Black Dagger 01 - Nachtjagd
ihr etwas passiert, oder sie versetzte ihn mit Absicht.
Mit den Fingerspitzen las er die Zeit von seiner Blindenuhr ab. Noch Stunden bis zum Sonnenuntergang.
Verfluchte Sommertage. Zu lang. Viel zu lang.
Er wanderte ins Badezimmer, spritzte sich Wasser ins Gesicht und stützte seine Arme auf die Marmorablage. Im Schein der Kerze neben dem Waschbecken betrachtete er sich selbst im Spiegel. Viel mehr als einen schemenhaften schwarzen Haarschopf, verschwommene Augenbrauen und den Umriss seines Gesichts konnte er nicht erkennen.
Er war erschöpft. Den ganzen Tag hatte er nicht geschlafen, und die Nacht davor war eine Katastrophe gewesen.
Außer der Teil mit Beth. Das war …
Er fluchte und trocknete sich das Gesicht ab.
Mein Gott, was war nur los mit ihm? In dieser Frau zu sein war von all dem Scheiß gestern Nacht das Allerschlimmste gewesen. Dank dieses umwerfenden kleinen Intermezzos konnte er sich überhaupt nicht konzentrieren, sein Körper befand sich in einem Dauererregungszustand, und seine Laune war total im Keller.
Zumindest Letzteres war für ihn nichts Neues.
O Mann, die vergangene Nacht war wirklich ein Desaster gewesen.
Nachdem die Brüder sich getrennt hatten, waren er und Vishous quer durch die Stadt zu der Autowerkstatt gegangen. Sie war von oben bis unten verrammelt gewesen, und sie hatten sich erst draußen umgesehen und waren dann
eingebrochen. Nichts, der Laden diente eindeutig nicht als Basis. Der baufällige oberirdische Teil des Hauses war zu klein gewesen, und sie konnten keinen verborgenen Keller entdecken. Außerdem war die Nachbarschaft nicht ideal; es gab ein paar Imbissbuden, in denen die ganze Nacht hindurch Betrieb war, und eine davon wurde sogar von Polizisten frequentiert. Viel zu auffällig.
Er und Vishous waren schon auf dem Weg zurück zu Darius – mit einem kurzen Umweg über das Screamer’s, weil V nach einem Grey-Goose-Wodka lechzte –, als der Ärger richtig losging.
Und von da ab ging die Nacht so richtig den Bach hinunter.
Ein ziviler Vampir lag schwer verletzt in einer Querstraße, und zwei Lesser wollten ihm gerade den Rest geben. Die Jäger zu töten, hatte etwas länger gedauert, weil sie beide sehr erfahren waren, und als der Kampf endlich endete, war der junge Vampir tot.
Er war grausam gequält worden, sein Körper war wie ein Nadelkissen von kleinen Stichen übersät. Den aufgeschürften Stellen an seinen Knien und dem Kies in den Handflächen nach zu urteilen, hatte er mehrfach versucht, sich wegzuschleppen. Frisches menschliches Blut klebte an seinen Lippen, und der Geruch lag auch in der Luft. Aber sie hatten keine Zeit gehabt, um die Frau zu suchen, die er gebissen hatte.
Denn sie hatten Gesellschaft bekommen.
Direkt nachdem die Lesser in einer Rauchwolke ins Nirwana entschwunden waren, heulten die Polizeisirenen los. Ein akustisches Warnsignal, was bedeutete, dass jemand die Kampfgeräusche gehört oder die Lichtblitze gesehen hatte. Sie hatten es gerade noch geschafft, die Leiche in Vishous’ Cadillac wegzuschaffen.
Bei Darius zu Hause hatten sie den Toten durchsucht.
In seiner Brieftasche hatten sie einen Zettel mit den Zeichen der Alten Sprache gefunden. Name, Adresse, Alter. Er hatte erst vor sechs Monaten seine Transition gehabt. So verdammt jung.
Eine Stunde vor Morgengrauen hatten sie dann den Leichnam an den äußersten Stadtrand gebracht, zu einem bescheidenen Haus weit abseits in einem Waldstück. Ein älteres Vampirehepaar hatte die Tür geöffnet, und ihr Entsetzen, als sie zwei Krieger vor sich sahen, hatte Wrath entgegengeschlagen wie beißender Brandgeruch. Sie bestätigten, einen Sohn zu haben, woraufhin Vishous zum Wagen gegangen war und die sterblichen Überreste geholt hatte. Der Vater war aus der Tür gestürmt und hatte Vishous seinen Sohn aus den Armen gerissen. Die Mutter konnte Wrath gerade noch auffangen, als sie in sich zusammensank.
Das Wissen, dass der Tod seines Sohnes bereits gesühnt war, hatte den Vater ein wenig getröstet. Doch es war nicht genug gewesen. Nicht für Wrath.
Er würde erst wieder Ruhe finden, wenn alle Lesser tot waren.
Wrath schloss die Augen und versuchte, sich zum Beat von Jay-Zs Black Album zu entspannen und die Geister der vergangenen Nacht aus seinem Kopf zu vertreiben.
Ein rhythmisches Klopfen übertönte die Musik, und er ließ die Tür aufgehen. »Was ist los, Fritz?«
Der Butler trug ein Silbertablett herein. »Ich war so frei, Euch ein Mahl zuzubereiten, Herr.«
Fritz stellte das
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