sie eigentlich lieber nicht allein lassen wollte – vor allem nicht nach ihrer erstaunlichen Entdeckung – , fuhr er trotzdem gegen Mittag ins Büro. Er konnte den stellvertretenden Direktor nicht länger hinhalten. Brandon, der seinerseits Anspaugh nicht mehr aus dem Weg gehen konnte, begleitete ihn.
    Natürlich hatten sie sie nicht ganz allein gelassen; Jackie blieb bei ihr. Wahrscheinlich war das gar nicht nötig. Hier in Wyatts Haus in Washington fühlte sich Lily genauso sicher wie in Maine. Na ja, fast genauso sicher. Die Villa besaß kein so umfassendes Sicherheitssystem, und man konnte sich auch nicht im oberen Stockwerk ans Fenster stellen und jede Bewegung in ein paar Hundert Metern im Umkreis beobachten wie im Strandhaus. Aber immerhin lag das Stadthaus abgeschieden und von neugierigen Blicken verborgen.
    Seit Wyatt vor ein paar Stunden gegangen war, hatte Lily über die unerwartete Wendung nachgedacht, die ihr Leben gerade genommen hatte. Obwohl die Gefahr noch nicht gebannt war und immer noch der Arm des Gesetzes drohend über ihr schwebte, konnte Lily sich kaum auf etwas anderes konzentrieren als auf den Tod von Roger Underwood. Ihrem Peiniger.
    Eine seltsame Vorstellung, dass er tot war, und das schon so lange. Die ganze Zeit hatte sie sich ausgemalt, wie er irgendwo hockte und nur auf die Gelegenheit wartete, sie wieder mit all seiner Düsterkeit zu umhüllen und sie an jenen Ort zurückzuholen, wo das Leben weit weg und der Tod so verlockend schien.
    »Roger Underwood«, murmelte sie und betrachtete wieder sein Gesicht, das sie zusammen mit dem Zeitungsartikel über seinen »tragischen« Tod ausgedruckt hatte.
    Namhafter Chirurg vorzeitig verstorben
    Nicht vorzeitig genug, wenn man Lily fragte. Schade, dass der Wichser nicht schon eine Woche früher einen Herzinfarkt bekommen hatte und tot umgefallen war.
    Sie war davon überzeugt, dass dieser Mann tatsächlich ihr Entführer gewesen war, das Ungeheuer aus ihren Albträumen. Nachdem sie nun endlich seinen Namen hatten, hatten sie als Allererstes nach weiteren Tonaufnahmen von ihm gesucht und sie auch gleich gefunden. Er tauchte auf nicht weniger als drei anderen Mitschnitten auf, die Brandon aufgestöbert hatte. Jedes Mal, wenn Lily seine Stimme hörte, wurde ihr flau im Magen, und ein Prickeln lief ihr über die Haut. Als er an einer Stelle irgendeine neue Nahttechnik beschrieb, erschauderte sie trotz des sonnigen Wetters.
    Bei alldem war Wyatt noch dabei gewesen, er hatte sie keine Sekunde lang allein gelassen. Als sie angefangen hatte zu zittern, hatte er ihr die Hand auf die Schulter gelegt, als wüsste er genau, was ihr durch den Kopf ging, welche schrecklichen Erinnerungen sie wider Willen durchfluteten. Er wusste, wie er sie trösten konnte, wie er ihr versichern konnte, dass sie nicht allein war und niemand ihr je wieder wehtun würde. Ob er sie nun mit der Hand berührte oder ihr einfach vom anderen Ende des Tisches einen Blick zuwarf, in dem Sorge und Verheißung zugleich lagen: Er schaffte es immer wieder, sie zu beruhigen.
    Alles,wassieüberUnderwoodinErfahrungbringenkonnten,decktesichmitLilysErinnerungenandiesenMann – selbstwennsienochZweifelwegenseinerStimmegehabthabensollte,wasnichtderFallwar.ZwarwurdeseinNameaufderListederangemeldetenTeilnehmeraufgeführt,abererwarbeiderVeranstaltunginRichmondnichtalsSprecheraufgetreten.UndnachdenFotosvomBankettaufderHomepagederHilfsorganisationzuurteilen,hatteerauchnichtmitamTischgesessen,alsseinVaterfürseinhumanitäresEngagementausgezeichnetwordenwar.DieVorstellungvonzweiunbeaufsichtigtenKindernmusstefürihnsoverlockendgewesensein,dasserdasFestmahlhatteausfallenlassen,obwohlermitSicherheitdorterwartetwordenwar.
    Das Auto. Hatte er es gestohlen, weil sein eigenes auf dem Hotelparkplatz stand, wo Kameras alle Ein- und Ausgänge überwachten? Das klang jedenfalls einleuchtend. Offenbar wusste er, dass seine Schwester immer einen Ersatzschlüssel am Kotflügel versteckte. Wyatt hatte gesagt, dass sie diese Maßnahme ihres Sohnes wegen ergriffen hätte.
    Himmel, Lily wurde schlecht, wenn sie daran dachte, dass so ein Mann der Onkel eines Kindes war.
    Nein, er würde das Risiko nicht eingehen, sein wahres Ich seiner Familie zu offenbaren. Er mochte sein geheimes Leben. Das auf Satan’s Playground , und das als Peter Pan in