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Black Dagger 01 - Nachtjagd

Black Dagger 01 - Nachtjagd

Titel: Black Dagger 01 - Nachtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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Glas, den Kopf hoch erhoben, so dass ihn jeder sehen konnte, der das Gebäude betrat. Sollte er sich die Tränen von den Wangen wischen, müsste er das Ritual in der nächsten Unterrichtsstunde wiederholen.
    Mr X teilte den Kurs und ließ die Jungen ihre Übungen machen. Er sah zu, korrigierte Haltungen und Armstellungen, doch im Geiste war er ganz woanders.
    Die vergangene Nacht war nicht gut gelaufen. Alles andere als gut.
    Als er wieder zu Hause angekommen war, hatte er über den Polizeifunk erfahren, dass man die Prostituierte gegen drei Uhr morgens aufgefunden hatte. Kein Wort über den Vampir. Vielleicht hatten die Lesser den Zivilisten mitgenommen, um ein bisschen mit ihm zu spielen.
    Sehr ärgerlich, dass die Sache nicht wunschgemäß verlaufen
war. Er wollte unbedingt wieder aufbrechen und einen neuen Versuch beginnen. Die tote menschliche Frau als Köder hatte ja bestens funktioniert. Doch die Beruhigungspfeile mussten unbedingt höher dosiert werden. Er hatte für den Anfang eine relativ niedrige Menge genommen, um den Vampir auf keinen Fall versehentlich zu töten. Doch die Wirksamkeit der Droge musste eindeutig verstärkt werden.
    Aber nicht heute Nacht.
    Mr X warf einen Blick auf den Verlierer.
    Heute Nacht stand Mitgliederwerbung auf dem Programm. Ihre Reihen mussten nach der Zerstörung des neuen Rekruten dringend neu aufgefüllt werden.
    Vor Jahrhunderten, als es noch viel mehr Vampire gab, hatte auch die Gesellschaft hunderte von Mitgliedern gehabt. Sie waren über den gesamten europäischen Kontinent wie auch über die jungen Siedlungen in Nordamerika verstreut gewesen. Doch nun, da die Vampire so wenige geworden waren, reduzierten sich auch die Reihen der Lesser. Es war eine rein praktische Frage. Ein gelangweilter, unterbeschäftiger Lesser war ein Ärgernis. Speziell ausgewählt wegen ihrer Neigung zu Gewalttätigkeit, konnte man ihre mörderischen Triebe nicht einfach auf Eis legen, nur weil nicht ausreichend Zielobjekte herumliefen. Eine ganze Reihe von diesen Lessern hatte ausgeschaltet werden müssen, weil sie andere im Konkurrenzkampf um höhere Positionen getötet hatten. Diese Art von aggressivem Verhalten kam viel häufiger vor, wenn es nicht genug Arbeit für alle gab.
    Oder sie hatten sich zum Spaß Menschen vorgeknöpft, was genauso verheerend war.
    Ersteres war eine Schande und eine Unannehmlichkeit. Letzteres war inakzeptabel. Nicht, dass Omega sich um menschliche Todesopfer gekümmert hätte. Ganz im
Gegenteil. Doch die Grundregeln der Vampirjäger waren unauffälliges Benehmen, ein Leben im Schatten, rasches Töten und eine umgehende Rückkehr in die Dunkelheit. Aufmerksamkeit war nicht erwünscht, und nichts beschäftigte die Menschen mehr als ein Haufen toter Leute.
    Was ein weiterer Grund dafür war, warum die Rekrutierung neuer Jäger eine heikle Angelegenheit war. Der Nachwuchs hatte die Tendenz, eher hasserfüllt als konzentriert vorzugehen. Das Timing aber war entscheidend, damit der uralte Kampf zwischen Vampiren und der Gesellschaft aufrechterhalten werden konnte.
    Trotzdem: die Reihen mussten aufgefüllt werden.
    Wieder sah er zu dem Verlierer des Kampfes hinüber und lächelte. Er freute sich auf den Abend.
    Um kurz vor sieben fuhr Mr X in die Vororte hinaus. 3461 Pillar Street war leicht zu finden. Er hielt den Hummer an und wartete. Die langsam verstreichende Zeit vertrieb er sich damit, sich die Details des Hauses genauestens einzuprägen. Typisches Mittelklasse-Amerika. 220 Quadratmeter Wohnfläche, mitten in einen winzigen Garten gepflanzt. Die Nachbarn waren nah genug, um morgens die Schrift auf der Milchpackung und abends die Etiketten der Bierdosen zu lesen.
    Ein ruhiges, sauberes Leben. Wenigstens von außen betrachtet.
    Die Fliegengittertür schwang auf, und der Verlierer des nachmittäglichen Kampfes stürmte heraus, als wäre er im letzten Moment aus einem sinkenden Schiff befreit worden. Mami folgte ihm, blieb auf den Stufen stehen und sah den Jeep vor ihrem Haus an, als wäre er eine Bombe mit brennender Zündschnur.
    Mr X kurbelte das Fenster herunter und winkte. Nach einem kurzen Zögern winkte sie zurück.
    Der Verlierer – Mr X nannte ihn für sich jetzt nur noch
Loser – sprang in den Hummer, seine Augen leuchteten gierig auf, als er die Ledersitze und die Anzeigen am Armaturenbrett in Augenschein nahm.
    »N’Abend«, sagte Mr X und trat aufs Gas.
    Der Junge legte hektisch seine Handflächen aneinander und neigte den Kopf. »Sensei.«
    Mr X

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